Im einen Moment habe ich noch einen beinahe sicheren Platzgewinn vor Augen, im nächsten bekommt mein Auto einen Schlag und ich fahre querfeldein durch die Wiese. Ein geteerter Rettungsweg kreuzt meinen Weg, ein Kerb mutiert zur Sprungschanze, das Auto hebt ab, dreht sich in der Luft und sobald es auf dem Boden aufschlägt, habe ich keine Chance mehr, es abzufangen. Ich schieße quer über die Strecke und schlage frontal in einer Betonmauer ein. Der Einschlag macht meinen Mini in Sekundenschnelle um cirka 20 cm kürzer.

Abreagieren nach der Kollision? Steffi im Trikot des Sponsors., Foto: Steffi Halm
Abreagieren nach der Kollision? Steffi im Trikot des Sponsors., Foto: Steffi Halm

Natürlich hatte ich mir den ersten Lauf auf meiner Lieblingsstrecke in Oschersleben anders vorgestellt. Der Unfall war heftig, aber es war nicht mein erster Mauerkontakt. In der Formel König bin ich schon einmal in einer Mauer gelandet, ausgerechnet in Oschersleben. Wie diesmal hatte ich auch damals eine Stelle erwischt, an der keine Reifenstapel standen. Bei einem anderen Unfall habe ich mit dem Alfa eine Leitplanke auf der Nordschleife geküsst. Aber bisher hatte ich immer Glück, dass mir nichts passiert ist - ich hoffe, das bleibt so. Von Mauern habe ich erst mal genug. Wenn sie mich näher interessieren würden, könnte ich ja Maurerin werden, aber so faszinierend finde ich sie dann doch nicht. Einen solchen Einschlag brauche ich definitiv nicht mehr.

Am meisten ärgert mich die Entstehung. Ich verlor am Start einen Platz an Thomas Neumann, konnte diesem aber in den ersten Rennrunden folgen und ab Runde drei an ihn heranfahren. In der nächsten Runde sah ich eine Möglichkeit, um zu überholen. Ich kam mit viel mehr Schwung auf die Gegengerade, war direkt hintendran und scherte sofort aus seinem Windschatten aus. Thomas zog nach rechts und wir fuhren für einen Moment parallel nebeneinander her. Bis dahin hatten sich unsere Autos nicht berührt. Beim Anbremsen der nächsten Kurve wäre ich innen gewesen und hätte den Platz sicher gewonnen. Plötzlich bekam ich einen Schlag von ihm. Weil ich ohnehin schon rechts an der Kante zur Wiese fuhr, ging es ab ins Grüne. Der weitere Weg in die Mauer ist bekannt. Ich hatte absolut nicht mit diesem Schlag gerechnet. Das war kein faires Manöver und gehört nicht in den Motorsport.

Zum Glück trug ich nur ein paar kleinere Blessuren davon, die sich durch zwei Massagen am Samstagabend und Sonntagmorgen recht gut behandeln ließen. Mir ging es nach dem Unfall sogar schlechter als am nächsten Tag, was ja normalerweise eher anders herum sein sollte. Natürlich habe ich an den Rippen und am Hals noch etwas gespürt, aber das HANS-System und die Sicherheitsmaßnahmen am Auto haben ihren Job perfekt erledigt. Dass nach einem Frontaleinschlag in einer Mauer ohne Reifenstapel etwas wehtut, ist klar - die Mauer bewegt sich schließlich nicht.

Steffis Mini wurde noch ein Stück kürzer., Foto: Steffi Halm
Steffis Mini wurde noch ein Stück kürzer., Foto: Steffi Halm

Am Sonntag war ich aber fit genug, um im zweiten Rennen anzutreten. Damit das überhaupt möglich wurde, hatte mein Team übernacht ein brandneues Auto an die Strecke gebracht, das eigentlich erst in vier Wochen sein Debüt geben sollte. Bis zu diesem Zeitpunkt war es noch keinen Kilometer gefahren und musste erst einmal komplett gecheckt und eingestellt werden. Leider hatten wir vor dem Rennen keine Möglichkeit, den Motor einzufahren. So kam, was kommen musste: direkt nach der ersten Runde hatte ich 115 Grad Wassertemperatur, was dem Motor natürlich nicht gut tat. Ich hatte nicht die benötigte Leistung und war zwei Sekunden langsamer als im Qualifying. Nachdem ich wegen meines Ausfalls von hinten starten musste, konnte ich mich nicht wie geplant nach vorne arbeiten.

Überholen ist in Oschersleben schwierig, aber auf den hinteren Plätzen wäre es relativ leicht gewesen, mich durchzukämpfen. Mein Ziel war Platz 10. Ein Startunfall und eine Safety Car-Phase hätten mir bei der Aufholjagd geholfen, weil sie das Feld zusammenführten. Das wäre für mich optimal gewesen, aber mit der Motorleistung war kein Blumentopf zu gewinnen. Ich hatte keine Möglichkeit, an den anderen Autos vorbeizukommen. Sie waren langsamer, beim Anbremsen kam ich heran, schloss die Lücke, konnte aber nicht noch später bremsen und sobald es auf die Gerade ging, konnten sie besser herausbeschleunigen und waren wieder zu weit weg für einen Angriff. Einige schauten immer wieder in den Rückspiegel und warteten regelrecht darauf, dass ich sie überholen würde, aber dazu kam es leider nicht. Das war sehr ärgerlich und schade um den Aufwand, den mein Team betrieben hatte. Wenigstens konnten wir einen Punkt mitnehmen, das ist besser als keiner - und wer weiß? Vielleicht wird er am Ende noch entscheidend sein...