1. - S wie Startaufstellung

14. Qualifying, elfte Pole Position für Sebastian Vettel. Auch in Singapur herrscht das übliche Bild an der Spitze der Startaufstellung. Mit einer Bombenrunde düpierte der angehende Doppelweltmeister wieder einmal die Konkurrenz. "Er ist ein Ausnahmekönner", lobt Helmut Marko den 24-Jährigen. "Sebastians mentale Ressourcen scheinen unendlich zu sein - auch die Kombination mit dem Timing und dem Auto klappt derzeit hervorragend."

Mark Webber schaffte es zum ersten Mal seit dem Deutschland GP wieder in die erste Startreihe, die Top-3 komplettiert Jenson Button. Doch für Niki Lauda überstrahlt Vettel alles. Wieder einmal. "Alle anderen waren eine Enttäuschung", grantelt der Österreicher. "Er kann wirklich alles, er ist der absolut beste Rennfahrer, den es heute hier gibt." Lewis Hamilton muss sich mit Startplatz vier begnügen. Eigentlich wollte der Brite in Q3 noch eine schnelle Runde einlegen, doch aufgrund eines Nachtank-Problems in der Box fehlte schlichtweg die Zeit.

Red Bull und McLaren geben auf dem Marina Bay Circuit den Ton an, Ferrari muss sich mit den Startplätzen fünf und sechs hinten anstellen. "Das Qualifying spiegelt die WM wieder", glaubt Fernando Alonso. "Es gibt einen Fahrer und ein Auto, das unschlagbar ist - danach kommen vier Fahrer, die um Hundertstel kämpfen, und zwar die vier, die auch um Platz 2 in der WM fahren." Den Rest vom Startfest bilden mit Mercedes GP und Force India gleich vier Mercedes-Motoren in einer Reihe.

2. - S wie Start

Auf Stadtkursen geht es aufgrund der Enge meist recht wild her. An der Spitze dürfte sich allerdings nicht allzu viel Spektakuläres tun, glaubt Lauda. Mit Webber hat Vettel einen Nebenmann, der es sich mit einem überengagierten Start wohl bei Red Bull verscherzen würde. "Somit sollte es in der ersten Kurve mal keine Gefahr geben und Sebastian auf Siegkurs liegen", so Lauda." Die Frage ist eher, ob Webber diesmal den Start überhaupt ordentlich hinbekommt. In der Vergangenheit klappte das nicht immer.

Eine Überhol-Orgie wird es am Sonntag wohl kaum geben, denn der Weg zu Kurve 1 ist kurz. Es wird also schwierig, auf dem Weg zum ersten Bremspunkt zu überholen. "Wir werden versuchen, am Start einige Plätze gutzumachen, wobei der Weg in die erste Kurve sehr kurz ist", bestätigt Alonso die Schwierigkeit des Überholens nach dem Start. Vettel selbst will die WM erst einmal verdrängen, wie er gegenüber Motorsport-Magazin.com betont: "Es ist ein langes Rennen, in dem sehr viel passieren kann. Es wäre absolut falsch, jetzt über irgendwas anderes nachzudenken, als zunächst einmal den Rennstart."

3. - S wie Strecke

1.500 Scheinwerfer entlang der Strecke, Hafen, Stadtkurs, Nachtrennen - in Sachen Ästhetik ist der Singapur GP nur schwer zu toppen. Die 5,073 km lange Strecke fordert den Piloten mit ihren zahlreichen Kurven eine Menge ab, Verschnaufpausen gibt es nicht. Dazu gesellt sich die Hitze - Dehydrierung ist eine akute Gefahr im Cockpit, wie Mark Webber immer wieder gern betont. Vettel kann vorzeitig die Titelverteidigung einsacken, wenn die Konkurrenz mitspielt. Für Kai Ebel wäre der Marina Bay Circuit ein passender Ort. "Alles ist hell erleuchtet, das hat doch wirklich was Schönes", so der Boxengassen-Reporter. "Man fühlt so ein Prickeln und da es das einzige Nachtrennen im Kalender ist, wäre es auch ein würdiger Ort für eine WM-Entscheidung."

Teilweise unkoordiniert, aber stets fleißg: die Streckenposten, Foto: Sutton
Teilweise unkoordiniert, aber stets fleißg: die Streckenposten, Foto: Sutton

Doch erst einmal gilt es, das Rennen unfallfrei zu überstehen. "Auf uns wartet ein sehr langes und hartes Rennen", weiß Vettel. WM-Verfolger Alonso spricht gar vom härtesten Lauf des Jahres. Die engen Kurven bieten nicht nur kaum Überholmöglichkeiten, sondern fordern den Fahrern absolute Konzentration ab - und das beim zeitlich längsten Rennen im Kalender, das stets an der Zwei-Stunden-Grenze kratzt.

Eine zusätzliche Herausforderung: die Kerbs. Seit Beginn des Rennwochenendes sorgen diese für Ärger, lösten sich immer wieder und mussten zum Teil entfernt werden. Hamilton bekam das zu spüren, als er in Turn 10 über die Randsteine räuberte und plötzlich keinen Druck mehr in den Reifen hatte. "Es stehen da einige Bolzen aus den Kerbs heraus, also könnte es einer davon gewesen sein, aber wir wissen es nicht", meinte er. Kamui Kobayashi landete nach einem Abflug über die Kerbs in der Schikane mal eben in der Mauer. "Die sind wirklich zu extrem, das sagt jeder hier im Fahrerlager", ärgert sich der Japaner.

4. - S wie Setup

Nach Spa und Monza steht nun wieder ein High-Downforce-Rennen auf dem Plan. Glaubt man Helmut Marko, spielt das aber keine allzu große Rolle in der Machtverteilung. Die rot-blaue erste Startreihe zeige laut dem RBR-Motorsportberater, dass das Team alle Strecken im Griff habe. Auch die Konkurrenz erstarrt vor dem mit Downforce geladenen RB7 in Ehrfurcht. "Wie viel Geschwindigkeit man durch schnelle Kurven fahren kann, wie schnell man an den Scheitelpunkten sein kann und wie spät man bremsen kann, ohne dass das Auto sich bewegt", so Hamilton. "Es gibt hinten viel Abtrieb und wohl auch vorne. Das ist beeindruckend."

Während Red Bull konstant schnell zu sein scheint, herrschen bei McLaren Leistungsunterschiede, wie auch das Qualifying offenbarte. "Wir sind entweder im ersten Sektor langsam und dann im letzten Sektor gut oder umgekehrt. Das ist schwierig und im Rennen hoffentlich nicht so", hofft Jenson Button. Immerhin scheint die Balance seines MP4-26 wieder besser zu sein, nachdem es am Freitag erhebliche Probleme gab. Die hintere Bremse sorgte offenbar für Ärger - also wurde flugs eine neue installiert. Von Ferrari kann man wohl eine etwas stärkere Performance erwarten, sind die Italiener im Renntrimm doch meist besser unterwegs.

5. - S wie Strategie

S wie Strategie, oder auch: R wie Reifen. Die Pirelli-Pneus sollten am Sonntag wieder einmal eine Schlüsselrolle einnehmen. Allerdings ist im Fahrerlager großes Rätselraten angesagt, was die Haltbarkeit der Mischungen angeht. "Es wird viele verschiedene Strategien geben, es ist nicht klar, welche Reifenmischung die beste ist", sagt Alonso stellvertretend für seine Kollegen. Ein ganz großes Geheimnis aus seiner Strategie macht Adrian Sutil, nachdem er in Q3 auf einen Run verzichtete und die Reifen frei wählen kann: "Ich werde nicht sagen, was ich morgen mache. Es wird hart für die Reifen, aber wenn mehr Gummi auf der Strecke ist, sollte es besser werden."

Bremsplatten lässt grüßen, Foto: Sutton
Bremsplatten lässt grüßen, Foto: Sutton

Nicht so geheim ist der Fakt, dass die Reifen ordentlich leiden werden. Stichwort 'Überhitzen'. Nico Rosberg sagt, dass die Mischungen selbst auf einer Qualifying-Runde schnell ins Schwitzen kommen, sprich: verschleißen. Der Augen-zu-und-Vollgas-Plan wird laut Button nicht fruchten, wie er am Samstag feststellen musste, als er im Mittelsektor einiges an Zeit liegen ließ. "Weil ich zu viel gepusht habe", glaubt er. "In der letzten Kurve gab ich einfach Gas, machte die Augen zu und lupfte nicht." Über Sieg oder Niederlage werde das richtige Reifen- und Benzinmanagement entscheiden.

6. - S wie Sonntagswetter

Heiß und schwül - so präsentierte sich der Marina Bay Circuit bislang. Nachts herrschen Temperaturen um die 30 Grad, die Fahrer verlieren im Rennen literweise Körperflüssigkeit. Am Samstag zeigten sich Schauern in der Umgebung des Kurses, die Strecke bekam allerdings nichts ab. Sollte es am Renntag regnen, könnte es "lustig" werden für die Beteiligten. Aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit trocknet der Asphalt im Regenfall nur langsam ab. Die künstlichen Lichtverhältnisse helfen beim Einschätzen der Situation nicht unbedingt - außerdem ist es aufgrund der Nachtrennen-Charakteristik nicht möglich, den Regen über die Strecke hinaus zu orten.

Die Verantwortlichen des Singapur GP haben sich allerdings etwas Raffiniertes - und Kurioses - einfallen lassen, um bloß den Regen abzuwenden. Extra für das Rennwochenende wurde ein Regenmann engagiert, der permanent mit Wasauchimmer damit beschäftigt ist, den Niederschlag fernzuhalten. Im Erfolgsfall erhöht sich seine Gage um das Dreifache, erzählt man sich im Paddock. Bislang kassiert der Regen-Abweiser also ordentlich ab.

7. - S wie Spannung

Wer Geld verdienen will, sollte vielleicht nicht unbedingt auf Vettel als Sieger wetten. Dem Heppenheimer werden wieder einmal beste Chancen auf den Sieg eingeräumt. Es wäre bereits sein neunter in dieser Saison. An der Spitze herrscht eigentlich nur noch Spannung in Form der Frage, wann er seinen zweiten WM-Titel klarmacht. "Mittlerweile haben wir wieder die alten Zeiten, wo man bei Schumacher sagte, dass er sich nur noch selbst schlagen kann", so Kai Ebel. "Den Eindruck habe ich im Moment bei Sebastian. Er ist in der Form seines Lebens und einfach gut drauf."

Vettels Plan wird wieder einmal sein, möglichst schnell ein großes Zeitpolster herauszufahren, um nicht in DRS-Gefahr zu geraten. Da kommt das Safety Car ins Spiel, welches in bislang jedem Singapur-Rennen auf die Strecke abbog. "Ich muss schon die Ohren anklappen und alles herausholen", nimmt Vettel das 14. Rennen der Saison nicht auf die leichte Schulter.

Dass das Rennen wieder spannungsgeladen sein wird, daran besteht allerdings kein Zweifel. Pirelli wird es mit seinen Reifen schon richten. "Für mich ist Pirelli der wahre Weltmeister", meint etwa Vettel-Fan Bernie Ecclestone. Taktik-Fans kommen also in jedem Fall auf ihre Kosten. Schaut man sich allein den spektakulären Kobayashi-Abflug im Qualifying an, sollten sich Interessierte am Sonntag ab 14:00 Uhr für rund zwei Stunden von der Außenwelt abschotten und ein weiteres, spannendes Rennen genießen.