Matthias und Thomas, ihr habt die Rallye Dakar auf Gesamtrang 13 beendet. Wie fällt euer Fazit zur Veranstaltung aus?
Matthias Kahle: Wenn man sich anschaut, wie viele Top-Autos dieses Jahr dabei waren und bis ins Ziel durchgehalten haben, ist der 13. Platz ein fantastisches Ergebnis. Wir haben alle an einem Strang gezogen und als Team hervorragend zusammengearbeitet. Mit solch einer Leistung wären wir in den vergangenen Jahren immer in den Top Ten gelandet, aber diesmal war das Starterfeld einfach extrem stark.
Dr. Thomas M. Schünemann: Das sehe ich genauso. Man muss sich nur das Endergebnis anschauen: Vor uns liegen neun werksunterstützte Prototypen von X-Raid, Toyota und Great Wall sowie drei Buggies, die uns auf Grund des größeren Restriktors leistungsmäßig überlegen waren. Mit Platz 13 von 153 gestarteten Autos sind wir das beste werksunabhängige Prototypen-Team. Gleichzeitig haben wir exzellente Fahrer wie Boris Gadasin, der im Juli noch die Silk Way Rallye gewonnen hat, hinter uns gelassen. Zu dieser Leistung hat jeder Einzelne mit vollem Einsatz beigetragen. Unsere Mannschaft hat herausragendes geleistet, das verdient ein ganz großes Kompliment!

Was hat letztlich zu einer Top-Ten-Platzierung gefehlt?
Dr. Thomas M. Schünemann: Rein rechnerisch betrug der Abstand im Ziel weniger als eine Stunde, und die hat man sich ganz schnell eingefangen. Auf der zweiten Etappe zum Beispiel: An dem Tag haben wir unsere ersten Kilometer mit einem Allradauto in den Dünen zurückgelegt, das war eine Art Trainingstag für uns. Dort haben wir gemerkt, dass uns ein Dünen-Test vor der Rallye gefehlt hat. Dazu kam auch ein bisschen Pech. Auf der Fiambalá-Prüfung hatten drei Autos, die im Ziel vor uns lagen, schon zu Beginn Probleme. Diese Teams hatten letztlich Glück, dass die Speziale wegen überschwemmter Pisten abgebrochen wurde. Aber es ist so, wie es ist. Und man weiß nie, was einem während der Prüfung noch selbst passiert wäre.
Matthias Kahle: Neben den Veränderungen im Reglement waren es dieses Jahr viele Kleinigkeiten, die große Unterschiede gemacht haben. Weil das Feld so dicht beisammen war, hast du durch einen Reifenschaden schnell fünf oder zehn Plätze verloren. Dann bist du nicht an 15. Stelle losgefahren sondern als 25. hinter einer ganzen Reihe von Lkw. In den Dünen ist das nicht das große Problem, da hat man genug Platz zum Überholen, aber auf den schmalen Schotterpisten haben wir manchmal über 100 Kilometer im Staub von unseren Vorderleuten gesteckt. Ein Reifenschaden hat sich also auch einen Tag später noch bemerkbar gemacht.

Matthias, du hast deine ersten Dünenerfahrungen in einem Allrad-Prototypen gemacht. Wie sehr muss man seinen Fahrstil im Vergleich zum Buggy anpassen?
Matthias Kahle: Die Unterschiede sind schon groß. Im Buggy weiß ich genau, wie schnell ich über einen Dünenkamm fahren kann. Die Buggies sind aber flacher und breiter als die Prototypen und haben mehr Federweg. Da musste ich mich im SAM erst langsam an das Limit herantasten, um keinen Überschlag zu riskieren. Einen Unterschied macht aber auch das automatische Luftdrucksystem, das nur bei den Buggies erlaubt ist. Bei einem Prototypen muss man jedes Mal aussteigen und die Luft per Hand ablassen oder nachfüllen. Da braucht man einfach die Erfahrung, um zu wissen: Muss ich jetzt wirklich aussteigen oder schaffe ich die Dünen vielleicht auch so? Insgesamt sind die Buggies in den Dünen etwas leichter zu fahren, dafür haben sie auf kurvigen Bergstraßen klare Nachteile.

Was war denn euer schönstes oder schlimmstes Erlebnis während der Dakar 2013?
Matthias Kahle: Der schönste Moment ist, wenn du das Ziel der letzten Prüfung erreicht hast, aus dem Auto steigst und weißt: Wir haben´s geschafft! Wir haben die Dakar erneut überstanden! Das schlimmste Erlebnis war definitiv am achten Tag, als wir durch ein trockenes Flussbett gefahren sind und plötzlich eine Flutwelle auf uns zugerollt ist. Da dachte ich nur: Du musst möglichst schnell hier weg. Diese Wassermassen übersteht kein Auto der Welt, was wir ja auch am Ausfall unseres Fahrerkollegen Guilherme Spinelli gesehen haben, der sich mitten durch die Fluten kämpfen wollte.
Dr. Thomas M. Schünemann: Dieser Moment war schon etwas haarig, da gebe ich dir Recht. Ansonsten gab es keine wirklich schlimmen Vorfälle. Wir hatten vorher alle etwas Respekt vor der Prüfung auf 3.400 Metern, aber das haben unsere Körper wirklich gut weggesteckt. Besonders faszinierend fand ich wieder einmal die Abfahrt von den Anden runter nach Chile. Du bist selbst noch in den Bergen, siehst die Atacama-Wüste vor dir und am Horizont taucht sogar schon der Pazifik auf. Das ist der Wahnsinn! Man ist bei der Dakar eigentlich immer hochkonzentriert, aber auf den Verbindungsetappen kann man die Landschaft auch mal kurz genießen.