Der Spionageskandal rund um den französischen Werksrennstall von Renault war letzte Woche das beherrschende Thema in der Medienlandschaft des Motorsports. So wurden in Monaco fast unbemerkt und ganz Nebenbei neue, für die Teams einschneidende Reglementpunkte diskutiert, die einen erheblichen Einfluss auf die technische Zukunft der Formel 1 haben werden.

Im aktuellsten Beschluss der Maßnahmenkette zur Kostenreduktion in der Formel 1 soll die "Geldvernichtungsmaschine Aerodynamik" stark limitiert und vereinheitlicht werden. Im Detail geht es dabei um die Art und Weise des Einsatzes von Windkanälen und CFD Simulationen (Computer Fluid Dynamics ) im Entstehungs- und Weiterentwicklungsprozess eines Formel 1 Fahrzeuges.

Die 1:1 Modelle soll es bald nicht mehr geben, Foto: Toyota
Die 1:1 Modelle soll es bald nicht mehr geben, Foto: Toyota

Nach den schon eingeführten Einschränkungen der Testfahrten sowie dem Einfrieren der Motorenentwicklung für mehrere Jahre war es wohl nur eine Frage der Zeit bis der Entwicklungsbereich Aerodynamik als einer der größten Einfluss- und Kostenfaktoren auf die Performance eines Autos im Zuge der Sparoffensive der FIA beschnitten wird. Doch welche Auswirkungen werden die Regeländerungen im Detail haben und was bekommen die Fans auf der Tribüne und vor dem Fernseher davon mit?

Einschränkungen bei den Windanal-Betriebsstunden

Aerodynamik ist Alles in der modernen Formel 1. Will man also konkurrenzfähig sein, ist ein eigener Windkanal spätestens seit den 90ern für jedes Team Grundvoraussetzung. So entspricht es Heute der Realität, dass ein Windkanal 24 Stunden am Tag an sieben Tagen in der Woche im Einsatz ist. Als wäre das nicht schon Genug ist es bei Topteams ebenso üblich bereits zwei Windkanäle auf diese Art und Weise parallel zu betreiben.

Die Kosten zum Bau und Betrieb eines Windkanals sind selbst für Formel 1 Verhältnisse überirdisch. Der erst kürzlich von BMW Sauber in Betrieb genommene zweite Windkanal kostete in der Errichtung laut Teamangaben rund 55 Millionen US Dollar. Dazu kommen noch die Kosten für Personal und der Energieversorgung der Anlage zur Nutzung.

Auch die Arbeit am Computer soll reglementiert werden, Foto: Sutton
Auch die Arbeit am Computer soll reglementiert werden, Foto: Sutton

Auch die rasante Entwicklung von CFD Strömungssimulationen veranlasste die Teams zu großen Investitionen auf diesem Gebiet. CFD Simulationen ermöglichen eine rein virtuelle Entwicklung eines Bauteils aus strömungstechnischer Sicht. Man ist also in der Lage ein noch nicht reales Bauteil in einer Art virtuellem Windkanal zu entwickeln. Im Idealfall sollte man diese rein virtuell entwickelten Bauteile ohne weitere "Hardwaretests" im Windkanal direkt nach der Fertigung am Fahrzeug montieren und Einsetzen können. Obwohl die CFD - Entwicklung deutlich geringere Kosten produziert als eine vergleichbare Windkanal Versuchreihe, macht die Anschaffung und Inbetriebnahme von immer leistungsfähigeren Rechenclustern und CFD-Software einen erheblichen Anteil in der Entwicklung aus.

Die am Freitag in schriftlicher Form veröffentlichten Regelvorschläge sollen im Januar bei einem Treffen mit Vertretern aller Teams diskutiert werden, damit es noch vor dem Saisonstart 2008 zu einer Einigung kommt. Ein solcher Beschluss könnte auch noch auf die gerade entstehenden Fahrzeuge für die kommende Saison Einfluss nehmen. Zwar steht das aerodynamische Grundkonzept schon seit Monaten fest, Feinheiten wie streckenspezifische Anbauteile werden jedoch gerade in den letzten Monaten vor Saisonstart ausgearbeitet und mittels CFD und Winkanaltests entwickelt.

Die Änderungen im Detail

Ursprünglicher Grundgedanke der Beschlüsse ist die Limitierung der Windkanalanzahl sowie die Anzahl der Betriebsstunden des Windkanals. Künftig soll pro Team nur mehr ein Windkanal zum Einsatz kommen. Dies würde auch bedeuten, dass Teams wie McLaren, Williams, Honda, Toyota und BMW Sauber Millioneninvestitionen umsonst getätigt haben da man hier schon längere Zeit mit bereits zwei Windkanälen parallel arbeitet.

Einen weiteren brisanten Punkt dürfte in dieser Hinsicht der Datenaustausch zwischen Werks- und Kundenteams darstellen. Teams wie Red Bull und Toro Rosso oder Honda und Super Aguri, die mit fast identischen Fahrzeugen an den Start gehen, könnten so auf Daten aus zwei Windkanälen zurückgreifen. Nur Verständlich das dieses Thema wohl noch einiges an Diskussionsstoff liefern wird.

Die Turbinen sollen nur mehr 8 Stunden am Tag laufen, Foto: Sutton
Die Turbinen sollen nur mehr 8 Stunden am Tag laufen, Foto: Sutton

Die Anzahl der Winkanal-Betriebsstunden pro Tag soll von aktuell üblichen 24 Std. (3 Schicht-Betrieb) auf 8 Std. begrenzt werden. Auch die aktuell ungeliebten Wochenendschichten sollen dank einer 5-Tages Begrenzung pro Woche der Vergangenheit angehören. Dadurch soll das Aerodynamische Entwicklungspotential über die gesamte Saison auf rund ein Drittel des aktuellen Standards gesenkt werden.

Auch die genauen Testspezifikationen im Windkanal wurden seitens der FIA eingeschränkt. Um unnötige Kosten zur Anpassung an das neue Reglement zu verhindern, einigte man sich auf den üblichen Standard von 1/6 Windkanalmodellen welche mit einer maximalen Geschwindigkeit von 50 m/s geströmt werden dürfen. Das Verbot der aufgrund der Vergleichbarkeit zur Realität immer beliebter werdenden aber teureren 1/1 Simulationen scheint hingegen beschlossene Sache. Da die CFD- Simulation bereits rund 50% der aerodynamischen Gesamtentwicklung ausmacht, soll künftig auch die Anzahl des CFD- Personals sowie die Leistung der verwendeten Hardware seitens der FIA reglementiert werden, um so eine Verlagerung der Investitionen vom Windkanal- in den CFD Bereich zu verhindern.

Auch wenn in Monaco der Aerodynamik bei den Regeländerungen das Hauptaugenmerk galt, wurden auch in anderen Bereichen wie Bremsen, Radaufhängungen und Hydraulik sowie beim Personal auf der Rennstrecke Limitierungen angekündigt. Die Fans sollen laut FIA von all den Änderungen nichts mitbekommen. Das neue Reglement dient in erster Linie der Kostenreduktion und soll durch schaffen gleicher Entwicklungsvoraussetzungen für jedes Team der Spannung auf der Rennstrecke Zugute kommen.

Die Reaktion der Teams könnte allerdings weniger begeistert sein...