Zwei Dinge verbinden Formel 1-Piloten mit Hockenheim: die langen Waldgeraden des alten Kurses und die vollen Tribünen im Motodrom. "Die besten Erinnerungen habe ich an das Stadion mit den riesigen Tribünen, dort herrscht eine unglaubliche Atmosphäre", sagt Alexander Wurz. "Tausende von Fans machen Lärm und das klingt auf der Fahrerparade einfach cool."

Die Stimmung auf den Tribünen ist nach dem Umbau im Jahr 2002 geblieben, nur die Streckencharakteristik hat sich verändert. "Aus meiner Sicht ist es seitdem nur noch eine weitere Rennstrecke", so Wurz, "die aber durchaus noch anspruchsvoll ist." Ähnlich beurteilt Nick Heidfeld seinen Heimkurs. "Persönlich habe ich eine Menge guter Erinnerungen an den Hockenheimring, insbesondere an die alte Strecke mit den langen Waldgeraden", betont er. "Das waren unverwechselbare Passagen, aber die neue Strecke ist natürlich erheblich sicherer und besser für die Zuschauer, von daher begrüße ich den Kurs."

Jarno Trulli ist nicht so salomonisch. "Die Strecke hat sich seit meinem ersten F1-Rennen dort sehr verändert." Am Anfang sei es nur um Topspeed gegangen. "Ich habe die lange, alte Strecke mit den extrem schnellen Waldgeraden bevorzugt", so der Italiener. Aber auch er empfindet den neuen Kurs als interessant, vor allem weil es dort Überholmöglichkeiten gebe.

Nur zwei Mal Highspeed

Die Formel 1 ist zurück in Hockenheim., Foto: Sutton
Die Formel 1 ist zurück in Hockenheim., Foto: Sutton

Der Highspeed-Charakter des alten Kurses hat einer modernen Strecke Platz gemacht, dennoch empfindet Fernando Alonso den Hockenheimring als eine körperlich fordernde Strecke. "Zu dieser Jahreszeit kann es dort auch ziemlich heiß werden, was für das gesamte Team sehr schwierig ist", betont der Ex-Champion. "Das Streckenlayout besteht vor allem aus langsamen und mittelschnellen Kurven", erklärt Sam Michael. Es gebe nur zwei wirkliche High-Speed-Kurven: die erste Kurve nach dem Start und Kurve zwölf, die Einfahrt ins Motodrom. "Es macht Spaß, das Auto durch diese Hochgeschwindigkeitskurven zu fahren", sagt Lewis Hamilton.

Für die Ingenieure bedeutet dies, dass sie das Setup eher weich einstellen. Trotz des Wegfalls der Waldgeraden müssen die Teams noch immer einen Kompromiss zwischen dem engen Motodrom und dem Rest des Kurses finden, obwohl dieser nicht mehr so extrem ausfällt wie früher. "Es ist wichtig, einen guten Topspeed zu haben, aber im letzten Sektor gibt es auch einige langsame Kurven", untermauert Timo Glock diese These. Man müsse die richtige Balance finden. "Hockenheim ist sehr anspruchsvoll, vor allem wegen der harten Bremszonen", fügt Nelsinho Piquet hinzu. Man brauche ein gut ausbalanciertes Auto, das beim Bremsen stabil bleibe und gute Traktion aus den langsamen Kehren heraus biete.

"Bei der Abstimmung des Fahrzeugs kommt es darauf an, auf den langen Geraden möglichst hohe Geschwindigkeiten zu erreichen, auch wenn seit dem Umbau der Strecke die Hochgeschwindigkeitspassagen nicht mehr ganz so entscheidend sind", weiß Alonso. "Die langsamen Kurven verfügen erfahrungsgemäß über wenig Grip. Das lässt sich aber mit einen guten mechanischen Setup und einem leicht zu fahrenden Auto kompensieren." Um in Hockenheim schnell zu sein, so Alonso, gelte es, einen Kompromiss zwischen all diesen Aspekten zu finden - was nicht immer ganz einfach sei.

Ein Fall für harte Reifen

Mit nur zwei schnellen Kurven müsste die Reifenabnutzung keine besondere Rolle spielen, wenn da nicht die hohen Temperaturen wären, die starke Gripschwankungen nach sich ziehen können. "Das Layout und der Belag sind besonders hart zu den Reifen", verrät Sam Michael. Das werde durch die hohen Temperaturen noch verschärft. Um das auszugleichen, bringt Bridgestone die beiden härtesten Reifenmischungen mit.

"Die Temperaturen sind normalerweise über dem Durchschnitt", bestätigt Pascal Vasselon, der die Bremsbelastung und den Downforce als durchschnittlich einstuft. Die Temperaturen erhöhen jedoch die Gefahr von Blasenbildung auf den Reifen. "Das ist wohl die einzige außergewöhnliche Charakteristik der Strecke." Trotzdem sieht Vasselon die Reifenwahl von Bridgestone als konservativ an.

Eine Motorenstrecke?

Der letzte Sieger in Hockenheim trug 2006 rot: Michael Schumacher., Foto: Sutton
Der letzte Sieger in Hockenheim trug 2006 rot: Michael Schumacher., Foto: Sutton

Hockenheim stellt hohe Anforderungen an Fahrer und Autos. "Die Durchschnittsgeschwindigkeit lag im Qualifying 2006 bei 222 km/h, 69 Prozent einer Runde werden unter Volllast gefahren", rechnet Norbert Haug vor. Beide Werte liegen laut dem Mercedes-Motorsportchef über dem Durchschnitt aller Formel-1-Rennstrecken. "Hockenheim ist also eine so genannte Motorenstrecke und das liegt uns." Fünfmal pro Runde erreichen die Fahrer in Hockenheim Geschwindigkeiten von 280 km/h oder mehr, das längste Volllaststück - vor der Spitzkehre - ist 1.100 Meter lang, das entspricht 15 Sekunden Vollgas.

Fabrice Lom beurteilt die Situation auf der Mercedes-Heimstrecke etwas anders. Aus Sicht des leitenden Renault-Motoreningenieurs von Red Bull Racing ist der Kurs für die Motoren nicht sehr anspruchsvoll. Deshalb hat er auch keine Sorgen, weil die beiden Red Bull-Fahrer das Rennen mit den Silverstone-Aggregaten bestreiten müssen. "Das stellt keinen großen Nachteil dar", sagt er.

Kreative Manöver

Hockenheim ist nicht nur als Reifenkiller bekannt, es bietet auch Überholmöglichkeiten. "Es gibt sogar gute Überholmöglichkeiten", verrät Jenson Button, der schon einige gute Rennen mit spannenden Manövern in Hockenheim abgeliefert hat. "Es kann tolle Zweikämpfe geben, die es für die Fans auf den Tribünen spannend machen."

Die beste Überholstelle ist die Spitzkehre, welche die Fahrer mit 310 km/h anbremsen. "Es ist eine sehr langsame Kurve im ersten Gang bei 60 km/h", erklärt Alex Wurz. "Es gibt dort viel Auslaufzonen, also kann man wirklich kreative Manöver ausprobieren, wenn es nötig sein sollte."

Diese Stelle zwingt die Teams auch dazu, nicht ganz auf einen guten Topspeed zu verzichten. "Denn die Haarnadelkurve nach dem langen Parabolika-Vollgas-Abschnitt ist die beste Überholmöglichkeit", sagt Willy Rampf. "Dort brauchen die Piloten neben viel Top-Speed vor allem hohe Bremsstabilität und optimale Traktion am Kurvenausgang." Noch spannender wird es im Regen. "Bei wechselhaften Bedingungen kann es spannende Rennen geben", weiß Rubens Barrichello, der auf dem alten Hockenheimring in einem Regenrennen seinen ersten Grand Prix gewann.