Es gab ja durchaus zahlreich bekundeten Frust, quasi MotoGP-Verdauungsstörungen, nach dem unwürdigen Ende der eigentlich grandiosen Saison 2015. "MotoGP kann mich mal!" "Ich guck das nicht mehr!" Nur zwei formulierte Meinungen nach dem Scharmützel auf und neben der Strecke zwischen der 46 und der 93. Dabei war die letzte Saison doch echt lecker. Und was ein echter MotoGP-Fan ist, wird den Saisonauftakt nicht verpassen. Auch schon allein, um zu erleben, wie die Fehde zwischen Valentino Rossi und Marc Marquez so weiter geht. Auf und neben der Strecke. Gemeinsam werden die beiden garantiert nie wieder dinieren. Zumal VR46 rechtzeitig vor dem ersten Rennen gleich noch mal die verbalen Samurai-Klingen raus geholt hat. "Unser Verhältnis wird nie wieder gut" oder "Ich denke gar nicht dran, Marquez die Hand zu geben!" Er wusste halt schon immer die Klaviatur des Medienpianos zu spielen. Ganz wichtig, wenn es stimmt, dass er "sehr wahrscheinlich weiter fährt!" Was uns alle freuen würde. Denn ganz ehrlich, MotoGP ohne Vale wäre wie Pasta Bolognese ohne Hackfleisch. Dabei bestünde auch ganz ohne verbalem Krieg der beiden Champions berechtigte Hoffnung auf eine mindestens so spektakuläre Saison wie die 2015 gesehene. Für mich war es die unterhaltsamste überhaupt. Und zwar auch sportlich.

Elektronik und Reifen verleihen neue Würze

Und jetzt? Allein schon durch die neuen Michelin-Reifen kommt ein neues Gewürz in der MotoGP-Küche zum Einsatz. Und dann als ganz neues Topping auch noch die Einheitselektronik. Herrlich. Aus der Motorsport-Sterne-Küche MotoGP könnte mit dieser neuen Speisekarte ganz schnell nie erlebte Molekularküche werden. Mit ganz neuen Geschmacksexplosionen. Siehe Maverick Vinales. Es braucht kein Talenttrüffelschwein um jetzt schon zu behaupten, das aus den 'Fab Four' bald die unglaublichen Fünf werden. Oder Ducati. Neue Stärke mit neuem Selbstbewusstsein und einem Casey Stoner als Testfahrer-Geheimwaffe. Nach dem schon 2015 die MotoGP von der halben Formel 1 zum besten Rennsport erklärt wurde, sind die Zutaten für 2016 noch exquisiter. Während die Vierradkönigsklasse weiterhin wie aufgewärmte Tiefkühlkost daher kommt, sind der Frischegrad und die spezielle Menüfolge der MotoGP dazu angetan, dass einem Gourmet schon seit Beginn der ersten Testfahrten das Wasser im Munde zusammen läuft.

Der Katar-GP war 2015 mit dem Duell Rossi gegen Dovizioso ein echter Knüller, Foto: Milagro
Der Katar-GP war 2015 mit dem Duell Rossi gegen Dovizioso ein echter Knüller, Foto: Milagro

Was auch an den Vorspeisen Moto3 und Moto2 liegt. Oder kann sich jemand dran erinnern, wann es das letzte Mal einen MotoGP-Rennsonntag gab, an dem nicht mindestens eins der drei Rennen ein echter Knüller war? Ich nicht. Zumal gerade aus deutscher Sicht mit Philipp Öttl in der Moto3 und den Herren Sandro Cortese, Jonas Folger und Marcel Schrötter in der Moto2 berechtigte Hoffnungen bestehen, konstant Top-Ergebnisse zu erleben. Denn diese wird es von Stefan Bradl in der MotoGP wohl kaum geben. Nicht geben können, da Aprilia sich unverständlicherweise zu Testfahrten im Rennen vor der Weltöffentlichkeit entschieden hat. Der Suzuki- oder KTM-Weg scheint da vielversprechender. Trotzdem wird Stefan Bradl glänzen müssen. Um den Teamkollegen Bautista regelmäßig zum Frühstück zu verputzen. Auch wenn es schwer verdaulich ist - genau das ist notwendig, um MotoGP-Fahrer zu bleiben. Denn zu allen schon genannten Argumenten kommt auch noch die Tatsache, dass fast alle Verträge der Stars auslaufen.

Transfer-Hick-Hack zum Drüberstreuen

Also zu aller Spannung im sportlichen und technischen Bereich auch noch Transferpolitik. Wahnsinn, zumal ja jetzt schon diskutiert wird, wer zu welchem Team wechselt. Vor dem ersten Rennen! Bedeutet für uns Fans Leistung auf höchstem Niveau. Und das gilt für alle. Für die Stars aus der MotoGP genauso wie für Stefan Bradl und auch für die vier Hoffnungsträger aus deutschen Landen in den kleinen Klassen. Klingt nicht nach einem Fünf-Gänge-Menü, sondern eher nach einem Zehn-Gang-Degustationserlebnis.

Stefan Bradl kämpft 2016 um den Verbleib bei Aprilia, Foto: Aprilia
Stefan Bradl kämpft 2016 um den Verbleib bei Aprilia, Foto: Aprilia

Alle Deutschen stehen dabei unter Druck. Bradl will MotoGP-Fahrer bleiben, Folger den endgültigen Sprung in die Weltklasse schaffen, Dream-Team-Kollege Cortese muss zurück in die Weltspitze, Schrötter ebenfalls endlich da hin und auch Philipp Öttl muss konstant Top-Platzierungen zeigen. Von Bradl mal abgesehen verfügen die anderen Deutschen allesamt über echtes Designer-Besteck zur Erledigung ihrer persönlichen Menüfolge. Technische Ausreden darf es also keine mehr geben.

Aber das Schöne an solch einer einmaligen Speisekarte ist ja, dass es auch immer wieder Überraschungen geben kann. Vielleicht hat Aprilia ja insgeheim das richtige Rezept gefunden? Vielleicht zeigen gleich alle drei Deutschen im Moto2-Zwischengang den zahlreichen Rivalen eine lange Nase, weil sie die ersten bei der Bestellung waren? Und vielleicht fährt der junge Öttl eine ganze Saison so, wie vor zwei Jahren in Aragon. Nämlich mitten in der Weltelite. Fakt ist: Monatelang wurde gerätselt was 2016 auf den Tisch kommt. Jetzt knurren die Mägen und die Moto GP-Welt steht kurz vor der Erlösung. Endlich wieder Futter. Endlich wieder das Beste, was die Motorsportküchen der Welt je fabriziert haben. Es wird ein grandioser Abend, Sonntag in Katar. In diesem Sinne. Es ist angerichtet. Guten Appetit!