Wer hätte vor der Saison damit gerechnet - Martin Tomczyk gewinnt die letzte Meisterschaft der DTM vor der BMW-Rückkehr 2012 in einem Jahreswagen. Wer darauf Geld gesetzt hätte, könnte sich jetzt wohl über eine ordentliche Auszahlung freuen. "Im Winter hat doch keiner gedacht, dass ich Champion werden kann", sagt Tomczyk mit einer gewissen Genugtuung. "Weder die Presse, noch ich, noch Dr. Wolfgang Ullrich." Nach der Degradierung habe Tomczyk seine Ziele natürlich anpassen müssen. "Einen Sieg habe ich mir schon ausgerechnet, aber dass es so lief, ist positiv erschreckend", blickt der Audi-Pilot zurück.

Nach dem vorzeitigen Titelgewinn stellt sich nun die Frage, wie Tomczyk mit einem vermeintlich unterlegenen Auto zum Gesamtsieg fahren konnte. Seit elf Jahren ist er nun in der DTM unterwegs - vier Siege und ein dritter Platz in der Meisterschaft 2007 stehen zu Buche. Nicht gerade meisterlich, doch in diesem Jahr war Tomczyk das Maß aller Dinge. Als einziger fuhr er in jedem Rennen in die Punkte, seine schlechtesten Resultate waren zwei fünfte Plätze beim Saisonauftakt in Hockenheim sowie am Nürburgring.

Es ist also zum einen Tomczyks beeindruckende Konstanz, mit der er sich gegen seinen Haupt-Konkurrenten Bruno Spengler durchsetzte, der im zweiten Teil des Jahres stark abbaute. Ein weiterer Grund: Hankook. Die Audi-Jahreswagen kamen prima mit den neuen Reifen zurecht, Pneus und Gewichtsvorteil harmonierten gut miteinander. Das beweisen nicht zuletzt die Podiumsplatzierungen von Tomczyks Markenkollegen Edoardo Mortara, Felipe Albuquerque und zuletzt Miguel Molina.

Ein dritter Grund: Tomczyk spielte in dieser Saison nicht mehr die Rolle des Wasserträgers im Team. "Die Ausgangslage war, dass ich im Team die unangefochtene Nummer 1 war", erklärt Tomczyk. "Da musste man nicht lange diskutieren, jeder hat sich auf mich konzentriert. Alles, was das Team und ich wollten, wurde konstruktiv umgesetzt." Dies sei bei Phoenix eine schöne Situation gewesen, die Tomczyk so vorher in der DTM noch nicht erlebt habe.

Im Verlaufe der Saison habe alles von hinten nach vorn gepasst", blickt Tomczyk auf sein erfolgreiches Jahr mit drei Siegen zurück. "Ich habe zwar auch ein paar Rückschläge erlebt, aber die machen es aus", sagt er. "Sie sind das gewisse Extra, wo man nach der Saison sagt, dass es eigentlich genial war." So sei das Rennen am Lausitzring eines seiner persönlichen Highlights gewesen. "Es war fast irreal", lacht Tomczyk. "Da hat alles gepasst und ich bin einen riesigen Vorsprung herausgefahren." Gleiches gelte für Oschersleben, wo er von P15 auf Platz zwei vorfuhr.

Im Gegensatz zu Spengler erlebte Tomczyk eine größtenteils problemfreie Saison. Nur selten streikte die Technik und wenn, dann nicht entscheidend. Wohl auch ein Ergebnis aus der Zusammenarbeit mit dem Team, das natürlich entscheidenden Anteil an der Zuverlässigkeit und Performance hat. "Ich mag keine Hektik", beschreibt Tomczyk die Arbeitsabläufe. "Schnell müssen wir nur auf der Strecke sein, nicht bei allen Entscheidungen, die es zu treffen gilt."

Es ist - wie so häufig im Motorsport - das Gesamtpaket, das für Tomczyk in dieser Saison perfekt arbeitete. Selbstvertrauen kann auch nicht schaden. "Dass ich das Potential hatte, daran habe ich nie gezweifelt. Es war nur die Frage, wie ich das mit dem neuen Team und dem alten Auto umsetzen konnte", so Tomczyk.