Yamaha-Pilot Jorge Lorenzo wollte vor dem Saisonstart in Katar einen ungewöhnlichen Weg einschlagen. Obwohl er mit der M1 das wohl zweitstärkste Bike im Feld fährt, das mit einer ähnlich ausgefeilten Elektronik wie der Klassenprimus Honda RC213V ausgerüstet ist, wollte er freiwillig auf die Vorteile seines Arbeitsgeräts verzichten. Der Grund dafür? Lorenzo sah in einem Wechsel aus der Factory- in die Open-Klasse seine große Chance. Vier Liter mehr Sprit im Rennen sowie der weichere Hinterreifen sollten ihm den entscheidenden Vorteil gegenüber der Konkurrenz rund um Weltmeister Marc Marquez bringen.

Sein Arbeitgeber Yamaha machte ihm aber einen Strich durch die Rechnung. "Ich wollte die Open-M1 testen, aber Yamaha hat es mir nicht erlaubt, weil sie auf jeden Fall mit dem Factory-Bike fahren wollen. Wenn die Entscheidung für sie feststeht, hat es auch keinen Sinn eine andere Maschine zu probieren. Meiner Meinung nach hat die Open-Klasse momentan zwar mehr Potential, aber ich bin Yamaha-Pilot und werde das Motorrad fahren, das sie mir geben", gab sich Lorenzo im Gespräch mit MCN.

Yamaha gibt nicht nach

Nun bezog auch Yamaha-Boss Lin Jarvis zu der Angelegenheit Stellung. Er zeigte zwar Verständnis für die Wünsche seines Piloten, begründete aber auch die strikte Vorgehensweise des Herstellers: "Viele Fahrer waren von der Performance mancher Open-Bikes überrascht. Die Piloten haben natürlich nur ein Ziel vor Augen und das ist, zu gewinnen. Dadurch fehlt ihnen manchmal aber auch der nötige Weitblick. Sie sehen nur die guten Testzeiten, fragen sich aber nicht, wie es in zwei Monaten aussehen könnte. Es ist aber natürlich verständlich, dass sie es versuchen wollen. Es ist ihre Aufgabe, uns zu pushen. Der Job eines Ingenieurs ist es aber, strategisch vorauszudenken und zu überlegen, welche Probleme das möglicherweise mit sich bringen könnte."

Jarvis wollte außerdem den bei den Testfahrten und Freien Trainings sichtbaren Vorteil der Open-Bikes relativiert wissen. "Der weiche Reifen ist sicherlich ein großer Vorteil, aber es wird nicht einfach sein ihn im Rennen zu nutzen. Für ein gutes Resultat sind deutlich mehr Dinge entscheidend als nur gute Testzeiten. Wir haben uns für den Start in der Factory-Klasse entschlossen und sehen keinen Grund, warum wir das ändern sollten", stellte der Brite klar.