Manchmal ist es gut, wenn man sehr beschäftigt ist: Ich habe so ja nur am Rande mitbekommen, was da anscheinend an den verschiedensten Stellen vor allem im Internet los war, während und direkt nach dem Rennen in Interlagos und auch noch in den Tagen danach. Man hat mir halt so ein bisschen was erzählt, ich selbst hatte ja gar nicht die Zeit, das alles groß zu lesen und mich damit zu beschäftigen. Aber einerseits bin ich ja wohl in Deutschland zumindest von einigen erst einmal zum Feind Nummer Eins erklärt worden, wegen der Kollision mit Sebastian Vettel. Andererseits haben sich dann wohl hier die Brasilianer zum Teil heftig aufgeregt über dessen Spruch, er müsse wohl mal ans Grab von Ayrton gehen und dem erzählen, was ich da für einen Blödsinn gemacht hätte.

Das Grab von Ayrton Senna in Sao Paulo, Foto: Sutton
Das Grab von Ayrton Senna in Sao Paulo, Foto: Sutton

Vielleicht kann man sich ja, nachdem sich überall die Gemüter hoffentlich ein bisschen beruhigt haben, auf zwei Dinge einigen. Erstens darauf, dass, wenn man sich das Video aus der Helikopterperspektive anschaut, das ja zum Beispiel bei Sky England lief, klar wird, dass der Unfall zwischen mir und Sebastian in der ersten Runde wirklich nichts anderes war als ein ganz normaler Rennunfall, wie er halt leider gerade in der Mitte des Feldes immer mal passieren kann. Was ja auch Rennkommissare von Anfang an so gesehen haben – es gab ja nicht einmal eine Untersuchung. Und sonst sind sie ja sehr immer schnell mit Untersuchungen und Strafen dabei.

Aber auch darauf, dass es normal ist, dass während und direkt nach so einem Rennen, in dem es um soviel geht und bei dem die gesamten Umstände so schwierig und unberechenbar sind, bei allen Beteiligten und Interessierten die Emotionen und die Anspannung sehr groß sind, so dass auch schnell mal was gesagt oder getan wird, was nicht wirklich auf der Kenntnis der tatsächlichen Fakten beruht und was der ein oder andere sicher mit gewissem Abstand auch etwas anders sieht. Man darf da nicht alles auf die Goldwaage legen. Ich weiß zum Beispiel auch, dass Sebastian sehr, sehr viel Respekt für Ayrton hat und diese Bemerkung sicher nicht böse gemeint hat.

Für ihn hat es dann ja zum Glück trotz des Zwischenfalls noch zum Titel gereicht. Für mich war es natürlich sehr enttäuschend, schon gleich am Anfang draußen zu sein, gerade bei meinem Heim Grand Prix. Und auch deshalb, weil ich für die Bedingungen das perfekte Auto gehabt hätte. Das habe ich auf den Aufwärmrunden und auf den wenigen Metern bis dahin schon gemerkt, dass es sich sehr gut anfühlt. Und im Q1, wo es auch leicht feucht und die Temperaturen niedriger waren, hatte es ja auch perfekt funktioniert, da war ich ja Zweitschnellster. Dass dann im Q2 noch mal richtig die Sonne herauskam und die Streckentemperaturen noch mal hochgehen würden und das Set-up nicht mehr optimal passen würde, was mich am Ende einen Platz im Q3 gekostet hat, war halt nicht auf der Rechnung. Aber für kühle Strecke, etwas Regen und die wechselnden Bedingungen im Rennen wäre es ideal gewesen – und ich mag solche Verhältnisse ja auch... So war es halt alles andere als ein schöner Saisonabschluss.

Die Gesamtbilanz des Jahres fällt für mich aber trotzdem positiv aus. Nicht nur, dass ich sehr viel gelernt habe, was ich hoffentlich in der Zukunft auch weiter nutzen kann. Ich bin auch mit meiner eigenen Leistung zufrieden, auch wenn die von außen vielleicht manchmal kritisch gesehen wird, weil die reinen zählbaren Ergebnisse nicht immer so da waren. Aber ich selbst weiß halt, wie die jeweiligen Umstände waren, was jeweils möglich war, was es zum Teil für Probleme gab. Ich kann nur für mich selbst sagen, dass ich in den meisten Fällen, vor allem in den Rennen, wirklich das Optimale heraus geholt habe – und damit kann ich für mich sehr gut leben.

Jetzt gilt es, an meiner Zukunft zu arbeiten. Die Entwicklung bei Williams kam für mich ja nicht wirklich überraschend, man merkt ja im Laufe der Zeit schon, in welche Richtung die Dinge laufen, was auch gar nicht immer mit der eigenen Leistung oder nur mit Geld, sondern auch mit politischen und persönlichen Umständen und Beziehungen zu tun hat. Deshalb ist es wichtig, nicht immer nur auf eine Karte zu setzen, sondern auch Alternativpläne zu haben und die von Anfang an konsequent zu verfolgen. Deshalb bin ich, nachdem ich in den Tagen nach dem Rennen noch sehr viele Termine in Brasilien hatte, Mitte der Woche auch nach Europa zurück geflogen, um da die verschiedenen Möglichkeiten auszuloten. Mal sehen, was am Ende dabei heraus kommt...