Die Lehre von der Ehrlichkeit

Ehrlichkeit währt bekanntlich am längsten. Fragen Sie einmal bei Dave Ryan und Lewis Hamilton nach. Besser fährt man damit aber nicht immer, wie Sebastian Vettel am gleichen Wochenende erfahren musste wie die beiden eben genannten Stewardfreunde. "Sebastian hatte in Melbourne wahnsinnig viel Pech", sagte sein Chef Christian Horner über den Unfall mit Robert Kubica kurz vor Rennende. "Er hat sich dazu entschieden, Pech zu haben!", warf Mario Theissen auf der Donnerstagspressekonferenz ein. "Aber zum Glück hat er die Wahrheit gesagt...", konterte Horner mit einem Grinsen. "Er hat die Wahrheit vor den Rennkommissaren gesagt und dafür eine Strafversetzung bekommen."

Die Lehre vom Handgepäck

Neue Unterböden, überabeitete Diffusoren, neue Flaps und Flügelchen: Das Formel-1-Fahrerlager wurde am Wochenende zum Basar. Noch am Freitagabend nach dem Freien Training schleppten Renault-Mitarbeiter einen neuen Unterboden in den Paddock. "Ich habe noch nie so viel Handgepäck gesehen wie gestern, als ich am Flughafen in Shanghai angekommen bin", scherzte Christian Horner. "McLaren hatte glaube ich 18 Boxen, wir lagen nicht weit dahinter und das wird wohl für den Rest genauso gelten." Nach der Wahrheitsgeschichte konnte sich Norbert Haug einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen: "Red Bull hatte 19 Boxen." Die eine Box mehr scheint sich gelohnt zu haben...

Die Lehre vom Zoll

Vielleicht lag es daran, dass die Zollbeamten durch die F1-Sondertransporte mehr als sonst zu tun hatten, aber die RTL-Crew und Christian Menzel werden trotzdem nicht darüber lachen können, dass sie lange auf ihr Material vom Zoll warten mussten.

"Unser Material hing sehr lange im Zoll und wir haben schon überlegt, ob wir wie früher mit Kassettenrekorder, Funkgerät und Handy übertragen sollten", scherzte Kai Ebel. Porsche Carrera Cup Pilot Christian Menzel war am Freitag hingegen weniger zu Scherzen aufgelegt: "Ich konnte im Freien Training nicht fahren, weil mein Auto nicht rechtzeitig aus dem Zoll da war!" So musste er ohne erarbeitetes Setup und Training ins Qualifying gehen. Bis zum zweiten Lauf hatte er das aufgeholt, den gewann er.

Die Lehre von der Unvorhersehbarkeit

Auch in Shanghai waren Regenschirme gefragt., Foto: Sutton
Auch in Shanghai waren Regenschirme gefragt., Foto: Sutton

Nicht nur der Zoll ist ebenso unvorhersehbar wie unbarmherzig, auch das Formel-1-Qualifying kann gnadenlos sein. "Die ersten beiden Rennen war ich hinter Jenson (Button)", sagte Barrichello im Qualifying. "Jetzt schlage ich ihn das erste Mal und frage im Funk, ob ich auf Pole bin und es heißt, nein, du bist Vierter."

Die Lehre vom Flashback

Es ist eine der berühmtesten Szenen eines Großen Preises von China 2007: Plötzlich parkte Lewis Hamilton seinen McLaren mit einem Reifenschaden im Kiesbett der Boxeneinfahrt und verspielte damit wertvolle Zähler im Titelkampf, den er später gegen Kimi Räikkönen verlieren sollte.

Es war eine der kuriosesten Szenen des Großen Preises von China 2009: Plötzlich parkte Hamilton-Freund Nico Rosberg seinen Williams im Kiesbett der Boxeneinfahrt und das nach der ersten Installationsrunde im 3. Freien Training. Etwas ratlos stand Rosberg danach hinter dem Zaun und beobachtete, die wie chinesischen Streckenposten versuchten, seinen Wagen aus dem Kies zu bergen. In einer Art Slapstickkomödie drückte er die Fahrzeugnase bei der Baggerfahrt selbst nach unten, stieg wieder ein und ließ sich in die Box zurückschieben, wo er 20 Minuten später wieder losfahren und am Ende sogar die Trainingsbestzeit markieren konnte.

Die Lehre vom Losverfahren

Fernando Alonso war richtig aufgebracht. Die Reifenwahl von Bridgestone für die anspruchsvolle und Reifen fordernde Strecke in Shanghai sei falsch, nein, "lächerlich", schimpfte der Spanier. Wenn man nur eine bessere Show durch 6 Sekunden langsamere Autos im Sinn habe, solle man doch eine Lotterie veranstalten und wer die "13" ziehe, bekomme dann Regenreifen - auch im Trockenen. In Malaysia schien Ferrari dies bei Kim Räikkönen schon einmal in einem Betatest unterzogen zu haben. Das Ergebnis war wenig vielversprechend. Alonsos China-Befürchtungen bewahrheiteten sich nicht. Die Reifenkatastrophe blieb aus. Marc Surer sagte mit einer gewissen Schadenfreude: "Die Fahrer sollten erst einmal ein paar Meter fahren, bevor sie so eine negative Stimmung verbreiten."

Die Lehre vom Betonmischer

Flavio Briatore schoss in Shanghai gegen alles und jeden, der etwas mit Brawn GP zu tun hat. Neben Ross Brawn selbst betraf dies auch die Fahrer Rubens Barrichello und Jenson Button. "Unsere Fahrer waren oder sind Weltmeister und nun wird die Weltmeisterschaft zwischen einem Fahrer ausgefochten, der beinahe schon zurückgetreten war und einem, der ein guter Typ ist, aber ein Paracarro [langsam wie ein Betonpfosten am Straßenrand]", grollte er.

Ob Flavio Briatore auch etwas gegen Peter Windors USF1-Team hatte?, Foto: Sutton
Ob Flavio Briatore auch etwas gegen Peter Windors USF1-Team hatte?, Foto: Sutton

Ob sich Briatore schon einmal die Leistungen seines zweiten Fahrers Nelsinho Piquet angesehen hat? Womit er den dann wohl vergleicht? Einen Styroporpfosten? Denn den räumte Piquet bei seinem Abflug im Rennen ab. Weltmeister war oder ist Piquet auch nicht, jedenfalls nicht der Junior. Button konterte übrigens gelassen: "Er sollte sich auch daran erinnern, dass er versucht hat, mich für dieses Jahr anzuheuern, also..."

Die Lehre vom Kopfschutz

Rennfahrer machen viel Aufsehen um ihre Helme und Helmlackierungen. Sebastian Vettel sah in ihm in Shanghai jedoch den Inbegriff des Kopfschutzes: "Das Graining ist hier ein großes Problem, aber zum Glück habe ich Helm und Visier die mich vor dem umher fliegenden Gummiteilen schützen."

Die Lehre von der Musik

Red Bull spielte am Rennwochenende in Shanghai die Musik, aber nur bis zur Siegerehrung. Dort staunte Helmut Marko nicht schlecht: "Ich bin etwas enttäuscht. Wir haben eine österreichische Lizenz und es ist nicht unsere Hymne gekommen", fand er auch nach dem Doppelsieg noch einen Grund zum Granteln. "Vielleicht haben die Chinesen das nicht im Programm." Oder die CD damit lag noch beim Zoll.

Die Lehre vom Kommandostand

Der Kommandostand ist das Allerheiligste der Rennteams. Ein Blick auf die Monitore des Erfolgsteams der ersten beiden Rennwochenenden, Brawn GP, jagte den Fans jedoch einen Schrecken ein: Ein chaotischer Haufen Verknüpfungen und Symbole zierte den Desktop. Brawn arbeitet mit Windows! Und gewinnt trotzdem... Christian Horner hätte im Rennen keine Zeit oder Nerven gehabt, um sich mit schweren Ausnahmefehlern auseinander zu setzen. Seine Füße wechselten im Millisekundentakt die Position. Ein vorzeitiges Schließen des Programms "P1 Vettel" oder "P2 Webber" hätte ihm wohl einen Herzinfarkt beschert. Am ende hatte er jedoch "happy feet."

Die Lehre vom Spaßvogel

Sebastian Vettel ist immer zu einem Späßchen aufgelegt. So zum Beispiel nach dem Qualifying, in dem er seine zwei Bestzeiten im Q2 und Q3 jeweils mit nur einem Als es darum ging, warum er denn so wenige Runden gefahren war, sagte Vettel: "Ich hatte ein bisschen Zeit, um mich auszuruhen, mehr als die anderen. Vielleicht hat das geholfen." Aber Vettel ist anscheinend nicht nur außerhalb des Cockpits bei Interviews um eine freche Antwort nicht verlegen. Als ihn sein Renningenieur während der ersten Rennrunden hinter dem Safety Car fragte, wie die Bedingungen seien, antwortete Vettel: "Es ist Wasser auf der Strecke." Ein cooler Hund eben.