In der letzten Saison war das Kräfteverhältnis in der MotoGP klar verteilt. Yamaha dominierte vor allen anderen. Honda konnte zwar nicht ganz mit den Fahrern und der Maschine des Konkurrenten mithalten, stach Ducati und Suzuki aber immer noch deutlich aus. Bei den den Winter-Tests hat sich das Kräftegleichgewicht jetzt schon verschoben. Mit Einheits-Elektronik und den neuen Reifen ist der Vorteil der einst Dominierenden geschrumpft. Nach den ersten Tests des Jahres scheint für die Saison 2016 alles möglich zu sein.

Weltmeister Jorge Lorenzo stellte bereits zu Beginn der Testfahrten auf Phillip Island fest, dass sich das Kräfteverhältnis in der kommenden Saison gewaltig ändern könnte. "Es wirkt fast so, als würde die neue Elektronik die Leistung des Motorrads auf jeder Strecke verändern. Damit hätte ein Team an einem Wochenende einen Vorteil und am nächsten ein anderes", so Lorenzo. Besorgt ist der Spanier natürlich vor allem um seinen eigenen Vorteil. Bei den ersten Tests des Jahres in Sepang schnitt Lorenzo noch bedeutend besser ab als in Down Under. An zwei Tagen schnappte sich Lorenzo dort die Bestzeit, auf Phillip Island kein einziges Mal.

Auch Teamkollege Valentino Rossi schnitt in Sepang wesentlich besser ab als bei den letzten MotoGP-Tests in Australien. Am ersten und dritten Tag wurde Rossi Zweiter, am zweiten Tag landete er immerhin in den Top Sechs. Zwar gelang Rossi das auch in Phillip Island, aber an die Ergebnisse der ersten Tests kam der Doktor nicht heran. Deshalb schließt sich Rossi der Meinung seines Teamkollegen an: "In jedem Rennen werden in diesem Jahr durch die Einheitselektronik und die neuen Reifen andere Werke vorn sein", ist sich Rossi sicher. "Auf jeder Strecke wird es ein anderes Leistungsniveau geben."

Maverick Vinales war auf Phillip Island schon immer schnell, Foto: Suzuki
Maverick Vinales war auf Phillip Island schon immer schnell, Foto: Suzuki

Suzuki legt in Australien vor

Einen Indiz für die Richtigkeit der Aussagen von Rossi und Lorenzo lieferte Maverick Vinales auf Phillip Island. An allen drei Tagen schaffte er es mindestens in die Top Zwei, einmal sogar bis an die Spitze der Zeitenliste. In Malaysia kam er über Rang zehn nicht hinaus. Grund dafür ist laut Vinales vor allem die Strecke. "Ich kann auf diesem Kurs eine tolle Linie fahren und war deshalb schon immer schnell." Doch die Strecke allein bringt einen Fahrer nicht an die Spitze der Zeitnahme. "Du bist nicht schnell, wenn dein Motorrad nicht funktioniert", stellt Vinales fest.

So geschehen in Malaysia. Auf dem Sepang Internation Circuit tat sich Vinales eher schwer, gute Rundenzeiten zu fahren. Über eine 2:01.244 kam der Suzuki-Pilot in diesen drei Tagen nicht hinaus. Das würde für die von Rossi und Lorenzo angesprochene Leistungsverschiebung sprechen. Dazu kommt, dass man bei Konkurrent Ducati das genaue Gegenteil sieht. In Sepang waren die Roten im Vorteil. Bei Suzuki kämpfte man mit der Traktionskontrolle und litt unter dem Fehlen eines Seamless-Getriebes, bei Ducati hatte man dank Stoners Tests einen kleinen Vorteil.

Malaysia: Ducati hoch im Kurs

Aber nicht nur Ausnahmetalent Stoner schlug sich in Sepang hervorragend. Sogar die Kunden-Ducati reichte für Danilo Petrucci am zweiten Tag für den ersten Rang und eine 2:00.095. Andrea Iannone landete an diesem Tag auf der Werks-Ducati auf Rang acht, an Tag eins sogar auf dem fünften Platz. Weit dahinter, auf den Plätzen elf und 16 rangierten die Suzuki-Piloten Vinales und Aleix Espargaro.

Woher diese vermeintliche Verschiebung der Kräfte kommt, können nicht mal die Fahrer erahnen. Für Rossi ist es nur wichtig, schnellstmöglich eine Erklärung zu finden. "Damit wir verstehen können, wie so etwas passieren, ist es wichtig, dass wir auf verschiedenen Strecken testen."