Christian, kann man sagen: Die Konkurrenz wollte Brawn bekämpfen und schenkte ihnen dann doch die Punkte?
Christian Danner: Es war schon ein bisschen krass, was Sebastian Vettel und Robert Kubica am Ende gemacht haben. Kubica hatte eine echte Siegchance, das hat er leichtsinnig weggeworfen. Es war aber nicht das Konkurrenzdenken, sondern die Fahrer, die etwas überoptimistisch waren.
Wie schätzt Du die Situation ein? Sebastian sagte im Funk, er sei ein Idiot...
Christian Danner: Da hat er gar nicht so unrecht. Ich würde aber sagen: 50:50. Auch Kubica hätte die Situation als Überholender vermeiden können. Wenn er zwei Sekunden schneller ist, muss er es nicht auf dem letzten Drücker probieren. Gleichzeitig hätte es Vettel vermeiden können. Wenn er zwei Sekunden langsamer ist, muss er sich eben in Gottes Namen überholen lassen - das hätte immer noch gereicht für einen Podestplatz. Der Stachel sitzt sicher tief. Aber im Leben macht man nun mal Fehler.
Hat sich Brawn GP bei Button etwas verrechnet? Sie haben ja offensichtlich etwas Tempo rausgenommen und kamen dann am Ende in Probleme.
Christian Danner: Ja, sie sind deutlich langsamer gefahren als sie es hätten können. Das hätte auch in die Hose gehen können. Das Reifenproblem war wohl größer, als man es sehen konnte. Es war riesengroß und sie hatten es nicht einkalkuliert. Der letzte Funkspruch an Button war: Kubica fährt harte Reifen, er ist dein Gegner, nicht Vettel auf weichen Reifen. Insgesamt wäre Brawn wohl auch ohne den strittigen Diffusor vorne, nur eben nicht so überlegen. Letztlich muss man festhalten: Brawn hatte bei Benetton Erfolg, Brawn hatte bei Ferrari Erfolg und Brawn hat den Saustall bei Honda/BAR ausgemistet und hat jetzt dort Erfolg.
Aber es gab immer Diskussionen...
Christian Danner: Ganz klar, das ist normal. Aber er kam immer damit davon.
Barrichello wurde geholt, weil er als erfahrener Pilot keine Fehler machen sollte. Das hat nicht hingehauen...
Christian Danner: Er hat beim Losfahren einen Fehler gemacht. Er hat aus Versehen Antistall gedrückt. Das ist dumm gelaufen. Wenn er das wirklich gedrückt hat, kam er sogar noch verdammt gut weg. Die Kollisionen danach passieren. Man sollte ihn nicht unterschätzen. Ich schätze ihn vom Speed her stärker ein als Button. Als Renn-Opa hat er einen wahnsinnigen Biss.
Einen echten Vergleich zwischen KERS- und Nicht-KERS-Autos hatten wir nicht.
Christian Danner: Ich glaube, dass ein Auto mit KERS in der eigentlichen Rundenzeit langsamer ist als eines ohne. Aber Glock hätte sicher eine Sekunde schneller fahren können als Alonso. Aber er kam nicht vorbei, weil Alonso immer wieder KERS eingesetzt hat. Daran sieht man: Das taktische Element KERS ist durchaus gegeben - so lange es manche haben und andere nicht.
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