Feuerwerkskörper zischen durch die Luft, Fanfaren tröten im weiten Rund des Motodroms, 120.000 Fans stürmen die Strecke und Michael Schumacher verdrückt Tränen auf dem Podium. Der erste Heimsieg eines deutschen F1-Piloten ist perfekt. "Dieser Sieg ist für mich fast so bedeutend wie mein Weltmeistertitel", sagt Michael strahlend. "Die Emotionen sind im Moment sogar noch tiefer, hier, vor diesem Super-Publikum. Ich finde noch keine Worte, das zu beschreiben. Es ist ein Traum, eigentlich kann man so etwas nicht träumen, das ist Gänsehaut, da kommen einem die Tränen, das ist wie auf Wolke sieben."

Normalerweise hört ein Rennfahrer auf den letzten Runden eines Rennens in sein Auto hinein, lauscht nach jedem seltsamen Geräusch, vermutet hinter jedem ungewöhnlichen Sound einen möglichen Defekt. "Aber in Hockenheim habe ich nur noch den Jubel der Fans und die unzähligen Böllerschüsse gehört. Es war unglaublich!" So unglaublich, dass er es bei seinem zweiten Heimrennen am Nürburgring vor 100.000 Landsleuten gleich noch mal erleben möchte - sogar Titelrivale Damon Hill applaudiert ausgeschieden am Streckenrand, als Michael an Jean Alesi vorbeigeht und dem Sieg entgegenfährt.

Die deutschen Fans feiern Michael Schumacher., Foto: Sutton
Die deutschen Fans feiern Michael Schumacher., Foto: Sutton

Siege gibt es in der Saison 1995 wahrlich reichlich zu feiern. Den ersten gleich beim Saisonauftakt in Brasilien. Michael überrundet alle bis auf den Zweiten David Coulthard. Aber das Jahr beginnt wie das alte geendet hat: mit Diskussionen, Vorwürfen und Disqualifikationen. Benetton und Williams sollen Benzin verwendet haben, das nicht mit dem vor der Saison eingereichten chemischen Fingerabdruck übereinstimmt. Später wird die Disqualifikation zurückgenommen, die Fahrer dürfen ihre Punkte behalten, die Teams erhalten jedoch eine Geldstrafe und keine WM-Punkte für die Konstrukteurswertung.

Auch das Duell gegen Damon Hill lebt 1995 auf, allerdings hat der Brite keine Chance, den Titelkampf erneut bis zum letzten Rennen offen zu halten. Schon beim drittletzten Rennen in Aida sichert sich Michael standesgemäß mit einem Sieg seinen zweiten Weltmeistertitel, krönt sich damit zum bis dahin jüngsten Doppelchampion der F1-Geschichte. 33 Punkte Vorsprung sprechen am Saisonende eine deutliche Sprache. Zwei von vier Saisonausfällen gehen auf das Konto einer Kollision mit Hill. In Großbritannien und Italien landen beide im Aus. Mit neun Saisonsiegen stellt Michael den Rekord von Nigel Mansell ein.

Michael Schumacher eilt im Benetton zum zweiten Titel in Folge., Foto: Sutton
Michael Schumacher eilt im Benetton zum zweiten Titel in Folge., Foto: Sutton

Einer der am meisten beeindruckenden Triumphe gelingt ihm auf seiner Lieblingsstrecke in Spa-Francorchamps. Nach Getriebeproblemen und Wetterkapriolen im Qualifying startet Michael nur von Startplatz 16. Innerhalb von nur 15 Runden pflügt er durch das Feld und sieht erstmals die Boxentafel mit einem großen P1. Dabei hält er sich mit Slicks auf nasser Bahn vor Hill, der mit Regenreifen fährt. "Damon war nicht ganz einverstanden mit der Wahl meiner Linie", lächelt er, "ich fand sie eigentlich ganz gut."

Michaels Manager Willi Weber ist offen für andere Angebote; die Beziehung zu Benetton-Teamchef Flavio Briatore ist in Folge der vielen Streitigkeiten um die Legalität des B194 brüchiger geworden. Ende des Jahres ist die Sensation perfekt: 1996 wartet auf den frisch gebackenen Doppelweltmeister eine neue Herausforderung, ein neues Abenteuer, ein Mythos - Ferrari.

Lesen Sie morgen: Schumachers Karriere - Teil 8: 1996