Jetzt liegt mein erstes Formel-1-Rennen also schon ein paar Tage hinter mir, ich bin inzwischen in Sydney angekommen, wo ich die Zeit bis zum Australien GP verbringen werde. Ich war dort noch nie, und das hat mich schon sehr gereizt, mir diese faszinierende Stadt mal ein bisschen näher anzuschauen. Aber nebenbei werde ich natürlich auch weiter trainieren, außerdem bin ich die ganze Zeit telefonisch mit meinen Ingenieuren in Kontakt, die ja jetzt unheimlich hart weiter arbeiten, damit wir in Melbourne mit einer wesentlich besseren Ausgangsbasis an den Start gehen können als noch in Bahrain, dass es nicht mehr in erster Linie darum gehen muss, alles zum Laufen zu bringen und am Laufen zu halten, sondern dass wir schon mal ein bisschen darauf schauen können, näher an die anderen heranzukommen.

Ich bin überzeugt davon, dass es bei uns bei HRT F1 Hispania auch auf die Schnelle noch Steigerungsmöglichkeiten im Sekundenbereich gibt, wenn wir erst mal dazukommen, richtig an der Abstimmung zu arbeiten und alle Systeme dafür auch richtig laufen. Im Rennen in Melbourne war das Auto zumindest in den langsamen Kurven schon einigermaßen, in den schnellen hatte ich allerdings viel zu viel Untersteuern, was extrem auf die Reifen ging.

Sennas Auto wurde von einem Pfennigteil gestoppt., Foto: Sutton
Sennas Auto wurde von einem Pfennigteil gestoppt., Foto: Sutton

Dadurch, dass wir aus der Boxengasse gestartet sind, hatten wir zwischen Samstag und Sonntag noch ein bisschen etwas am Auto, vor allem im Feder- und Aufhängungsbereich, verändern können - und das hatte schon etwas gebracht. Trotzdem habe ich nie wirklich gepusht, es ging darum, die Reifen zu schonen, auf Nummer sicher zu gehen, und so weit wie möglich zu kommen. Unseren ersten Boxenstopp haben wir dabei auch einigermaßen anständig über die Bühne gebracht, obwohl er natürlich deutlich langsamer war als bei den anderen. Aber man muss bedenken, dass es ja vorher nie die Zeit gab, das mal zu üben. Im übrigen war das auch wirklich nicht ganz so wichtig, ob wir da noch ein paar Sekunden mehr oder weniger verlieren - wie gesagt, das ganze Wochenende konnte und sollte im Prinzip nichts anderes als ein Test sein.

Deshalb war es wirklich schade, dass ich nicht noch weiter gekommen bin als 18 Runden - wir hätten jeden zusätzlichen Kilometer dringend gebrauchen können. Von den Dingen, von denen man vielleicht befürchtet hat, dass sie kritisch werden könnten, Hydraulik, Kabelisolierungen zum Beispiel, haben alle gehalten. Und dann muss so eine Metallschelle, die einen Wasserschlauch am Kühler hält, kaputtgehen, so dass der Schlauch abfällt, ein Fünf-Cent-Teil...

Das war schon frustrierend, aber so etwas passiert halt. Mit der Hitze von meinem Sitz, die mir am Freitag noch zu schaffen gemacht hat, wäre ich am Sonntag im übrigen schon auch über eine längere Distanz klargekommen. Das Grundproblem ließ ich zwar auf die Schnelle nicht abstellen, aber mit ein paar Kühlelementen im Rücken konnten wir das schon so weit in den Griff bekommen. Ein bisschen unangenehm war noch, dass das Cockpit etwas eng ist, so dass ich beim Fahren seitlich mit den Ellbogen anschlage - aber auch das sollte bis Melbourne zu verbessern sein.

Das Debriefing nach dem Rennen hat trotz der nur 18 Runden über zweieinhalb Stunden gedauert. Das lag zum Teil auch daran, dass unsere Telemetrie noch nicht komplett funktioniert, wir haben bei weitem noch nicht so viele Daten wie es in der Formel 1 allgemein üblich ist. Da müssen überall noch die Programme geschrieben, die entsprechenden Sensoren zum Funktionieren gebracht werden. Für das erste Rennen war einfach alles, was nicht absolut essentiell war, um das Auto fahren zu lassen, aus Zeitgründen hinten angestellt worden.

Aber bis Melbourne sollten wir auch da schon deutlich besser aufgestellt sein. In Bahrain mussten wir halt noch jede Kurve einzeln von Hand durchgehen, ich musste versuchen, mit meinen Aussagen die fehlenden Daten so weit wie möglich zu ersetzen - ich hoffe und glaube aber, dass die Ingenieure mit den Informationen, die ich ihnen geben konnte, ganz zufrieden waren, und dass ich dem Team so ein bisschen etwas zurückgeben konnte für den unglaublichen Einsatz, den alle in den letzten Wochen und an diesem Wochenende gezeigt haben.

Bruno Senna hat sein erstes F1-Rennwochenende hinter sich., Foto: Sutton
Bruno Senna hat sein erstes F1-Rennwochenende hinter sich., Foto: Sutton

Da haben wirklich alle Beteiligten einen unglaublichen Job gemacht. Dass wir es überhaupt geschafft haben, ab der ersten Session am Freitag dabei zu sein, am Sonntag mit beiden Autos am Start zu stehen, das war unter den gegebenen Voraussetzungen eine fantastische Leistung von allen, angefangen natürlich von Colin Kolles. Die Mechaniker haben Nächte durchgearbeitet, kaum geschlafen - sensationell, was da in kürzester Zeit auf die Beine gestellt wurde.

Und auch alle anderen rundum, zum Beispiel auch die PR-Leute, die ja auch ziemlich ins kalte Wasser geworfen wurden, für die die Formel 1 auch Neuland war, haben sich unheimlich schnell eingewöhnt und mich toll betreut und unterstützt. Vor allem, weil beim Saisonauftakt ja noch eine ganze Menge zusätzlicher Termine und Events ansteht, FIA-Fotos, FIA-Tests, PR-Aktionen, ist das logistisch gar nicht so einfach - da wird der Zeitplan ganz schön eng.

Am Donnerstag habe ich mich zum Beispiel per Internet-Videoverbindung der Präsentation meines neuen Sponsors, der Investmentbank Cruzeiro do Sul in Brasilien zugeschaltet, wo auch meine Mutter Viviane vor Ort war. Und wenn mal was noch nicht gleich so perfekt gewesen sein sollte - wir sind schließlich alle noch ganz am Anfang. Wir haben aber eine sehr gute Basis und ich bin überzeugt, dass wir alle zusammen, das ganze Team, immer mehr lernen und uns weiter entwickeln werden.

Im Moment bin ich einfach nur froh und glücklich, dass alles doch noch so geklappt hat, dass ich jetzt wirklich in der Formel 1 angekommen bin. Wenn man im Auto sitzt, hat man allerdings gar keine Zeit dazu, über so etwas nachzudenken, da irgendwelche Emotionen aufkommen zu lassen. Da ging es nur darum, so schnell und präzise wie möglich alle Programme und Vorgaben abzuarbeiten, keinen Fehler zu machen, alles so perfekt wie möglich zu erledigen.

Das wird auch in Melbourne noch die Hauptaufgabe sein, mehr, als nun unbedingt ständig das letzte Zehntel aus dem Auto herauszuquetschen und dabei vielleicht große Risiken einzugehen. Die Strecke von Melbourne kenne ich ja ein bisschen, ich bin da 2006 im Rahmenprogramm zum Grand Prix vier Rennen in der australischen Formel 3 gefahren - und habe drei davon gewonnen, meine ersten Rennsiege in meiner Karriere überhaupt damals. Ich habe Melbourne also in guter Erinnerung.

Ich kann mich vor allem noch an die vielen Bodenwellen erinnern, dass werde ich mir, wenn ich am Dienstag in Melbourne ankomme, in den Tagen vor dem ersten Training noch einmal ganz genau anschauen. Generell glaube ich aber, dass wir dort eben schon wesentlich besser vorbereitet am Start sein werden. Natürlich ist es noch sehr viel Arbeit, die vor dem Team liegt - man muss ja sehen, dass man normalerweise an einem ganzen Rennwochenende nicht viel mehr fährt als an einem einzigen Testtag. Insofern sind wir in den drei Tagen in Bahrain schon ein ganzes Stück weiter gekommen, wenn es jetzt in dem Tempo weiter geht auf dem Weg nach vorne, können wir alle zufrieden sein - und dann in ein paar Wochen, in ein paar Rennen auch mal richtig angreifen.