In Japan ist alles anders. Technische Geräte, die noch niemand kennt, Comicfiguren, deren Augen größer als Fußbälle sind, und Karaokebars an allen Ecken und Enden. Fünf Deutschen und einem Schweizer war das alles zu viel. Sie gaben sich als typische Touristen aus und übten reichlich Systemkritik. Da Timo aber für einen japanischen Arbeitgeber auf Reisen ist, musste er sich geschickt aus der Falle herauswinden und verschwand schon, bevor es richtig los ging mit dem Kritisieren.

Timo drückte sich vor der Kritik., Foto: Sutton
Timo drückte sich vor der Kritik., Foto: Sutton

Dafür legte Nico gleich ein Pfund vor: "Der Grund ist, dass im System ein Fehler drin ist." Punkt. Wozu Begründungen? Wir sind schließlich hier, um gnadenlos Fehler aufzuzeigen. Dabei konnte Nico den Fehler selbst gar nicht erkennen, weil auf dem Display seiner neuesten elektronischen Errungenschaft, einer Computer-TV-Kombi in Lenkradform, nur wilde japanische Schriftzeichen aufblinkten. "Deswegen konnte ich das gar nicht so einschätzen." Seine Mitstreiter glaubten, dass er dadurch einen Vorteil beim Kritisieren gehabt habe, das sah er jedoch gar nicht so. "Ich habe die Vorgabe fast eingehalten."

Adrian war schon einmal ein Jahr auf Studienreise in Japan. Er hat also Insiderwissen, das er bei der Systemkritik anbringen kann. "Es ist die Frage, was man allgemein ändern sollte", sagt er. Schließlich sei es ziemlich offensichtlich, dass sich die Probleme am Jahresende immer wiederholten. "Ich frage mich halt: Warum? Ich habe da einfach keine Gefahr gesehen und bin deswegen mit Vollgas durch." Immerhin lässt er es gerne krachen und das gefällt den Japanern in ihren wilden Fernsehsendungen sonst doch auch. Daran kann sich Adrian genau erinnern: "Das Fernsehprogramm hältst du nicht aus. Ich habe mir damals viele DVDs zugelegt."

Nico fand den Fehler im System., Foto: Sutton
Nico fand den Fehler im System., Foto: Sutton

Als Schweizer ist Sebastien eigentlich gut geeignet, um eine neutrale Sichtweise auf die Systemkritik zu ermöglichen. Aber weit gefehlt, er geht richtig aus sich heraus: "Ich finde es nicht fair." Sebastien ist vom Gewirr im japanischen Großstadtverkehr genervt. "Ich soll andere Fahrer bei gelb aufgehalten haben, was ist das für eine Begründung?" Aber dann greift doch wieder die Schweizer Mentalität: "Aber dagegen kann man nichts machen. Schade."

Nick ist ein erfahrener Systemkritiker, der schon vom Aussehen her auf die alternative Schiene setzt. Nur hat ihm das in einem so ungewohnten Land nicht viel geholfen. "Mit meiner Leistung bin ich zufrieden, aber das ist leider nicht entscheidend." Irgendwie schien sich alles gegen ihn verschworen zu haben, die einen klauten ihm die Radmuttern aus den Reifen, die anderen pfiffen ihn bei der Kritik hinter den Teamkollegen zurück und dann vermasselte ihm Nicos Systemfehler auch noch den Tag. "Das war nicht gerade die cleverste Entscheidung."

Nach all der Kritik, der schlechten Stimmung und dem Gejammer besann sich Sebastian eines Besseren und sagte dem Kritikerdasein ab. "Zweifel gab es nicht, das wäre die falsche Einstellung", war er fest entschlossen. "Es sah immer gut aus und ich hatte immer alles unter Kontrolle." Noch nicht mal die Erinnerung an die Messfehler des Systems aus der Vergangenheit konnten ihn umstimmen. "Wir haben das gesamte Jahr nicht aufgegeben, warum sollten wir es jetzt tun?"