Eigentlich hatte das Rennen in Barcelona keinen Sieger auf der Strecke. Jenson Button hat zwar zehn Punkte auf sein WM-Konto bekommen, hätte das aber nie ohne taktische Hilfe seines Teams geschafft. Rubens Barrichello war das ganze Wochenende schnell, aber im entscheiden Moment im Rennen zu schwach und nachher nahezu weinerlich. Und Mark Webber war nur deswegen Dritter, weil Sebastian Vettel, der schnellere Red-Bull-Pilot, so lange hinter Massa hing. Aber dennoch gab es eindeutig den Mann des Rennens. Er saß an der Kommandozentrale von Brawn GP.

Ross Brawn brachte das angeschlagene Honda-Team auf Siegkurs., Foto: Sutton
Ross Brawn brachte das angeschlagene Honda-Team auf Siegkurs., Foto: Sutton

Ross Brawn hat einmal mehr sein taktisches Gespür unter Beweis gestellt. Er hat sein bestes Pferd Button mit der Zweistoppstrategie zum Sieger gemacht, als alles eher Richtung Barrichellos Sieg lief. Button weiß, dass er ohne diese Hilfe nie gewonnen hätte. Aber er dürfte auch gespürt haben, dass das Team in den entscheidenden Momenten hinter ihm steht.

"Dieser Sieg gibt mir Selbstbewusstsein für die ganze Saison", meinte Button. Das hat laut Brawn bei Button allerdings auch nicht mehr gefehlt. "Dass Jenson so schnell ist, liegt an dem Glauben und an dem Selbstbewusstsein", sagte Brawn schon am Samstag in Barcelona. "Es gab eine Phase 2008, in der seine Leistungen schwankten, aber wir mussten nur Geduld haben."

Natürlich beinhaltete die Taktik von Barcelona eine gewisse Stallorder. Sie war aber so schlau gewählt, dass selbst Barrichello das nicht wirklich gemerkt hat. Der Brasilianer beklagte sich nach dem Rennen, dass ihm nicht gesagt wurde, warum die Drei-Stopp-Strategie bei Button auf zwei Stopps geändert wurde.

"Aber es gibt bei uns keine Stalloder", sagte Barrichello. "Die Atmosphäre bei uns ist viel freundlicher als bei Ferrari. Und würde ich ein Kommando bekommen, Jenson zu helfen, dann würde ich es nicht akzeptieren." Damit beweist Barrichello selber, wie gut die Rechnung von Brawn aufgegangen ist.

Barrichello konnte sich nur auf die nicht so gut funktionierenden Reifen berufen, als er nach dem Grund für seinen verpassten Sieg gefragt wurde. Auch dieses Verhaltensmuster ist bei Barrichello bekannt. Immer sind die anderen schuld, nie er selber. Diese Einstellung dürfte dazu führen, dass Button auch in Zukunft der einzige Star im Team bleibt.

Super Ross ist der Mann des Rennens in Barcelona., Foto: Sutton
Super Ross ist der Mann des Rennens in Barcelona., Foto: Sutton

Oder besser gesagt: In einem Brawn-Auto. Denn Brawn selber ist, sollte Button dieses Jahr Weltmeister werden, der Königsmacher höchstpersönlich. Und der Schlüssel für den Erfolg. Sein Team musste vor Barcelona eigentlich gewaltig zittern, brachten doch viele Konkurrenzteams neue Teile und vor allem den von seinem Team erfundenen Doppeldiffusor nach Spanien. Dabei war die Übermacht der Brawn-Flitzer auch schon in Bahrain vorbei gewesen. Aber Brawn bewies, dass auch sein Team große Schritte machen kann, wenn es um die Wurst geht.

"Das neue Paket bringt 0,4 Sekunden pro Runde", sagte Brawn in Barcelona. "Oder eigentlich noch mehr, denn das Auto verhält sich mit diesen Teilen freundlicher, was normalerweise den Piloten mehr Zuversicht im Auto gibt. Damit bin ich auch noch für das Rennen in Monaco recht zuversichtlich, aber zur Saisonmitte brauchen wir wieder den nächsten Entwicklungsschritt."

Die Frage, ob so eine Saison mit Riesenschritten und der Möglichkeit, dass der Siegeszug schon am nächsten Rennsonntag vorbei sein kann, nervenaufreibend ist, hat der 54-jährige Hobby-Rosenzüchter nicht mal verstanden. Stattdessen fing er sofort an, von der Herausforderung zu schwärmen. "Als Ingenieur findet man es immer toll, wenn große Schritte möglich sind", sagte er. "Die Saisons mit stabilen Regeln machte aus uns Menschen, die ein Formel-1-Atuo wie eine Schweizer Uhr bauen mussten. Ich hoffe, dass die Zukunft der Formel 1 so ist wie diese Saison, denn die genieße ich viel mehr."