Es ist ein Gesetz der Natur, dass es bei Raufereien immer wieder Leute gibt, die besonders eine auf die Rübe bekommen, während andere ganz ungestört durch die Angelegenheit spazieren und am Schluss als Sieger dastehen. Nicht einmal einen Schlag müssen die Glücklichen austeilen, da sich links und rechts oft alles von selbst löst. Bezeichnend dabei, keiner der fünf Deutschen hatte am Sonntag beim Rumble in Down Under in Melbourne ausgeteilt, aber nur zwei der Pazifisten kamen auf das Podest. Sie beherrschen die Kunst des gewaltfreien Durchmarsches.

Die gewaltfreie Aura strahlt hell, Foto: Sutton
Die gewaltfreie Aura strahlt hell, Foto: Sutton

Oberpazifist Nick Heidfeld ist von außen schon anzumerken, dass er sich nicht auf Gewalt versteht. Ein schön buschiger Bart, spacige Brillen und wallendes Haar. Eigentlich 1977 geboren könnte er als 68er durchgehen. Gewalt ist für ihn jedenfalls keine Lösung. Er setzt auf die Hoffnung. "Ich habe gehofft, dass es ein Podium werden könnte, weil ich wusste, dass ich recht schwer war. Aber nach dem Start dachte ich, das Rennen sei gelaufen", erzählte er über seinen Weg durch die Gewalt ohne Gewalt.

Nur einmal war er versucht, seine Prinzipien zu vergessen, doch er bekam Hilfe. Als er an der Box war, wollte sein Mitpazifist Nico Rosberg nach vorne drängen. "Beim Rausfahren war es eng, aber noch im Rahmen. Ich habe mich auf den Lollipopmann verlassen und bin so weit wie möglich rechts geblieben", meinte Heidfeld. Genau dieser Moment war auch der Augenblick von Rosbergs schwerster Prüfung, da er sich durchaus im Recht sah. Doch im Endeffekt gaben sie der Gewalt um sich nicht nach, lösten die Angelegenheit friedlich und profitierten beide davon.

"Ich bin echt happy", konnte Rosberg dann auch behaupten. "Dritter Platz, mein erstes Podium - das ist echt klasse." Und auch wenn er es nicht ganz in Ordnung gefunden hatte, dass Heidfeld ihn in der Box beinahe doch in eine Reiberei verwickelt hätte, war er stolz, dass er sich zurückgehalten hatte. "Ich sehe es aber nicht so, dass ich einen Platz verloren habe, ich habe einen Podestplatz gewonnen." Und auch danach setzte er den Weg der gewaltfreien Lösung fort. Er wusste, dass ihm das im Kreise aggressiver Mitstreiter helfen würde. "Ich bin vorsichtig gefahren, bin kein Risiko eingegangen - wie so manch anderer. Ich habe das Auto nach hause gefahren und es ist ein 3. Platz herausgekommen."

Timo Glock hatte auch versucht, sich raus zu halten musste aber seiner mangelnden Erfahrung bei Massenbalgereien in der Formel 1 Tribut zollen. Nicht, dass er angestoßen wurde, doch wenn ein gewisses Potential an Karbonschäden aufgebaut wird, dann zieht es auch Unschuldige von der Strecke und in Verwerfungen, die sich daneben auftun. "Nachdem Kimi sich gedreht hatte, wollte ich so schnell wie möglich von ihm wegkommen. Deshalb habe ich mehr gepusht, bin dabei etwas neben die Strecke gekommen, habe aber nicht damit gerechnet, dass ich noch mal so einen Schlag bekommen würde. In dem Moment gab es dann den Megaschlag und es hat mich ausgehebelt", erzählte er. Und der Megaschlag hatte auch Folgen. Manchmal geht es eben ungerecht bei Raufereien zu. "Es fühlt sich schmerzhaft an", sagte er. "Es zwickt ein bisschen in der Hand. Wir müssen abwarten, wie es sich entwickelt."

Timo Glock wurde einfach in eine Welle gezogen, wo er einen Megaschlag bekam, Foto: Sutton
Timo Glock wurde einfach in eine Welle gezogen, wo er einen Megaschlag bekam, Foto: Sutton

Härter geprüft, aber verschont, wurde Sebastian Vettel. Er hatte beim Wegfahren ein Problem, für das er nichts konnte und fiel nach hinten zurück. Dort wurde er dann von zwei Raufbolden in die Mangel genommen. "Am Weg in die erste Kurve hatte ich Kimi links und Jenson rechts. Ich wollte so nahe wie möglich an Kimi dran bleiben, damit ich dem Auto rechts genug Platz gebe. Als ich in die Kurve ging, hatte ich das Gefühl, dass ich rechts getroffen wurde. Das drehte mich herum und ich war mitten in einer Kollision", erklärte er. Und die sollte seine Teilnahme am Rumble beenden. Auch Vettel ist noch jung an Jahren und wird lernen, wie er ohne Kontakt durch die wildesten Gefechte geht und wie sein Auto heil bleibt, wenn links und rechts das Karbon fliegt.

Diesen Sachen gleich ganz aus dem Weg gehen wollte Adrian Sutil, der beseelt von seiner indischen Umgebung der Gewalt ohnehin gänzlich abgeschworen hat. Er hatte auch schon unfreiwillig Bekanntschaft mit den Raufbolden der Formel 1 Rumbles gemacht. "Ich habe mir gleich gedacht: ob ich von 18 oder aus der Box losfahre, macht keinen großen Unterschied. Denn ich wusste aus dem letzten Jahr noch genau, dass hier Stau angesagt ist und dann hat man manchmal gar keine Chance", verriet er. Das gute Karma, das er sich damit aufbauen wollte, hielt aber nicht an. Denn er bekam plötzlich keine Gänge mehr rein und die Servolenkung fiel aus. "Schade, letztes Jahr habe ich bei so einem Rennen einen Fehler gemacht, diesmal ging etwas kaputt. Natürlich ist es immer schöner, ehrlich einen Punkt zu verdienen, aber es schadet nicht, mal ein bisschen Glück zu haben." Immer mit der Ruhe Adrian, das sind alles nur Prüfungen auf dem Weg zur wahren, gewaltfreien Erleuchtung.