Der Sieger der Dakar

Carlos Sainz gewann die Dakar 2010, Foto: VW Motorsport
Carlos Sainz gewann die Dakar 2010, Foto: VW Motorsport

Die 32. Ausgabe der Rallye Dakar war die wohl spannendste aller Zeiten. "El Matador" Carlos Sainz setzte sich in einer Gesamtzeit von 47 Sunden und zehn Minuten gegen seinem Teamgefährten Nasser Al-Attiyah durch, der mit einem minimalen Rückstand von 2:12 Minuten die Dakar beendete. Es war der kürzester Abstand zwischen dem Ersten und Zweiten in der Geschichte der Dakar. Seit der fünften Etappe lag der Spanier an der Spitze der Gesamtwertung und erzielte in diesem Zeitraum zwei Tageserfolge. Seine Etappensiege am zehnten und zwölften Tag kamen genau zum richtigen Zeitpunkt, um einen starken Al-Attiyah auf Distanz zu halten. Damit verteidigte Volkswagen den Konstrukteurs-Titel aus dem Vorjahr. Sainz wurde Nachfolger vom letzten Dakar-Gewinner Giniel de Villiers, der nach 14 Etappen den siebten Rang belegte. Ein Elektronikproblem am seinem Auto kostete den Südafrikaner schon auf der dritten Etappe alle Siegchancen.

Der zweite Gewinner der Rallye

Nasser Al-Attiyah sorgte mit seinen vier Etappensiegen dafür, dass die Dakar 2010 bis zur letzten Minute spannend blieb. Der Wüstensohn aus Katar zeigte sich auch nach dem Zieleinlauf noch angriffslustig: "Im nächsten Jahr werde ich gewinnen!" Al-Attiyah war der konstanteste Fahrer der gesamten Dakar. Er schaffte das Kunststück, in allen 14 Wertungsprüfungen ein Top-5-Ergebnis zu erzielen.

Ein Opfer der Technik

Ein Blick in die Statistik von Stephane Peterhansel sagt alles: Trotz vier Etappensiegen gab es nur Platz vier im Gesamtklassement. Nach dem vierten Tag lag der Franzose noch mit über sieben Minuten Vorsprung an erster Stelle im Klassement - dann kam die verhängnisvolle fünfte Etappe, bei der die hintere Antriebswelle seines BMW X-raid brach. Mit über 134 Minuten Rückstand schleppte sich Peterhansel ins Ziel. In der Endabrechnung fehlten Peterhansel 137 Minuten auf den Sieger Sainz. "Wenn wir unter den gleichen Bedingungen im nächsten Jahr mit dem gleichen Team wieder an den Start gehen, werden unsere Siegambitionen noch größer sein", gab sich der Franzose optimistisch für die nächste Ausgabe der Dakar.

Das Rezept für die Dakar

Die richtige Rezeptur für einen Dakar-Gesamtsieg besitzt VW-Motorsport-Direktor Kris Nissen: "Man kann eine Dakar nur gewinnen, wenn man ein standfestes Auto hat, das schnell genug ist und man Fahrer hat, die damit umgehen können. Man muss nicht jede Etappe gewinnen, um am Ende vorn zu sein. Man hat dieses Jahr bei dieser starken Leistungsdichte gesehen, dass es immer von Nachteil ist, als Vortagessieger als erstes Fahrzeug auf die Strecke zu gehen. Ein Schlüssel zum Erfolg von Carlos Sainz und Lucas Cruz war es, jeden Tag eine gute Etappe zu haben, jedoch nicht zwingend gewinnen zu müssen."

Keine Stallorder und große Begeisterung

Carlos Sainz und Nasser Al-Attiyah machten die Dakar 2010 extrem spannend., Foto: VW Motorsport
Carlos Sainz und Nasser Al-Attiyah machten die Dakar 2010 extrem spannend., Foto: VW Motorsport

Dass die Dakar 2010 als Krimi in die Geschichtsbücher eingehen wird, ist auch Volkswagen zu verdanken, die nie eine Stallorder aussprachen. Die Fahrer sollten nur die ersten drei Plätze in der Gesamtwertung nicht unnötig aufs Spiel setzen. Die Zuschauer dankten es, indem sie in Scharen die Strecken säumten und die Zielankünfte belagerten. Die zweite Südamerika-Ausgabe der Dakar wurde vor allem durch die Begeisterung der Fans zu einem Volksfest. Dieses Motorsport-Spektakel sollte auch in Zukunft in Argentinien und Chile stattfinden.

Der Schock der Dakar

Die zweite Dakar in Südamerika begann mit einem Trauerfall: Der deutsche Pilot Mirco Schultis kam auf der ersten Etappe den argentinischen Städten Colon und Cordoba in einer Kurve von der Straße ab und raste in eine Zuschauergruppe. Eine 28-jährige Frau starb an ihren schweren Verletzungen. Vier weitere Zuschauer wurden zum Teil erheblich verletzt. Die Opfer hätten zusammen mit Dutzenden anderen Schaulustigen dicht an der nicht abgesperrten Rennstrecke in einem Bereich gestanden, der nicht für Zuschauer zugelassen war. Schultis brach die Rallye noch am gleichen Tag ab.

Die Geste der Dakar

Der ehemalige VW-Pilot Robby Gordon hatte sich für seine fünfte Rallye Dakar viel vorgenommen. Er ist der erste Amerikaner, der eine Etappe gewinnen konnte - damals für VW im Debütjahr 2005. Jetzt wollte er den Gesamtsieg, dieses Vorhaben scheiterte unter anderem an zu vielen Reifenschäden. Seine Manieren verlor er deshalb aber nicht: Am vierten Rallye-Tag gab er allen 85 Mitgliedern seiner ehemaligen VW-Truppe eine Runde Speiseeis aus. Damit revanchierte er sich für eine Einladung der Wolfsburger aus dem Vorjahr.

Die Dakar als Weihnachtsgeschenk

Robert Baldwin bekam von Robby Gordon ein besonderes Weihnachtsgeschenk., Foto: ASO
Robert Baldwin bekam von Robby Gordon ein besonderes Weihnachtsgeschenk., Foto: ASO

Robert "BJ" Baldwin erhielt zu Weihnachten einen unerwarteten Anruf von Robby Gordon. Gordon benötigte dringend einen Ersatzmann für die Dakar. Die kurzfristige Einladung nahm Baldwin gerne an und saß ein paar Tage später für den erkrankten Ronn Bailey am Steuer des Hummer mit der Startnummer 351. Baldwin, der es eher gewohnt ist, in Pro-Trucks oder Trophy-Trucks für die Baja mitzufahren, zog sich auf der für zweiradangetriebene Fahrzeuge nicht so geeigneten ersten Etappe gut aus der Affäre: Er wurde als 19. gewertet - mit knapp 14 Minuten Rückstand. Beim Aussteigen aus seinem schwarzen Hummer war es aber sein erstes Anliegen, sich einen schattigen Baum zu suchen, um sich diskret zu erleichtern. Gleichzeitig versuchte sich sein ebenfalls von leichter Übelkeit befallener Beifahrer und Landsmann Kellon Walch von den Strapazen dieses verrückten Tages zu erholen. Die beiden boten ein bemitleidenswertes Bild. Baldwin und sein Co-Pilot steigerten sich von Tag zu Tag. Auf der sechsten Etappe übernahmen sie sogar zeitweise die Führung. Probleme mit der Bremsleitung stoppten allerdings den Vorwärtsdrang des Hummer. Sie beendeten die Dakar auf dem 20. Rang in der Gesamtwertung.

Die Sieger

1. Etappe: Nani Roma
2. Etappe: Nasser Al-Attiyah
3. Etappe: Stephane Peterhansel
4. Etappe: Robby Gordon
5. Etappe: Mark Miller
6. Etappe: Stephane Peterhansel
7. Etappe: Nasser Al-Attiyah
8. Etappe: Stephane Peterhansel
9. Etappe: Nasser Al-Attiyah
10. Etappe: Carlos Sainz
11. Etappe: Guerlain Chicherit
12. Etappe: Carlos Sainz
13. Etappe: Stephane Peterhansel
14. Etappe: Nasser Al-Attiyah

Der Dakar Auto-Rückblick 2010 stammt aus der März-Ausgabe unseres Printmagazins Motorsport-Magazin. Mehr Technikhintergründe, Interviews und Reportagen lesen Sie im Motorsport-Magazin - im gut sortierten Zeitschriftenhandel oder am besten direkt online zum Vorzugspreis bestellen: