Für die deutschen Piloten drehte sich am ersten Tag des Großen Preises von Kanada alles um die Reifen. Für alle? Nein! Adrian Sutil gelingt es, das allgegenwärtige R-Thema an Tag eins vollkommen auszublenden. Kein Wunder: Der Force India Fahrer hofft in Nordamerika auf die erste Podiumsfahrt seiner Karriere. Sebastian Vettel kritisiert Mercedes - Nico Rosberg hält dagegen. Nico Hülkenberg gibt sich bescheiden. Motorsport-Magazin.com fasst den ersten Tag der deutschen Fahrer in Montreal zusammen.

Sebastian Vettel

Fast alle Fragen, die Sebastian Vettel gestellt bekam, hatten auf die eine oder andere Weise mit den Reifen zu tun - dass er das Rennen in Kanada noch nie gewinnen konnte, war am ersten Tag in Montreal dagegen nur ein Randthema. Die Stimmung des Weltmeisters hatte bereits in Monaco einen heftigen Dämpfer erlitten. Dass Mercedes in Barcelona einen Reifentest mit aktuellen Fahrern und Autos durchgezogen hat, kann der Weltmeister immer noch nicht richtig fassen. Seiner Meinung nach gibt es bei der Bewertung keine zwei Meinungen. "Wenn ein Team die Möglichkeit hat zu testen und die anderen nicht, ist das meiner Meinung nach nicht fair", sagte er. "Ich weiß zwar nicht, was sie in Barcelona gemacht haben, aber wenn man die Chance hat, in der Mitte der Saison drei Tage zu testen, ist es sicherlich eine große Hilfe."

Der Stein des Anstoßes: Die Pirelli-Pneus, Foto: Sutton
Der Stein des Anstoßes: Die Pirelli-Pneus, Foto: Sutton

Doch der Test des Konkurrenten in Silber war nicht das einzige Reifen-Ärgernis für Vettel. Dass die Fahrer auch das Rennen auf dem Circuit Gilles Villeneuve mit den gleichen Walzen wie bisher bestreiten, konnte der Weltmeister nicht nachvollziehen. Die Pneus gehen seiner Ansicht nach viel zu schnell ein und wirken sich kontraproduktiv aufs Racing aus. "Die Idee kann nicht sein, nur auf Reifen zu achten und trotzdem nicht sicher zu sein, ob man überhaupt ins Ziel kommt", sagte er. Das gilt nun auch in Kanada. "Wir haben ein schnelles Auto, vom Speed sollten wir dabei sein", sagte Vettel. "Jetzt muss es uns nur noch gelingen, den Abbau in Grenzen halten." Und das ist, wie inzwischen alle Teams und Fahrer der Königsklasse wissen, deutlich leichter gesagt als getan.

Nico Rosberg

Nico Rosberg kann ein Lied davon singen. Nur in Monaco konnte der Mercedes-Pilot eine Pole Position auch ins Ziel bringen, in den anderen beiden Rennen, in denen er von ganz vorne startete, wurde er auf den auseinanderfallenden Pirellis regelrecht durchgereicht. In Kanada beantwortet sich nun die Frage, ob der Erfolg in der monegassischen Metropole einzig auf die außergewöhnliche Charakteristik des Circuit de Monaco zurückzuführen war - oder ob Mercedes auch auf anderen Strecken mithalten kann. "Warten wir einmal ab, was passiert, aber ich denke, wir können wieder ein gutes Qualifying zeigen", meinte Rosberg. "Trotzdem müssen wir vorsichtig sein, denn einige Teams könnten hier sehr stark sein. Alles in allem sollten wir aber mithalten können."

Nico Rosberg: Der Monaco-Sieg verblasst hinter dem Reifen-Test-Gate, Foto: Sutton
Nico Rosberg: Der Monaco-Sieg verblasst hinter dem Reifen-Test-Gate, Foto: Sutton

Am Thema Reifen kam der Silberpfeil-Pilot allerdings auch nicht vorbei. Der 27-Jährige stellte allerdings klar, dass die Verantwortung dafür nun in den Händen der Teamführung liegt. "Das Team kümmert sich darum und ich bin vollkommen fokussiert darauf, was ich tue. Das hat keine Auswirkungen auf mich", stellte er klar. "Ich habe auch keine Veränderung in der Vorbereitung bemerkt. Ich weiß, dass das Team eng mit der FIA zusammenarbeitet, um das schnell abzuhandeln." Im Gegensatz zu Vettel findet er nicht, dass sich Mercedes durch die Zusatzkilometer einen Vorteil verschafft hat. "Es war ein vollkommener Pirelli-Test - sie haben uns vorgeschrieben, was wir tun sollen", erklärte er. "Daher ist es nicht so, dass wir irgendetwas erfahren haben oder entscheiden konnten, was wir machen. Ich als auch das Team haben die Diskussionen nicht erwartet. Auch unter den Fahrern ist es kein Thema."

Adrian Sutil

Zumindest im Fall von Adrian Sutil dürfte Rosberg damit Recht haben. "Dazu kann ich eigentlich nichts sagen", meinte der Force-India-Pilot. "Es ist ein sehr komplexes Thema, und darüber hinaus betrifft es uns nicht direkt." Statt auf irgendwelche Nebenkriegsschauplätze fokussiert sich der 30-Jährige voll und ganz auf das kommende Rennwochenende und die Möglichkeit, zum ersten Mal in seiner Karriere einen Platz auf dem Podest herauszufahren. Nach einem bravourös herausgefahrenen fünften Platz in Monte Carlo sicherlich keine trügerische Hoffnung. "Wenn es noch ein bisschen besser läuft als in Monaco, dürfte es bald so weit sein", sagte er. "Die Karten werden hier neu gemischt. Auf dieser Strecke gibt es immer spezielle Rennen - und es gibt die Möglichkeit zu überholen. Ich glaube, das Podium ist nah."

Nico Hülkenberg

Nico Hülkenbergs bescheidener Wunsch: Punkte, Foto: Sutton
Nico Hülkenbergs bescheidener Wunsch: Punkte, Foto: Sutton

Sutils Vorgänger bei Force India, Nico Hülkenberg, backt da schon deutlich kleinere Brötchen. "Wir haben ein paar neue Teile dabei, die uns hoffen lassen", erzählte der Sauber-Fahrer. "Wie gut sie sind, werden wir herausfinden. Ich bin mir prinzipiell nicht sicher - wir müssen abwarten und werden versuchen, in die Top-Ten zu kommen." Ob sich das Vorhaben in die Tat umsetzen lässt, wird wie immer von der Handhabung der Reifen abhängen. Ähnlich wie Vettel hat Hülkenberg so seine Probleme mit dem schwarzen Gold. "Es ist sicherlich nicht ideal und als Fahrer sehr unkomfortabel, wenn sich die ganze Lauffläche löst", meinte er. In der Beurteilung des Reifen-Test-Gates um Mercedes liegt er mit seinem berühmten Landsmann ebenfalls auf einer Linie. "Der Test war sicher nicht von Nachteil", sagte Hülkenberg. "Ich denke, die Untersuchung findet zu Recht statt, denn irgendwo geht es mit den Regeln nicht ganz überein."