Timo Glock wird derzeit nur eine Frage gestellt: "Wie geht es Dir?" Und die Frage ist nicht nur einfach so dahingesagt. Denn nur vier Wochen nach dem üblen Crash bei den Oval-Tests in Milwaukee kommt Glock am Wochenende an den Ort seines Unfalls zurück.

"Ich denke, dass ich gut damit klar komme", sagt der äußerlich gelöste Glock, "an den Unfall werde ich vielleicht in der ersten Runde im Freien Training denken, länger aber nicht. Wenn du im Auto sitzt, dann bist du zu 110 Prozent konzentriert und verschwendest keinen Gedanken mehr an das, was gewesen ist."

Mit rund 250 km/h rücklings in die Begrenzungsmauer. Kräfte von 110g sollen laut Experten an Auto und den Piloten gezerrt haben. Resultat: Das rechte Schlüsselbein war gebrochen, blaue Flecken am ganzen Körper und ein zusammengestauchter Rücken. "Man spürt, dass das Schlüsselbein täglich mehr zusammenwächst, nur der Rücken schmerzt noch etwas, wenn ich länger stehe oder sitze", kann der 22jährige schon wieder befreiter grinsen. Beim letzten Rennen im mexikanischen Monterrey ist ja auch schon ganz gut gegangen, warum also nicht auch im Meilen-Oval von Milwaukee?

Timo Glock geht das Wochenende gewohnt konzentriert wie realistisch an. Vom Sprichwort im US-Motorsport, wonach es nur zwei Arten von Fahrern gebe: die einen haben den Oval-Unfall noch vor sich, die anderen hatten ihn schon – davon hält Timo Glock wenig. "Ich hatte jetzt einen, aber mir ist vollkommen bewusst, dass es jederzeit wieder passieren kann", sagt er. "Wenn du fast nur das Gaspedal durchdrückst, sich bei hoher Geschwindigkeit aber der Anpressdruck deines Autos durch den Fahrwind der Konkurrenten jederzeit ändern kann, dann musst du höllisch aufpassen." Genau so hatte sich sein Unfall zugetragen, ebenso wie derjenige von seinem Rocketsports-Teamkollegen Ryan Hunter-Reay einen Tag später. In Milwaukee hatte Hunter-Reay im vergangenen Jahr noch den Rennsieg eingefahren.

Beleg für Glocks Analyse ist auch der üble Crash von Bruno Junqueira. Der Champ Car-Leader und Sieger in Monterrey war am vergangenen Wochenende zusätzlich beim legendären Indy 500 im Oval von Indianapolis gestartet und dabei schwer verunglückt. Zwei Wirbelbrüche waren das Ergebnis.

Und ein freier Platz bei Newman/Hass Racing. Und obwohl Glock sich bei Rocketsports pudelwohl fühlt und dort einen Vertrag besitzt, hat sich die Gerüchteküche natürlich schon so ihre Gedanken über einen Ersatzmann des wohl bis Saisonende ausfallenden Junqueira gemacht. Neben Cistiano da Matta und AJ Allmendinger werden hierbei auch Timo und sein Teamkollege Ryan Hunter-Reay gehandelt.

Davon unberührt möchte Timo sein erstes Oval-Rennen mit einer Mischung aus sportlicher Aggressivität und kühlem Herzen angehen. In den letzten Wochen hat er durch permanente Physiotherapie und Training auf dem Sitzergometer kaum etwas von seiner hervorragenden Fitness eingebüßt, wie er denkt. Der bislang Neunte im Champ Car-Klassement liegt nur zwei Punkte hinter dem fünften Andrew Ranger, der auch die Rookie-Wertung anführt. Glocks Chancen auf eine Verbesserung in der Gesamtwertung sind mit einem guten Resultat in Milwaukee intakt.

"Das Einfachste wird es sein, ganz normal in die Vorbereitung fürs Rennen zu gehen und einen guten Job zu machen", blickt Glock voraus. "Optimistisch stimmt mich, dass ich bei den Tests bis zum Zeitpunkt meines Unfalls die schnellste Rennrunde aller Piloten gefahren bin, darauf kann ich aufbauen." Und das Ziel für das Rennen setzt der 23-jährige ebenfalls gewohnt optimistisch an: "Einen Platz auf dem Podium werde ich auf jeden Fall anstreben."