Der Transfermarkt zeigt von Jahr zu Jahr unterschiedliche Ausprägungen. Mal scheint alles in Bewegung, dann wieder alles fest zementiert. Es gab Verträge, die wurden eineinhalb Jahre im Vorhinein unterschrieben und bekanntgegeben. Montoya zu McLaren zum Beispiel. Alonso zu McLaren ebenso. Aber was waren die heißesten News im Sesselrücken dieses Sommers? David Coulthard hört auf - kaum überraschend. Und Sebastian Vettel bekommt sein Cockpit - noch weniger überraschend. Dazu die Vertragsverlängerung von Heikki Kovalainen. Auch irgendwie logisch, denn eine perfektere Nummer 2 neben Lewis Hamilton kann sich McLaren-Mercedes nicht wünschen.

Schlechte Karten für den Nachwuchs

Bruno Sennas Name wird immer wieder genannt - bei BMW Sauber, bei Toro Rosso..., Foto: Bumstead/Sutton
Bruno Sennas Name wird immer wieder genannt - bei BMW Sauber, bei Toro Rosso..., Foto: Bumstead/Sutton

Der Rest ist reine Spekulation. Und wenn man sich so im Fahrerlager umhört, dann rechnet eigentlich keiner damit, dass sich demnächst etwas Sensationelles tun wird. Der Markt scheint ein wenig eingeschlafen. Ein Grund dafür ist mit Sicherheit die Beschränkung der Testfahrten. Vor zwei Jahren war es noch mühelos möglich, einen kompletten Nobody wie Lewis Hamilton mit zigtausenden Testkilometern heranreifen zu lassen. Diesen Luxus genießt heute kein Newcomer mehr. Daher ist der Druck von unten auf den Fahrermarkt nicht gegeben. Schlechte Nachrichten für die Grosjeans, Di Grassis, Zubers oder Sennas aus der GP2. Sebastien Buemi mal ausgenommen, denn da steht ein anderes Modell dahinter.

Kurzum: Überflieger drängt sich keiner auf. Also warum sollte ich als Teamchef das Risiko eingehen, wenn ich einen genauso schnellen Fisichella oder Barrichello mit über 200 Rennen Erfahrung für wenig Geld auch haben kann? Vielleicht ist genau das aber auch die große Chance für den Neustart einiger Karrieren. Im Falle Pantano, Klien, Davidson, Liuzzi oder Sato bekommt man ja ein tolles Paket: Hungrigkeit + Erfahrung + Leistbarkeit.

Nicht unmöglich und nicht gemeißelt

Für Nelson Piquet könnte es eng werdne., Foto: Sutton
Für Nelson Piquet könnte es eng werdne., Foto: Sutton

Auf den zweiten Blick könnte sich aber dennoch einiges tun. Unabhängig von Verträgen gibt es in der Formel 1 immer Zwänge, Klauseln, Druck von vielen Seiten. Und unter dem Aspekt wären im kommenden Jahr durchaus ein paar Cockpits zu haben:

Bei Ferrari könnte Kimi Räikkönen endgültig die Lust verlassen, jeden zweiten Sonntag stundenlang die verhasste Ochsentour durchzumachen: Briefings, Meetings, Pressekonferenzen, De-Briefings. Und das alles wegen eineinhalb Stunden Rennfahren. Ist nicht wahrscheinlich, aber nicht ganz unmöglich.

Bei BMW pokert ein Fahrer, und der andere schwimmt. Auch keine Stabilitätsgarantie. Bei Honda haben beide Fahrer sogar öffentlich zugegeben, für 2009 kein Cockpit zu haben. Barrichello offensiv, nachdem Ross Brawn seine Fühler nach Alonso ausgestreckt hatte. Jenson Button hat sich indirekt durch ungeschickte Signale verraten.

Bei Renault kann Alonso jederzeit gehen, weil das Team die Performance-Klausel im Vertrag offensichtlich deutlich verfehlt. Und ein gutes Rennen könnte für Nelsinho Piquet am Ende (zu Recht) zu wenig sein. Insider wollen auch wissen, dass bei Toyota nicht alles in Stein gemeißelt ist. Ich denke aber eher, da haben beide Fahrer nach dem letzten Aufwärtstrend beste Karten, ihren Sitz zu behalten.

Unbeliebt, aber eben doch da

Die Prise Bernoldi fehlt heutzutage., Foto: Sutton
Die Prise Bernoldi fehlt heutzutage., Foto: Sutton

Bleiben noch die Cockpits, die nicht ganz ins Beuteschema von angehenden Weltmeistern passen: Force India, wo man solide Arbeit leistet, aber das tun die anderen auch. Also wird sich dort kaum etwas bewegen. Und dank Vijay Mallya hat man auch Bezahlfahrer nicht mehr nötig. Schade eigentlich drum. Denn die Söhne reicher Speditionsunternehmer oder brasilianischer Supermarktketten-Besitzer fehlen mir schon ein wenig. Bei Toro Rosso wird man wohl oder übel ein Cockpit mit einem Red Bull-Junior besetzen, um das Programm nicht zur Lächerlichkeit verkommen zu lassen. War da nicht noch ein gewisser Herr Chandhok im Portfolio, der einen ganz interessanten Markt repräsentiert?

In der Sackgasse sehe ich lediglich Nico Rosberg bei Williams. Sagt er ja selbst auch. Nico muss dort weg, sonst wird auch ihn vielleicht ein Jenson Button-Schicksal ereilen. Möglicherweise liegen wir aber auch alle falsch und Williams' eigenwillige KERS-Lösung wird 2009 der Hit und Nico fährt allen damit um die Ohren.

Ich halte es übrigens für ein gutes Zeichen, dass wilde Spekulationen heuer fehlen. Das ist doch ein Zeichen dafür, dass die Rennen selbst genügend Gesprächsstoff liefern. Ich erinnere mich mit Schaudern an vergangene Jahre, wo ab dem zweiten Rennen nur noch wichtig war, ob Fahrer X aufhört und ob Fahrer Y dann sein Cockpit bekommt. Leider war das damals wirklich das Spannendste an der Formel 1. Seit letztem Jahr ist das zum Glück anders. Denn immer noch können vier Fahrer Weltmeister werden, drei davon sogar sehr realistisch. Und solange das so ist, fehlt mir die Silly Season ohnehin nicht. Dann haben wir wenigstens ab November auch noch was zu reden.