Um kurz vor 12 Uhr war es Gewissheit: der umstrittene Doppeldiffusor von Brawn GP ist legal. Ein Schlag ins Gesicht für die Konkurrenz und so gut wie ein Freifahrtschein für das Team von Ross Brawn auf dem Weg zum Titel. Da konnte sich auch Ross Brawn ein triumphales Lächeln nicht verkneifen. Der Brite hat einmal mehr bewiesen, dass er das Superhirn der Formel 1 ist.

McLaren-Mercedes war als passiver Beobachter ebenfalls in Paris anwesend. Allerdings hatte das Team im Vorfeld - im Gegensatz zu Ferrari, Renault, Red Bull und BMW Sauber - keinen offiziellen Protest gegen den Diffusor von Brawn GP, Toyota und Williams eingelegt. Zu beschäftigt scheint man im Moment mit den eigenen Problemen zu sein. Die vermeintlichen "Saubermänner" von McLaren Mercedes haben derzeit ordentlich Dreck am Stecken.

Ein böses Omen

Am 29. April muss sich der Rennstall wegen der Lügenaffäre rund um den Australien-GP vor der FIA verantworten - mögliche Sanktionen gehen von einer Geldstrafe über Punktabzug bis hin zum WM-Ausschluss. Dass sich Max Mosley selbst eingeschaltet hat, könnte für die Silberpfeile ein böses Omen bedeuten. Bekanntlich steuern der FIA-Präsident und McLaren seit Jahren auf Konfrontationskurs. Höhepunkt war die Rekordgeldstrafe von 100 Millionen Dollar gegen McLaren in der Spionage-Affäre.

Vor allem für Mercedes ist die Situation bitter. Die Stuttgarter waren wie bei der Spionage-Affäre von den Vorgängen überrascht worden. Jetzt ist der Imageschaden für den Konzern mit dem Stern nur schwer abzuschätzen. "Dieser neue Lügenskandal wird Auswirkungen auf die Atmosphäre innerhalb der McLaren-Gruppe, den Sponsoren und Mercedes-Benz haben", ist der ehemalige McLaren-Mercedes-Pilot David Coulthard überzeugt. Die schlechten Nachrichten werden nur noch von der schlechten Performance auf der Strecke übertroffen.

Brawn GP hatte in Australien und Malaysia allen Grund zu jubeln, Foto: Sutton
Brawn GP hatte in Australien und Malaysia allen Grund zu jubeln, Foto: Sutton

Weder in Australien, noch in Malaysia schaffte es das Weltmeisterteam im Qualifying ins Q3. Gerüchten zufolge soll es aber schon länger in der Vorzeige-Ehe McLaren und Mercedes krachen. Eine harte Strafe gegen McLaren in der Lügenaffäre könnte der Beziehung den Todesstoß verpassen. Unbeantwortet bleibt die Frage, ob sich Mercedes angesichts der Probleme mit McLaren nicht bereits anderswo umschaut - und dabei vielleicht schon fündig geworden ist. Fakt ist, dass die Motoren von Mercedes immer noch Rennen gewinnen - allerdings mit Brawn GP.

Doch der Rennstall von Ross Brawn hat dem Konzern mit dem Stern noch einiges mehr zu bieten: Er ist sympathisch, kompakt, seriös und vor allem erfolgreich. Mit dem KERS von Mercedes wäre Brawn GP nicht mehr aufzuhalten, das weiß auch Norbert Haug. Auf einer Pressekonferenz bestätigte der Mercedes-Motorsportchef, dass Brawn GP mit dem Hybridsystem von Mercedes noch schneller wäre als bisher. Eine Schreckensvorstellung - nicht nur für McLaren.