Eigentlich wollte KTM beim Japan GP in Motegi den ersten Saisonsieg in der MotoGP angreifen. Der Stop-and-Go-Charakter der Strecke, mit ihren harten Bremszonen und vielen 90-Grad-Kurven, schien wie gemacht für die Stärken der RC16. Dazu hatten die Mattighofener auch noch das neue Karbon-Chassis im Gepäck, welches Dani Pedrosa in Misano erfolgreich getestet hatte. Und die Erwartungshaltung wurde zunächst bestätigt: Bestzeit am Freitag und Platz Zwei für Brad Binder im Sprint. Am Sonntag legte Jack Miller mit der schnellsten Zeit im Warm Up nach. Alle Zutaten für eine erneutes Spitzenergebnis schienen vorhanden, doch dann begann pünktlich mit dem Start des Grand Prix der Regen.

Binder will Boxen-Malheur gutmachen, und stürzt

Eigentlich könnte man meinen, dass eine feuchte Piste für Freude im KTM-Lager sorgt, gelten doch sowohl Jack Miller als auch Brad Binder als Spezialisten für solche Bedingungen. An diesem Sonntag sollte dies jedoch nichts helfen. Binder tat zunächst das, was alle Piloten in Spitzengruppe versuchten: "Das war ein schwieriges Rennen für uns. Als wir das Rennen starteten, war es schon ziemlich feucht. Da musste ich vorsichtig sein, um sicherzugehen, dass die erste Runde sauber verläuft und ich an die Box kann."

Brad Binder in der Box in Motegi
Brad Binders Rennen ging schon in der Box verloren, Foto: Red Bull KTM Factory Racing

Abgesehen von ein paar Wagemutigen im hinteren Feld bogen die Fahrer in die Box ab, um nach Flag-to-Flag-Reglement auf ein Motorrad mit Regenreifen zu wechseln. Im Prinzip ging Binders Rennen schon an diesem Zeitpunkt zu Ende: "Leider hatte ich dann an der Box ein Problem, als ich den Gang an meinem Bike nicht einlegen konnte. Da habe etwa 3 oder 4 Sekunden verloren." Deutlich zurückgeworfen wollte der Südafrikaner eine Aufholjagd starten, und übertrieb es dabei: "Als ich wieder auf die Strecke fuhr, war ich recht weit hinten, also pushte ich hart, um wieder aufzuholen. Leider hat die Front am Eingang zu Kurve 3 blockiert und das wars dann. Es war leider das Ende meines Rennens."

Der sonst so konstante Binder musste durch den Sturz den vierten Nuller des Jahres hinnehmen. Zum Vergleich: In den letzten beiden Jahren zusammen verfehlte die KTM-Speerspitze die Punkte nur zweimal. Damit hat Binder 2023 nun genauso viele Nullnummern wie sein neuer Teamkollege Jack Miller. Der Australier holte sich im abgebrochenen Rennen in Japan den sechsten Platz und damit sein bestes Ergebnis seit dem Rennen am Sachsenring Mitte Juni.

Miller enttäuscht: Rote Flagge verhindert Aufholjagd

Dennoch war 'Thriller Miller' alles andere als glücklich. Er hatte sich eine Strategie zurechtgelegt: "Es war ein Flag-To-Flag-Rennen und ich wechselte das Bike. Ich versuchte die Reifen mit dem sanftesten Motormapping zu schonen. Alle Jungs gingen an mir an den Kurvenausgängen vorbei. Aber es waren noch eine Menge Runden auf der Uhr, es wären 15 gewesen, bei der vollen Renndistanz. Also versuchte ich, meinen Reifen aufzusparen." Doch sein Angriff in der zweiten Rennhälfte wurde früh gestoppt: "Als es dann wirklich stärker zu regnen begann, war mein Reifen noch in gutem Zustand. Ich holte auf die Führenden auf, aber dann kam die rote Flagge."

Jack Miller schonte zunächst seine Reifen, Foto: LAT Images
Jack Miller schonte zunächst seine Reifen, Foto: LAT Images

"Ich bin enttäuscht. Ich wäre gerne einen Restart gefahren, ich fühlte mich gut. Immerhin sind wir sitzen geblieben", gab sich Miller konsterniert. In Richtung der Rennleitung schoss der KTM-Pilot aber nicht: "Es war eine Entscheidung, die aus Sicherheitsgründen getroffen wurde, und natürlich akzeptieren wir das." Die Enttäuschung über den Sonntag auszublenden, fiel schwer, doch Brad Binder versuchte es dennoch. Er kündigte angesichts der Leistungen im Trockenen einen KTM-Gegenangriff an: "Generell haben wir einen positiven Schritt nach vorne gemacht an diesem Wochenende. Wir werden diese Scharte bei den kommenden Grand Prix auswetzen."