Nach seinem Abflug bei Tempo 220 am Vormittag hatte Lucas di Grassi den ganzen restlichen Donnerstag in Barcelona unfreiwillig frei. Eine Chance für ein Gespräch mit dem Brasilianer, der in Bahrain sein Formel-1-Debüt feiern wird.

Dein Crash war ziemlich heftig, was ist da genau passiert?
Lucas di Grassi: Wir haben, um auch im Zusammenhang mit unseren Hydraulikproblemen, gewisse Kontrollprozesse zu durchlaufen, mit Differentialeinstellungen gearbeitet, von denen wir im Prinzip vorher wussten, dass sie das Auto mal nicht gerade leichter fahrbar machen würden, die man aber eben braucht, um gewisse Prozesse abzuarbeiten. Und dann ist genau so was passiert, obwohl ich in der Kurve acht Stundenkilometer langsamer war als zuvor, ist das Auto ganz plötzlich in der Mitte der Kurve völlig instabil geworden, "snap overstear", ich hatte keine Chance, noch irgendwas zu machen, ich habe das Heck verloren - und bin dann halt so halb seitlich eingeschlagen, dass ich beide Flügel und auch die Aufhängungen beschädigt habe. Ich selbst habe mir nicht wehgetan, das größte Problem an der Sache ist die Zeit, die wir dadurch wieder verloren haben...

Di Grassis Auto nahm einiges an Schaden., Foto: Sutton
Di Grassis Auto nahm einiges an Schaden., Foto: Sutton

Zeit, die ihr dringend bräuchtet....
Lucas di Grassi: Natürlich, bei diesen wenigen Testtagen wäre jede Minute wichtig. Vor allem natürlich, um unsere Hydraulikprobleme auszusortieren. Aber wir sind da auf einem guten Weg, es ist hier schon wesentlich besser und ich bin sehr optimistisch, dass wir das bis Bahrain im Griff haben werden.

Ihr hattet auch andere Zuverlässigkeitsprobleme - in Jerez ist ein Flügel weggebrochen. Verunsichert dich das nicht ein bisschen, dass die Konstruktion eines Autos rein am Computer, ohne Windkanal, vielleicht doch zusätzliche Risiken bringt?
Lucas di Grassi: Nein, das kann man nicht so sehen. Das ist jetzt halt einmal passiert, das Team ist auch noch dabei, herauszufinden, was das eigentlich wirklich war, eine Frage der Konstruktion an sich oder ein Materialfehler. Aber solche Dinge passieren nun mal im Rennsport, egal, wie ein Auto entstanden ist.

Traust du Euch zu, am Ende das beste der neuen Teams zu werden?
Lucas di Grassi: Ja, ich denke auf jeden Fall, dass wir das Potenzial und die Struktur dafür haben. Es kommt darauf an, gemeinsam so schnell wie möglich zu lernen, alles optimal umzusetzen. Aber wir sollten die Möglichkeiten haben, ich vertraue da voll auf die Kompetenz unserer Leute, von Nick Wirth angefangen.

Lucas di Grassi lässt sich von den Problemen nicht entmutigen., Foto: Sutton
Lucas di Grassi lässt sich von den Problemen nicht entmutigen., Foto: Sutton

Was sind Deine persönlichen Ziele für 2010?
Lucas di Grassi: Ich habe mir erst einmal keine besonderen Ziele in Form von bestimmten Plätzen gesteckt. Das Ziel ist einfach, so schnell wie möglich so viel wie möglich zu lernen, für mich persönlich, aber auch in der Zusammenarbeit mit dem Team, physisch und technisch in der bestmöglichen Verfassung zu sein. Wir müssen alle gemeinsam lernen - das ist das wichtigste. Einerseits ist das vielleicht nicht ganz einfach, als neuer Fahrer in einem neuen Team zu beginnen, andererseits kann es für mich auch von Vorteil sein, weil ich von Anfang auch meine Richtung, meine Wünsche und Vorstellungen mehr in die Zusammenarbeit einbringen kann.

Apropos Zusammenarbeit - wie arbeitest Du mit Timo Glock zusammen, der ja 2007 im Kampf um den Titel in der GP2 dein großer Gegner war?
Lucas di Grassi: Sehr gut. Natürlich werden wir dann in den Rennen auch Rivalen sein, das ist immer so unter Teamkollegen. Aber im Moment ist es das allerwichtigste, dass wir gut zusammenarbeiten, um das Team insgesamt weiterzubringen, und das funktioniert sehr gut. Timo hat viel mehr Erfahrung als ich in der Formel 1, aber wir haben einen ähnlichen Fahrstil, geben den gleichen technischen Response, wollen mit der Entwicklung des Autos in die gleiche Richtung. Das hilft schon mal sehr viel, um schneller vorwärts zu kommen. Wenn die Aussagen der Fahrer abweichen, dann ist ein Team schnell verwirrt, weiß nicht mehr, in welche Richtung man gehen soll.

Wer von euch beiden ist schneller?
Lucas di Grassi: Wir sind bis jetzt so wenig gefahren, da kann man das noch nicht wirklich sagen. In Jerez war Timo zwar vier Zehntel vor mir, aber wenn ich mir die Datenaufzeichnungen anschaue, bin ich zuversichtlich, dass ich eigentlich auf ziemlich gleichem Level bin.