Contra: Erfahrung ist nicht immer schnell

von Falko Schoklitsch

Wenn Fahrer älter werden, dann kommen sie immer gerne mit der Wein-Metapher. Je älter der Wein, desto besser wird er. Wein kann aber auch leicht ranzig werden, wenn er schlecht gelagert wird und zu alte Flaschen sind höchstens Sammlerstücke, aber nicht mehr wirklich zum Trinken gedacht.

Lösen wir uns jetzt vom Alkohol und schauen uns die Formel 1 an. Mit Sicherheit lässt sich sagen, dass die Jahre Jenson Button nicht geschadet haben, von der Erfahrung her ist er aber auch noch lange nicht zu den Reifsten zu zählen. Da müssen wir schon noch ein paar Lenze dazurechnen, bis wir bei Giancarlo Fisichella und Rubens Barrichello landen - ganz zu schweigen von Michael Schumacher.

Die Jugend jubelt: Vizeweltmeister Sebastian Vettel., Foto: Red Bull
Die Jugend jubelt: Vizeweltmeister Sebastian Vettel., Foto: Red Bull

Und hier zeigt sich auch schon das Dilemma mit der Erfahrung: Älter muss nicht unbedingt immer besser heißen. Adrian Sutil hatte Fisichella bei Force India einigermaßen gut im Griff und Button gegen Barrichello hätte klarer kaum aussehen können. Ross Brawn hatte im Winter damit argumentiert, dass er den erfahrenen Barrichello im Team haben wollte, weil der sicher weniger Fehler mache als ein junger Fahrer wie Bruno Senna. Das war wohl ein kleiner Irrglaube des Genies, auch wenn der Teamchef fest hinter dem Brasilianer stand.

Klar ist nur, die Erfahrung im Kopf bringt auf der Strecke nichts. Wenn es nur darum geht, sie für die Weiterentwicklung des Autos zu nutzen, könnte man ältere Fahrer, die nicht mehr ganz so den letzten Kick bringen, auch zu Beratern machen, obwohl sie selbst natürlich meinen, es noch voll drauf zu haben. Das würde uns dann wohl die eine oder andere hanebüchene Ausrede nach dem nächsten "unverschuldeten" Fehler ersparen.

Pro: Erfahrung macht den Meister

von Stephan Heublein

Schneller, größer, besser - die Superlative sind das Einzige, was in der heutigen Welt noch zählt. Auf den erfolgreichsten GP-Sieger muss ein noch erfolgreicherer folgen, auf den jüngsten Weltmeister ein noch jüngerer. Schließlich sprechen die Milchbubis, die gerade der Formel BMW entwachsen zu sein scheinen, die große Zielgruppe an - und irgendwie muss man auch die Millionen für das Nachwuchsprogramm rechtfertigen.

Die Erfahrung weint - aber Rubens Barrichello holte trotzdem zwei Siege., Foto: Sutton
Die Erfahrung weint - aber Rubens Barrichello holte trotzdem zwei Siege., Foto: Sutton

Zu Saisonbeginn schien die Formel 1 dem Jugendwahn einen Riegel vorgeschoben zu haben: Mit Sebastien Buemi stand nur ein Rookie im Feld. Der Qualität schadete das nicht. Klar, Ausnahmetalente wie Sebastian Vettel beweisen, dass auch junge Fahrer das Zeug haben, um früh in der Königsklasse ihren Mann zu stehen. Aber Ausnahmen bestätigen bekanntlich nur die Regel.

Denn selbst Vettel war vor Fehlern aufgrund von Unerfahrenheit nicht gefeit, das bewies er in Melbourne, Monaco und Istanbul. Gleichfalls stellen erfahrene Recken wie Jarno Trulli, Mark Webber und Nick Heidfeld immer wieder unter Beweis, dass sie in Drucksituationen und wenn sich ihnen die Chance bietet, jederzeit zuschlagen und auf dem Podest stehen können - vor der jungen Garde.

Die feierte in der zweiten Saisonhälfte mit Romain Grosjean, Kamui Kobayashi und vor allem Jaime Alguersuari einen Teilerfolg, aber Grosjean und vielleicht auch Alguersuari werden wir 2010 schon nicht mehr in der Formel 1 sehen. Stattdessen setzt Mercedes dem Jugendwahn endgültig ein Ende und holt Michael Schumacher zurück - mit 41 Jahren wahrlich kein Jungspund mehr. Die Experten von Damon Hill über Eddie Irvine bis Niki Lauda sind sich einig: Einem erfolgreichen Comeback steht das Alter nicht im Weg.