Valentino Rossi oder Jorge Lorenzo? Im Vorjahr war das die Frage nach dem neuen MotoGP-Weltmeister, in dieser Saison ist es zumindest die nach der Nummer eins bei Yamaha. Gut möglich, dass die beiden großen Dominatoren von 2015 aber auch in diesem Jahr wieder um die Krone der Königsklasse kämpfen. Dafür spricht ihr fahrerisches Talent und ihr Arbeitsgerät. Es ist aber auch ein hochexplosives Duell. Das erwartet Yamaha 2016:

Die Fahrer: Lorenzo & Rossi

Jorge Lorenzo: Er ist wohl der Mann, den es 2016 zu schlagen gilt. Mit dem Selbstvertrauen des amtierenden MotoGP-Weltmeisters und mehreren Testbestzeiten im Rücken geht Jorge Lorenzo in die neue Saison. Die Umstellung auf Reifen von Michelin und die neue Einheitselektronik scheinen ihm keinerlei Schwierigkeiten bereitet zu haben, der wenig anpassungsfähige Lorenzo der vergangenen Jahre ist Geschichte. Was den reinen Speed betrifft, kann aktuell wohl über eine ganze Saison gesehen niemand mit dem Titelverteidiger mithalten. Lediglich im Zweikampf ist Lorenzo zu brechen.

Valentino Rossi: Was soll man über einen Mann noch sagen, der seine 21. Saison in der Motorrad-Weltmeisterschaft bestreitet und im Vorjahr nur um ein Haar seinen zehnten WM-Titel verpasste? Klar ist eines: Valentino Rossi muss man immer auf der Rechnung haben. Dass er immer wieder zu Dingen im Stande ist, die ihm kaum jemand zutraut, haben die letzten Jahre hinlänglich bewiesen. Im Zweikampf ist Rossi immer noch ein Tier, vielleicht der beste Fahrer der Welt. Eine große Schwäche wird er aber 2016 ablegen müssen, will er doch noch seinen so lange herbeigesehnten zehnten Weltmeistertitel holen. Rossi muss im Qualifying stärker werden, um vom Beginn des Rennens an um die Spitzenpositionen kämpfen zu können. Möglicherweise spielt ihm die Charakteristik der neuen Michelin-Reifen dabei in die Hände.

Das Motorrad: M1

Im Vorjahr war die M1 das dominierende Motorrad der MotoGP-Klasse. Das Handling des Yamaha-Prototypen ist praktisch makellos. Anbremsen, Kurvenfahrt, Herausbeschleunigen - die Maschine fährt wie auf Schienen. Daran hat sich trotz vereinfachter Elektronik und neuen Reifen nur wenig geändert. Yamaha wagte in der Testsaison einen relativ revolutionären Ansatz und positionierte im neuen Motorrad den Tank im Heck. Rossi und Lorenzo waren von dieser Neuerung aber nur wenig begeistert und werden 2016 beide auf eine Hybrid-Version zwischen der neuen Maschine und dem Modell aus dem Vorjahr setzen.

In der bevorstehenden Saison wird man die Yamaha M1 auch wieder mit den bereits bekannten Flügeln sehen. Im Vergleich zur Vorsaison hat sich das Design der Winglets etwas verändert, sie sind nun deutlich größer und ziehen sich an der Front weiter nach vorne. Die Montageposition ist gleich geblieben. Derzeit ist es nur Lorenzo, der wirklich Gefallen an den Winglets findet. Rossi verzichtete bei den Testfahrten vollkommen darauf, die Flügel an sein Bike zu montieren und wird diesem Weg voraussichtlich auch treu bleiben.

Yamaha 2016: Die Brennpunkte

Die Pilotenpaarung Valentino Rossi und Jorge Lorenzo ist ein fahrendes Pulverfass. Da helfen auch wiederholte Beteuerungen seitens des Teams und der Fahrer, in denen erklärt wird, wie gut die Beziehung der beiden Stars nicht sei, wenig. Wie angespannt die Situation ist und das schon Kleinigkeiten ausreichen, um bei Yamaha wieder eine Eiszeit wie in der ersten gemeinsamen Ära von Rossi und Lorenzo beginnen zu lassen, zeigte sich im Saisonfinale 2015. Lorenzo erklärte nach Sepang, er habe jeglichen Respekt für Rossi verloren. Bis zur Präsentation der neuen M1 im Januar sprachen die beiden Rivalen kein Wort miteinander. Kämpfen sie 2016 erneut um den Weltmeistertitel, ist eine ähnliche Eskalation nicht ausgeschlossen.

Die Kunden: Tech 3

Auf das Yamaha-Satellitenteam Tech 3 könnte eine ganze schwierige Saison zukommen. Die acht Werksmaschinen von Honda, Ducati, Suzuki und eben auch Yamaha selbst werden nur ganz schwer zu schlagen sein, hinzu kommen die Satelliten-Ducatis bei Pramac und Avintia, die 2016 über eine ordentliche Pace zu verfügen scheinen. Dementsprechend weit hinten waren die Tech-3-Piloten Pol Espargaro und Bradley Smith auch bei den Testfahrten zu finden. Zu mehr als Rang neun für Espargaro in der kombinierten Zeitenliste von Phillip Island reichte es nicht. Im Rennstall von Herve Poncharal muss man 2016 wohl kleinere Brötchen backen.

Prognose für 2016

Motorsport-Magazin.com meint: Yamaha geht mit dem Anspruch in die Saison 2016, die drei Titel in der Fahrer-, Konstrukteurs- und Teamwertung zu verteidigen. Es ist durchaus möglich, dass das gelingt. Mit Jorge Lorenzo und Valentino Rossi verfügt Yamaha wohl nach wie vor über die stärkste Fahrerpaarung und mit der M1 vermutlich auch über das beste Motorrad im Feld. Lorenzo wird mit großer Wahrscheinlichkeit um den WM-Titel kämpfen, Rossi könnte ihm in diesem Kampf durchaus Gesellschaft leisten. Zum Spielverderber in einer Titelschlacht gegen andere Fahrer und Hersteller könnten aber interne Grabenkämpfe werden.