Monisha, was überwiegt derzeit in der Formel 1: Spaß oder Sorge wegen der diversen, negativen Entwicklungen?
Monisha Kaltenborn: Die Formel 1 macht Spaß und das sollte man sich durch nichts verderben lassen. Wenn wir uns einmal die Plattform und den Sport anschauen, ist das für mich immer noch eine einzigartige Kombination eines sportlichen Wettbewerbs auf höchster Ebene, der Technik und all diesen Emotionen - und das weltweit. Es gibt Entwicklungen, die man besorgt sehen kann - bei uns geht es konkret um die Kosteneingrenzung, weshalb wir immer für eine Budgetobergrenze plädieren. Man muss sich aber auch die Regeln anschauen, die einen Pfad aufzeigen müssen, der für Stabilität sorgt und die Kosten gleichfalls senkt. Und: Was können wir tun, um die Einnahmen, die diese Plattform generiert, auf dem aktuellen Level zu halten respektive zu vergrößern. Es gibt immer Möglichkeiten, man sollte aber auch nicht vergessen, erst einmal dort zu bleiben, wo wir uns befinden.

Nächstes Jahr sollen die Kosten wegen des neuen Reglements weiter steigen.
Monisha Kaltenborn: Ja, es gibt Punkte, die die Kosten steigen lassen. Es wird höchste Zeit, dass sich alle Teams zusammensetzen und das, was hinsichtlich der Ressourcenbeschränkung begonnen wurde, wieder aufgreifen. Das muss nicht unbedingt der einzige Weg sein, aber hier wurde ja schon eine ganze Menge Arbeit geleistet. Das sollte man nicht verwerfen.

Die großen Teams sehen das nicht selten anders. Wie kann man sie von dieser Idee überzeugen?
Monisha Kaltenborn: Ich habe nicht bei allen Teams das Gefühl, dass dies auf taube Ohren stößt. Der Verband muss sich vielleicht einschalten und prüfen, was zu tun ist. Man sollte die Hoffnung nicht aufgeben, denn wir sollten alle den Sport in den Vordergrund stellen. Natürlich gibt es bei den Teams eine gewisse Hierarchie und dagegen hat ja auch niemand etwas - das macht den Reiz der Formel 1 aus. Man muss nicht alles gleich machen, aber man sollte zumindest das Umfeld abstecken.

Einige Teams haben große finanzielle Probleme und bangen ums Überleben...
Monisha Kaltenborn: Richtig. Wir sind die höchste Klasse des Motorsports und sehen uns ja auch gern als diese - da sollte es nicht passieren, dass ein Team ums Überleben kämpfen muss. Es sollte jedem Team möglich sein, teilzunehmen.

Wie bewertest du die Reifen-Test-Affäre rund um Mercedes und Pirelli und was bedeutet das für Testfahrten im Allgemeinen?
Monisha Kaltenborn: Es wurde nie bestritten, dass es für alle besser wäre, wenn der Reifenlieferant mehr testen könnte. Natürlich sind Testfahren wichtig, aber wir sollten uns das Thema im Hinblick auf die Kosten noch einmal anschauen: Wenn diese irgendwo steigen, muss man sie an anderer Stelle senken. Da sieht man wieder einmal, dass eigentlich überall eine Budgetobergrenze sinnvoll wäre.

Wie könnte diese Grenze konkret aussehen?
Monisha Kaltenborn: Es wäre jetzt viel zu früh, konkrete Zahlen zu nennen. Es gab schon Überlegungen und ich halte einen mehrjährigen Stufenplan für die richtige Entscheidung. Es sollte aber keine Zwangsmaßnahme sein, die großen Teams müssten selber mitspielen.

Wie hoch stehen die Chancen für solch eine Möglichkeit?
Monisha Kaltenborn: Schwierig zu sagen. Im Moment wehren sich die meisten zumindest offiziell dagegen und das mit Argumenten, die man meiner Meinung nach lösen kann. Etwa die Kontrollierbarkeit; jeder führt Bücher und zahlenmäßig ist alles erfassbar, wir machen ja unsere Jahresabschlüsse. Man braucht ein Strafensystem, gern auch mit einer Bandbreite. Die Abschreckung muss nur groß genug sein. Außerdem gibt es eine natürliche Kontrolle durch den Wechsel von Mitarbeitern. Da besteht immer das Risiko der Hetze, wenn jemand geht. Das ganze System reguliert sich selber und deshalb ist es auch umsetzbar. Ich fürchte, dass es irgendwann einen Knall in der Formel 1 gibt und dann wird man es machen. Wie immer in der F1: Es wird irgendeinen Knall geben und dann reagieren wir.

Was würde das alles konkret für Sauber bedeuten?
Monisha Kaltenborn: Wenn man sich die Infrastrukturen unseres Teams anschaut und die Möglichkeiten, die sich dadurch für uns ergeben, gilt für uns - und auch andere Privat-Teams: Je mehr Mittel wir haben, desto mehr entwickeln wir und das zeigt sich dann in der Performance. Bei uns geht es derzeit leider vor allem um die Kosten-Nutzen-Relation und das hemmt natürlich die Umsetzung von Maßnahmen. Wenn wir diese schneller umsetzen könnten, wären wir natürlich auch schneller aus dem Tief heraus.

Also ein Teufelskreis: Wenn man hinterher fährt, wird es nicht besser in Sachen Sponsoren...
Monisha Kaltenborn: Ja, negativ auch im Hinblick auf die FOM-Einnahmen, deren Verlust man nächstes Jahr spürt, wenn man weiter hinten steht. Das macht es für Privat-Teams so schwierig, für die nächsten paar Jahre zu planen: Wenn man sagt, dass man eine Saison 'auslässt', bekommt man das im Jahr darauf zu spüren.