Nur ein blaues Auge, eine zu geringe oder gar keine richtige Strafe - die Konkurrenz in Rot und Dunkelblau hält die Bestrafung von Mercedes in der Testgate-Affäre für nicht hart genug. Das FIA International Tribunal verbannte das Silberpfeil-Team am vergangenen Freitag für den Pirelli-Privattest von den dreitägigen Young Driver Tests in Silverstone. Während Ferrari die Strafe in einer anonymen Kolumne mit einem Ausschluss vom "Jahresabschlussessen" verglich, ist Mercedes-Teamchef Ross Brawn davon überzeugt, dass das Urteil die Weiterentwicklung seines Teams behindern wird.

"Es ist schade, dass einige Teams es so drehen, als wäre der Verlust des Tests für uns keine ernsthafte Strafe. Es ist eine ernstzunehmende Strafe für uns", so Brawn. "Wir hatten ein recht umfangreiches technisches Programm geplant und analysieren gerade, wie wir den Verlust dieses Programms ausgleichen können", fuhr er fort. "Ich glaube aber nicht, dass das möglich sein wird." Denn manche Testarbeiten ließen sich laut Brawn nicht im Freitagstraining an den Rennwochenenden durchführen.

Testarbeit im Vordergrund

Bereits im vergangenen Jahr nutzte Mercedes den Nachwuchsfahrertest in Magny-Cours, um erstmals den Coanda-Auspuff zu testen. Außerdem kam ein neuer DRS-Heckflügel zum Einsatz. Insgesamt legten die Testfahrer Sam Bird und Brendon Hartley an den drei Tagen 1.354,177 Kilometer zurück - also mehr als die 1.000 km, die Mercedes beim Pirelli-Test in Barcelona in diesem Jahr fahren durfte.

Zudem betonte Brawn, dass der Pirelli-Test nur wegen der Wetterverhältnisse auf drei Tage ausgedehnt worden sei, weshalb die drei Tage überhaupt nicht voll ausgenutzt werden konnten. "Wir haben zwölf Sätze Entwicklungsreifen getestet, die 2013 und 2014 nicht zum Einsatz kommen", so Brawn. Jeder, der schon einmal Reifentests gefahren sei, wisse, dass bei all den Short und Long Runs keine Zeit für andere Tests bleibe.

Kein echter Nachwuchstest

Mercedes war in der Vergangenheit nicht das einzige Team, das den Young Driver Test für Entwicklungsarbeiten nutzte. So arbeitete Lotus beim letzten Nachwuchstest in Abu Dhabi am Coanda-Auspuff und dem passiven DRS. "Wir haben einen Young Driver Test hinter uns und sind zuversichtlich, dass die Entwicklung in den letzten beiden Saisonrennen weitere sechs PS liefern wird", sagte der damalige Technikchef James Allison vor dem US Grand Prix 2012.

In Magny Cours gab es viel Arbeit für das Team, Foto: Sutton
In Magny Cours gab es viel Arbeit für das Team, Foto: Sutton

Auch McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh gab im vergangenen Sommer offen zu, dass bei den Young Driver Tests vieles im Mittelpunkt steht, nur eben nicht junge Talente: "Wir machen technische Tests. Wir haben ja recht erfahrene Young Driver, einer davon ist 31", sagte er in Anspielung auf DTM-Champion Gary Paffett. "Leider ist es so, dass durch die Test-Limitierung alle Teams beim Young Driver Test eigentlich etwas anderes machen. Selbst mit einem jungen Fahrer am Steuer sind wir nicht auf seine Weiterentwicklung konzentriert, sondern auf die technischen Neuerungen."

Das traf auch auf Red Bull zu. Sie setzten in Abu Dhabi Antonio da Costa für zwei Tage ins Auto. Seine Arbeit: Er testete Updates für den WM-Endspurt, wofür sogar Aero-Messgeräte an sein Auto geschnallt wurden. "Das Wichtigste ist es, zu verstehen, was noch verbessert werden muss. Die Weltmeisterschaft ist eng, da hilft jeder Vorteil und jede gefundene Hundertstelsekunde", sagte da Costa damals. "Wir müssen das meiste aus diesen Tests herausholen, weil noch zwei Grands Prix anstehen." So wird es für alle teilnehmenden Teams auch vom 17.-19. Juli beim diesjährigen Young Driver Test in Silverstone sein. Für alle, außer Mercedes.