Es ist schon ein tolles Gefühl, dass ich jetzt in meinem zweiten Rennen für Lotus Renault die ersten WM-Punkte meiner Karriere geholt habe, und das in einem Grand Prix, der nicht gerade einfach war. Vor dem Start war ich immer noch etwas angespannt, vielleicht weniger als in Spa, aber trotzdem immer noch genügend: Denn ich wollte ja unbedingt vermeiden, nach dem guten Qualifying wieder in irgendwelche Probleme zu geraten.

Der Start an sich war eher mittelmäßig, wobei es auch nicht so einfach ist, mit den harten Reifen wirklich gut wegzukommen, und ich war vor der ersten Kurve ein bisschen konservativ. Was im Nachhinein vielleicht sogar ein Glück war, denn wäre ich weiter vorn gewesen, hätte es gut sein können, dass Liuzzi mich auch noch direkt getroffen hätte. So musste ich halt dem ganzen Durcheinander durch den Unfall ausweichen.

Ich habe mich für die Variante außen herum entschieden, nicht innen über die Curbs, weil ich befürchtet habe, dass innen noch größere Gefahr besteht, doch noch in Probleme zu geraten. Dadurch habe ich sehr viel Boden verloren, und das Team hat in der Safety-Car-Phase auch gleich entschieden, die Strategie umzustellen, Reifen zu wechseln, so dass ich mit dreimal weich von hinten eine Aufholjagd starten konnte und musste.

Bruno Senna hatte nach Monza viel zu erzählen, Foto: Sutton
Bruno Senna hatte nach Monza viel zu erzählen, Foto: Sutton

Das hat recht gut geklappt, obwohl ich anfangs ein paar Bedenken hatte, ob die Reifen wirklich halten würden, wenn man ständig hinter anderen herfährt, macht man sie sich sehr leicht kaputt. Aber ich habe das ganz gut hingekriegt, und wenn das Rennen noch ein, zwei Runden länger gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich auch di Resta noch erwischt. Das Problem war, an Buemi vorbeizukommen. Das hat eine Weile gedauert, weil der Toro Rosso auf der Geraden sehr schnell war.

Er hat sich logischerweise heftig verteidigt und ich wollte in der Situation kein Gewaltmanöver riskieren und damit noch das ganze Rennen wegwerfen. Dass mein Speed nicht so schlecht war, hat man in den letzten Runden gesehen, als ich frei fahren konnte und die viertschnellste Rennrunde gefahren bin.

Das Team war jedenfalls sehr zufrieden, die Stimmung nachher war wirklich gut, und auch mir hat das Rennen sehr viel Spaß gemacht, obwohl es ziemlich anstrengend war, weil ich praktisch ständig hundertprozentig konzentriert und am Limit sein musste, ununterbrochen am Aufholen oder bei dem Versuch, ein Überholmanöver vorzubereiten.

Aber das bedeutet natürlich auch, dass ich wieder sehr, sehr viel lernen konnte, viel Praxis bekommen habe in den Dingen, in denen ich gegenüber den anderen noch viel Nachholbedarf habe, Rennsituationen, echte Zweikämpfe, aber auch den Umgang mit den Reifen, das Anfahren nach den Boxenstopps. Wobei ich auch mal Pech hatte, gleich im Verkehr zu stecken, was natürlich zusätzliche Probleme macht.

Ich habe sicher auch noch da und dort ein paar kleine Fehler gemacht, aber insgesamt war ich mit meiner Leistung an dem Wochenende happy, obwohl ich weiß, dass ich noch immer sehr viel zu lernen habe und dass bei mir noch eine Menge Verbesserungspotenzial vorhanden ist. Ich merke im Fahrerlager eine gewisse Reaktion bei vielen Leuten, ich spüre, dass der ein oder andere ein bisschen überrascht von meiner Performance ist, dass man mich mit ein bisschen anderen Augen sieht.

Abseits der Strecke hatte ich zwischen Spa und Monza ein volles Programm. Erst war das brasilianische Fernsehen bei mir zu Hause in Monaco, die haben einen richtig großen Beitrag gemacht. Ich war erst ein bisschen skeptisch, dachte, das ist viel zu früh für so was, aber dann fand ich das, was dabei herausgekommen ist, doch sehr schön.

Dann stand am Sonntag vor Monza der Triathlon in Monaco auf dem Programm – mit Caroline und Jenny, einer Freundin des Teams und einer Mitarbeiterin von Lotus Renault, bin ich in der Staffel angetreten. Wir hatten viel Spaß, haben auch unser Ziel, unter fünf Stunden zu bleiben, geschafft. Caroline ist den Kilometer unter 23 Minuten geschwommen, ich habe für die hundert Kilometer auf dem Rad die gleiche Zeit gebraucht wie im Vorjahr, 3 Stunden, 38 Minuten – obwohl ich weniger trainiert hatte und ich außerdem gerade auf den Abfahrten sehr vorsichtig sein musste, weil es teilweise geregnet hat.

Lucas di Grassi war ein bisschen schneller als ich, Alex Wurz etwas langsamer – wir haben halt immer so unsere kleinen Privatduelle. Allerdings haben die beiden den kompletten Triathlon allein gemacht – was ich leider nicht kann, weil ich beim Laufen immer Knieprobleme riskieren würde.

Dann war ich in England beim Team, am Mittwoch vor Monza noch bei einem PR-Event in Paul Riccard. Da hatte sich ein reicher Amerikaner zwei Tage in einem Formel-1-Auto von Lotus Renault gekauft – und ich habe den Fahrlehrer gespielt, war anfangs erst mal in einem Supercup Porsche mit ihm unterwegs, um ihm die Basics beizubringen.

Gleich am Dienstag nach Monza hatte ich einen Auftritt für Lotus auf der IAA in Frankfurt. Das hat Spaß gemacht, denn da gab es schon ein paar wirklich interessante Autos zu sehen, vor allem den neuen Lotus Exige, der im Rallyesport zum Einsatz kommen wird. Von Frankfurt bin ich wieder nach England zum Team geflogen, noch einmal Monza analysieren und schon Vorbereitungsarbeit für Singapur betreiben.

Für Singapur erhält Renault neue Teile, Foto: Sutton
Für Singapur erhält Renault neue Teile, Foto: Sutton

Das Rennen dort wird sicher sehr schwierig für mich, weil ich die Strecke bei weitem nicht so gut kenne wie Monza oder Spa. Vor allem war ich dort nur mit einem nicht wirklich konkurrenzfähigen Auto unterwegs, da fehlen einem einfach Daten und Referenzen, ich weiß über den Kurs irgendwie nicht viel mehr als wo es rechts- und wo es linksrum geht. Aber ich hoffe, dass ich mich mit Hilfe der Daten des Teams vom letzten Jahr und auch mit denen von Vitaly gleich aus dem ersten Training Schritt für Schritt heranarbeiten und dann eine gute Leistung abliefern kann.

Dass ich gerade im Qualifying wieder deutlich näher an ihn herankomme als in Monza, das möchte ich noch nicht prognostizieren, denn die Strecke ist wirklich nicht einfach in den Griff zu bekommen, die Umstände sind schwierig, man kann nicht übermäßig viel riskieren, sonst hängt man in der Mauer. Aber wir bekommen noch einmal ein Update, was einiges bringen sollte, das Auto sollte also wieder konkurrenzfähig sein – und natürlich wäre es toll, im Rennen wieder in die Punkte zu kommen.