16 Jahre DTM, 177 Rennen und der Meistertitel 2011: Martin Tomczyk zählt zu den prägenden Fahrern in der Geschichte der Tourenwagenserie. Nach 21 Jahren im Profi-Rennsport hat er im Alter von 40 Jahren das Ende seiner aktiven Karriere bekanntgegeben. Bei Motorsport-Magazin.com erinnern sich zahlreiche Wegbegleiter an den Rosenheimer, der ab 2022 das Serien-Management der DTM Trophy übernimmt.

DTM-Jahrzehnt mit Abt Sportsline

2001 fuhr Martin Tomczyk im Alter von 19 Jahren sein erstes DTM-Rennen für den Rennstall Abt Sportsline. Die Kemptener gingen zunächst mit privat eingesetzten Abt-Audi TT-R an den Start, bevor sie ab 2004 mit dem Audi-Werkseinstieg auf A4 DTM umstiegen. Tomczyk erzielte seinen ersten Podestplatz mit den Äbten 2004 in Estoril, den ersten Sieg feierte er 2006 in Barcelona. Zehn Jahre stieg er für Abt Sportsline in der DTM ins Cockpit.

Thomas Biermaier, CEO von ABT Sportsline: "Martin hat vor zwei Jahrzehnten seine ersten Schritte im professionellen Motorsport mit uns gemacht und ist schnell zu einem Teil unserer Familie geworden. Die DTM war für uns alle damals ein gemeinsames Abenteuer mit Höhen, Tiefen und einer Menge Spaß. Martin hat die Serie mit seinen Leistungen und seiner Persönlichkeit mit geprägt, deshalb ist es schön zu sehen, dass er dem Fahrerlager jetzt in einer neuen Rolle erhalten bleibt. Das wird er gut machen. Für jeden bei Abt Sportsline bleibt er ein guter Freund und ein Mitglied unserer Familie."

Abt-Team 2001: Christian Abt, Mattias Ekström, Martin Tomczyk, Laurent Aiello, Foto: Martin Tomczyk
Abt-Team 2001: Christian Abt, Mattias Ekström, Martin Tomczyk, Laurent Aiello, Foto: Martin Tomczyk

Tomczyks Meisterstück mit Phoenix-Audi

Nach zehn gemeinsamen Saisons trennten sich bei Audi die Wege von Tomczyk und Abt Sportsline. Der Sohn des langjährigen ADAC-Sportpräsidenten Hermann Tomczyk wechselte zur Saison 2011 zum Audi Sport Team Phoenix - und holte völlig überraschend die DTM-Meisterschaft! Mit drei Siegen und acht Podestplätzen in jener Saison konnte erstmals in der Geschichte ein Fahrer den Titel auf einer älteren Auto-Generation erringen. Tomczyk machte den Triumph vorzeitig beim vorletzten Rennwochenende in Valencia perfekt.

Ernst Moser, Teamchef des früheren Audi Sport Team Phoenix in der DTM: "Vor jeder Saison werden von Audi Sport die einzelnen Werksfahrer den Teams zugeteilt. Ich sage es ganz ehrlich, dass unsere Hoffnungen 2011 auf den talentierten DTM-Neulingen Felipe Albuquerque und Edoardo Mortara ruhten. Stattdessen wurden uns beim Teambuilding auf der Sonnenalp in Ofterschwang Rahel Frey und Martin Tomczyk zugeteilt."

"Diese Entscheidung, zumal mit der Tatsache verknüpft, dass wir mit dem Zweijahreswagen Audi A4 DTM 2008 antreten mussten, war für uns nur schwer zu verkraften. Wir waren skeptisch und mit dieser Konstellation herrschte in der Tat eine gedrückte Stimmung im Team, die sich aber besserte, als feststand, dass wir in der übernächsten Saison 2012 auch mit einem aktuellen Audi-Modell antreten durften."

"Das wirklich Gute bei Martin Tomczyk war sein unheimliches Engagement - vom ersten Tag an. Er wollte uns hochmotiviert von seinem Können überzeugen und dabei beweisen, noch besser abzuschneiden, als zuvor in zehn Jahren bei ABT Sportsline. Schon beim ersten Test in der Lausitz hatten wir ein gutes Gefühl. Martin konnte auch dank der BoP, die die Zweijahreswagen mit den aktuellen Modellen auf einen gleichen Level bringen sollte, auf Anhieb glänzen. Das bestätigte er auch in der dann folgenden Saison, die mit P5 schon respektabel begann. Dank acht Podiumsplätzen konnte Martin schon beim vorletzten Event in Valencia für sich und uns den ersten DTM-Titel unter Dach und Fach bringen. Damit konnte zuvor niemand rechnen!"

"Aus unserer Sicht waren dafür gleich mehrere Dinge entscheidend: eine sehr gute gemeinsame Fahrer- und Teamleistung, strategisch haben wir viel richtig gemacht und natürlich hat uns auch hin und wieder das nötige Glück geholfen. Es war ein rundum erfolgreiches und schönes Jahr. Auch menschlich haben wir uns gegenseitig geschätzt - es war ein Geben und Nehmen, das wir genossen haben. Schade, dass diese tolle Zusammenarbeit wegen des Wechsels von Martin Tomczyk zu BMW schon nach einem Jahr wieder endete."

Phoenix-Teamchef Ernst Moser mit DTM-Meister Martin Tomczyk, Foto: Audi
Phoenix-Teamchef Ernst Moser mit DTM-Meister Martin Tomczyk, Foto: Audi

Sensations-Wechsel zu BMW 2012

2012 sorgte Martin Tomczyk für einen echten Motorsport-Hammer: Als amtierender Meister verließ der Bayer den Audi-Konzern und wechselte zu DTM-Rückkehrer BMW Motorsport. Am Steuer des BMW M3 DTM fuhr er 2012 dreimal aufs Podium und belegte Platz acht in der Fahrerwertung. In der DTM konnte Tomczyk mit den BMW-Teams RMG und Schnitzer Motorsport jedoch nicht an seine vergangenen Erfolge anknüpfen. Im September 2016 verkündete Tomczyk seinen DTM-Abschied zum Saisonende.

Herbert Schnitzer, letzter Teamchef von Martin Tomcyzk in der DTM: "Als Martin 2014 zu uns kam, hatten wir seit langer Zeit mal wieder einen bayerischen Fahrer in unserem oberbayerischen BMW-Traditionsteam. Er hat mit seinem Titelgewinn bewiesen, dass er zu den schnellsten DTM-Piloten gehörte. Wir sind stolz darauf, dass er in den fünf Jahren, in denen er als BMW-Werksfahrer in der DTM aktiv war, mit unserem Team 2014 sein bestes Gesamtergebnis erzielt hat."

"Nach dem Fahrzeugwechsel 2014 vom BMW M3 DTM zum BMW M4 DTM hatte Martin vor allem im Qualifying Probleme und sich dadurch auch um bessere Einzel- und letztendlich Gesamtresultate gebracht. Dagegen hat er in den Rennen sein Können oftmals bewiesen und trotz schlechter Startplätze noch respektable Ergebnisse erzielt."

"Ich erinnere mich beispielsweise noch gut an den vorletzten DTM-Event 2015 auf dem Nürburgring, als Martin im ersten Rennen wegen Motorproblemen nicht starten konnte und im zweiten Lauf vom letzten Startplatz aus noch in die Punkteränge gefahren ist. Solche Aufholjagden sind ihm des Öfteren gelungen. Besser als in der DTM lief es für Martin Tomczyk dagegen auf der Langstrecke. Da hatte er zuletzt gute Jahre mit BMW. Ich wünsche ihm für seinen zukünftigen Job bei der ITR nur das Beste."

Martin Tomczyk und Schnitzer-Teamkollege Antonio Felix da Costa 2016, Foto: BMW AG
Martin Tomczyk und Schnitzer-Teamkollege Antonio Felix da Costa 2016, Foto: BMW AG

Langstrecken-Jahre nach dem DTM-Abschied

Bis 2016 war Martin Tomczyk für BMW M Motorsport in der DTM am Start. Nach einer Saison in der IMSA-Serie trat er 2018 und 2019 im BMW M8 GTE in der FIA WEC und bei den 24 Stunden von Le Mans an. Seine größten Erfolge feierte er am Steuer des BMW M6 GT3 beim Langstreckenklassiker auf dem Nürburgring. Dort fuhr er 2020 mit Schnitzer als Dritter und 2021 im ROWE-BMW als Zweiter aufs Podium.

Mike Krack, Leiter BMW M Motorsport: "Martin Tomczyk war nicht nur auf sondern auch neben der Rennstrecke ein großartiger Botschafter für BMW M Motorsport. Dafür danke ich ihm ganz herzlich. Sei es in der DTM, auf der Langstrecke, in der IMSA-Serie oder in der FIA WEC: Martin hat BMW M Motorsport in den höchsten Kategorien vertreten und sich zu einem der Gesichter der Marke entwickelt. Auch wenn sich nun unsere Wege trennen, denken wir alle gerne an die gemeinsame Zeit zurück. Ich wünsche ihm für seine Zukunft alles Gute!"

24h Nürburgring 2021: Tomczyk mit dem ROWE-BMW auf dem Podium, Foto: Gruppe C Photography
24h Nürburgring 2021: Tomczyk mit dem ROWE-BMW auf dem Podium, Foto: Gruppe C Photography

Die Zeit nach der Profi-Rennkarriere

Am 16. Dezember 2021 gab Martin Tomczyk das Ende seiner aktiven Karriere als Profi-Rennfahrer sowie den Abschied von BMW M Motorsport bekannt. Es geht aber motorsportlich weiter beim Bayer: Ab 2022 übernimmt Tomczyk das Serien-Management für die DTM Trophy, die im Rahmenprogramm der DTM-Rennwochenenden fährt. Auch soll er sich bei der ITR um Boss Gerhard Berger in die Vermarktung der DTM-Plattform einbringen.

ITR-Geschäftsführer Benedikt Böhme: "Martin Tomczyk ist weit mehr als ein erfahrener und erfolgreicher Rennfahrer, er hat über all die Jahre auf und abseits der Rennstrecke enorm viel Erfahrung gesammelt und sich international ein imposantes Netzwerk aufgebaut. Es ist bemerkenswert, wie er schon jetzt all seine Expertise in das Unternehmen einbringt und eigene Ideen anbringt. Martin passt mit seiner positiven, aufgeschlossenen Art hervorragend in das Team und wir freuen uns alle auf die gemeinsame Zusammenarbeit."