Dem MotoGP-Paddock stockte geschlossen der Atem, als Loris Baz nach gut 40 Minuten am zweiten Testtag in Sepang abflog. Der Avintia-Pilot war mit seiner Ducati gerade im zweiten Run und wollte eine schnelle Runde starten, als ihm auf der Start-Ziel-Geraden bei 290 Stundenkilometern der Hinterreifen explodierte. Baz wurde von seinem Motorrad geschleudert und schlug hart auf dem Asphalt auf. Mehrere hundert Meter rutschte er über den Asphalt, ehe er am Streckenrand zu liegen kam. Wie durch ein Wunder stand Baz sofort auf und kam mit einer leichten Prellung des rechten Ellenbogens davon. Wenige Stunden später saß er schon wieder am Motorrad und spulte fleißig Testkilometer ab.

Noch vor wenigen Jahren wäre sein Unfall wohl nicht so glimpflich ausgegangen. Dass Baz ohne schwerere Verletzungen wie etwa Knochenbrüche davongekommen ist, verdankt er nämlich einem noch relativ neuen System - dem Airbag für Motorradpiloten. Das System wurde vom italienischen Hersteller Dainese entwickelt und 2008 erstmals in der MotoGP eingesetzt. In der Folge wurde, auf Bitte des Motorradweltverbands FIM und Promoter Dorna, das Know How für die Entwicklung eines Airbag-Systems von Dainese an andere Unternehmen weitergegeben, darunter Baz' Ausstatter Alpinestars.

Baz nur 60 Millisekunden ohne Schutz

Jede Auslösung des Airbags wird genauestens dokumentiert, Motorsport-Magazin.com liegen die Daten von Baz' Crash vor. Sie sind beeindruckend. 1,9 Sekunden nachdem der Hinterreifen geplatzt war und Baz die Kontrolle über seine Ducati verlor, wurde er von der Maschine abgeworfen. Mittels mehrerer in der Lederkombi verarbeiteter Sensoren erkennt das System in solchen Momenten einen schweren Crash und löst den Airbag aus, bei harmlosen Ausrutschern geschieht das nicht. Nur 60 Millisekunden nach Baz' Abwurf war der Airbag bereits gefüllt und schützte ihn so beim Aufprall.

Foto: Alpinestars
Foto: Alpinestars

Dieser fiel bei 290 Stundenkilometern dementsprechend brutal aus. Baz schlug mit seiner linken Schulter zuerst ein. Dabei wirkten auf seinen Körper exakt 29,9g, also fast das 30-fache seines Körpergewichts. Bei 79 Kilogramm Körpergewicht, die der mit 191 Zentimetern größte Fahrer der MotoGP auf die Waage bringt, macht das 2.362 Kilogramm - eine unvorstellbare Gewalt. Nach dem ersten Aufprall rutschte Baz noch genau 6,6 Sekunden über den Asphalt der Start-Ziel-Geraden und legte dabei mehrere hundert Meter zurück. Das überstand die Lederkombi ohne gröbere Defekte. Nach insgesamt 8,5 Sekunden vom Reifenplatzer bis zum Stillstand war Baz Horrorcrash vorbei.

Reifendrucksensor nun vorgeschrieben

Die Ursache für den Reifendefekt ist nach wie vor unklar. Michelin zog die weichere Reifenmischung, auf der Baz unterwegs war, sicherheitshalber vorerst aus dem Verkehr. Vermutet wird, dass ein etwas zu geringer Luftdruck im Hinterreifen in Kombination mit Baz' relativ hohem Körpergewicht von 79 Kilogramm zum Platzer führte. Ein Defekt, der freilich dennoch nie passieren dürfte. Als erste Reaktion von FIM und Dorna wurde am Freitag bei einem Meeting der Grand Prix Commission, welcher auch Vertreter der Teamvereinigung IRTA und des Herstellerbundes MSMA angehören, die verpflichtende Einführung von Reifendrucksensoren beschlossen.