Jean-Eric Vergne schien bereits früh aus dem Kampf um das freie Red-Bull-Cockpit neben Sebastian Vettel ausgeschieden zu sein, denn bald war nur noch von einer Entscheidung zwischen seinem Teamkollegen Daniel Ricciardo und Lotus-Mann Kimi Räikkönen die Rede. Für den Franzosen ein Schlag ins Gesicht, denn aus seinen jüngsten Aussagen gegenüber der französischen Sportzeitung L'Équipe geht hervor, dass er sich für den besseren Kandidaten hält als Ricciardo.

"Red Bull ist ein Weltmeisterteam und sie brauchen einen Fahrer, der in jedem Rennen Punkte einfahren kann", erläuterte Vergne. "Aber wenn man sich die Ergebnisse ansieht, hat Ricciardo zwar jedes Rennen beendet, ich aber nicht und habe trotzdem mehr Punkte auf dem Konto als er." Vergne belegt mit 13 Zählern Rang 13 in der Fahrerwertung, Teamkollege Ricciardo folgt auf Platz 14 mit 11 Zählern. Beide punkteten jeweils in drei Rennen, Vergne schied vier Mal aus, Ricciardo drei Mal. Warum Vergne erklärt, der Australier habe in jedem Rennen die Zielflagge gesehen, ist unklar.

Die Anzahl der Punkte - Ausfälle hin oder her - ist ohnehin nicht der Kern dessen, was Vergne stört. Es geht ihm vielmehr um das Bild, das die Menschen von ihm haben. "Ich habe dieses Image, auch wenn es falsch ist, aber im Paddock wird Ricciardo als konstanter angesehen als ich", klagte er. "Wenn man sich die Rennen ansieht, in denen ich keine Probleme hatte, dann habe ich meinen Teamkollegen verprügelt - er war nirgendwo!"

Dennoch kann Vergne die Sicht von Red Bull verstehen, für die es ohnehin ein gewisses Risiko darstellt, einen jungen Fahrer wie ihn oder Ricciardo ins Cockpit zu setzen. "Und es ist noch härter, wenn sie einen Fahrer sehen, der nicht alle Rennen beendet", räumte er ein. Vergne glaubt, dass nicht Teamchef Christian Horner allein die Entscheidung trifft, sondern auch die Meinungen von Adrian Newey, Dietrich Mateschitz und Dr. Helmut Marko eine Rolle spielen und es daher eine komplexe Entscheidung ist.

Redaktionskommentar:

Motorsport-Magazin.com meint: Die Aussagen von Vergne klingen nach Verbitterung. Das ist auf der einen Seite verständlich, da man den Eindruck hat, dass er nie ernsthaft als Kandidat für das Red-Bull-Cockpit von Mark Webber in Betracht gezogen wurde. Auf der anderen Seite erscheint es nicht gerade klug, dieser Verbitterung öffentlich Ausdruck zu verleihen, denn Vergne hat bereits erklärt, dass er gerne bei Toro Rosso und damit in der Red-Bull-Familie bleiben würde. Derartige Aussagen sind dabei nicht unbedingt hilfreich, denn mit Antonio Felix da Costa und Carlos Sainz Junior drücken bereits die nächsten jungen Fahrer nach. Ganz ausschließen sollte man jedoch auch nicht, dass Vergne missverstanden wurde, denn dass er behauptet, Ricciardo habe jedes Rennen beendet, obwohl dem eindeutig nicht so ist, verwundert schon sehr. (Annika Kläsener)