Norbert Haug war sicherlich einer der kontroversen Charaktere im Fahrerlager. Beim ehemaligen Motorsportchef von Mercedes-Benz schieden sich stets die Geister und seine Vorliebe für Statistiken teilten bei weitem nicht alle. Egal, ob Erfolg oder Niederlage - immer kramte Haug ein Zahlenspiel hervor, um seinen Arbeitgeber ins rechte Licht zu rücken. Der 'Graf Zahl' des Motorsports. Doch eines darf man dabei nicht vergessen: Haug liebte den Sport wie kaum ein anderer. Ein echter Racer, das kann man ruhig so sagen. 22 Jahre lang schleppte er eine riesige Verantwortung im Gepäck zu den Rennstrecken dieser Welt. 22 Jahre, die ihm mit Sicherheit einiges abverlangt haben, und doch war er immer mit 100-prozentiger Begeisterung für den Sport und Mercedes zu Gange.

Legendär werden seine Medienrunden am Rande der DTM bleiben. Nicht immer durfte man auch alles schreiben, was Haug erzählte. "Das ist jetzt off the record", teilte er der versammelten Medienmeute dann mit und erzählte anschließend wirklich spannende Geschichten. Da wurde immer wieder klar: Haug liebt den Motorsport vollen Herzens und konnte schier unendlich lange mit Kollegen und der Presse über seine Passion diskutieren. Wie ein kleines Kind freute er sich etwa, als er einigen Journalisten im vergangenen Jahr Handy-Bilder des neuen DTM Mercedes AMG C-Coupé zeigte - off the record natürlich, aber dennoch mit einer wahren Begeisterung.

Norbert Haug mit Corinna Schumacher, Foto: Mandoga Media
Norbert Haug mit Corinna Schumacher, Foto: Mandoga Media

Nur selten erlebte die Motorsportwelt einen wie Haug, der sich Tag und Nacht mit seinem Job und gleichzeitig seiner großen Leidenschaft auseinandersetzte. Das musste er auch, schließlich bekleidete er einen der wichtigsten Posten dieses unerbittlichen Business. Er hatte großen Anteil daran, Mercedes auch im Motorsport zur absoluten Premiummarke aufsteigen zu lassen und der deutsche Sport hat ihm allein deshalb einiges zu verdanken. Dazu gehört auch die Geschichte von Michael Schumachers Rückkehr in die Formel 1, an der Haug wesentlich beteiligt war.

Der sportliche Erfolg des F1-Werksteams blieb zwar aus und dürfte einer der Gründe gewesen sein, warum Mercedes ein Zeichen setzte und sich von Haug trennte. Doch allein die Leistung, Schumacher zurück in die Formel 1 zu holen und neben Ferrari wieder einen der großen Autohersteller in der Königsklasse zu etablieren, verlangt Haug höchsten Respekt ab. Ihn dürfte es mit am meisten geschmerzt haben, dass die Mannschaft um Ross Brawn die angepeilten Ziele noch nicht erreicht hat. Auch wird ihm weh tun, dass er nun am Fernseher zuschauen muss, wie sich der seit seiner Kindheit von McLaren und Mercedes geförderte Lewis Hamilton bei Mercedes schlägt.

Erinnern Sie sich noch daran, als Haug beim Großen Preis von China mit aufs Podium durfte, um Nico Rosbergs Sieg zu feiern? Selten hat man ihn so begeistert erlebt und das war definitiv keine Schauspielerei. Wie er auf und ab hüpfte, gar nicht wusste, wen er zuerst umarmen sollte und etwas kindisch mit dem Finger auf sämtliche Mercedes-Sterne zeigte, die er auf dem Podium finden konnte... Komisch anzuschauen, doch das macht Unikate eben aus: Sie leben ihre Passion und Haug gehörte genau in diese Sparte. Bleibt nur zu hoffen, dass er in Zukunft an seinem zweiten Hobby festhält: der Musik. Dann können sich die Fans auch weiter bei Youtube über Haugs musikalische Auftritte freuen und dabei werden sie wieder erkennen: Was Haug anpackt, macht er mit voller Überzeugung, Leidenschaft und Hingabe.