Die Bilanz - Auto & Team: Adrian Newey - diesen Luxus lässt sich Red Bull einiges kosten, wie das gesamte Formel 1-Engagement. Aber ein Stardesigner war den roten Bullen nicht genug, sie stellten ihm eine elitäre Garde an Technikern zur Seite. Während der Saison wurde mit Geoff Willis sogar noch einmal nachgerüstet. Nach seinem Amtsantritt Anfang 2006 konzentrierte sich Newey bald voll auf den RB3, für dessen Entwicklung schon Mitte 2006 die Weiterentwicklung des RB2 eingestellt wurde. Das Ergebnis war der erste echte Newey-Red Bull.

Der RB3 hing viel zu oft am Haken., Foto: Sutton
Der RB3 hing viel zu oft am Haken., Foto: Sutton

So sah er auch aus: der RB3 wies alle Charakteristika der modernen Designphilosophie des Briten auf - ein enges Heck, kleine Kühleinlässe, er baute direkt auf dem McLaren-Konzept der letzten Jahre auf, welches mit dem sagenumwobenen MP4-18 seinen Anfang genommen hatte. Allerdings war der 18er ein Reinfall, erst der 19B brachte die Wende für das Projekt; der 20er war dann der schnellste Wagen im Feld - aber immer noch unzuverlässig. "Muss RBR also noch zwei Newey-Autos abwarten, bevor der große Geniestreich ins Bullenhaus steht?", fragten wir in unserer großen Saisonvorschau "Hausaufgaben gut gemacht, Red Bull?". Die Antwort lautet weder ja noch nein. Der RB3 war kein Geniestreich, aber der bislang beste Red Bull - wenn er nur nicht so anfällig wie seine entfernten silbernen Verwandten gewesen wäre...

Schon vor Saisonbeginn war klar: Red Bull erwartete eine schwierige erste Saisonhälfte. Der RB3 war bei den Wintertests zu langsam und gleichzeitig nicht standfest. Das war die schlechteste aller Ausgangspositionen. Daraus hat das Team jedoch jede Menge gemacht. Newey & Co drehten mächtig an der Performanceschraube. Allerdings forderte die Technik ihren Tribut - nicht nur in der ersten Saisonhälfte. Mit 14 Ausfällen weist die Statistik für Red Bull die zweitmeisten Ausfälle aus; nur das Schwesterteam Toro Rosso hatte mit 17 Ausfällen noch mehr fehlende Zielankünfte vorzuweisen. Wirklich beruhigend war das nicht, immerhin fuhr das Team mit einem zum Verwechseln ähnlich sehenden Boliden.

David Coulthard kann es immer noch: er holte mehr Punkte als Webber., Foto: Sutton
David Coulthard kann es immer noch: er holte mehr Punkte als Webber., Foto: Sutton

McLaren machte das in Abwesenheit des großen Meisters besser: der erste McLaren-Bolide der Post-Newey-Zeit war nicht nur schnell, sondern auch das zuverlässigste Auto im 2007er Startfeld. David Coulthard und Mark Webber kämpften derweil mit dem Defektteufel - und verloren den Kampf meistens. Der Einsatz des großen Technikerstabs machte sich aber am Ende bezahlt: die Entwicklungsschritte des Teams waren groß. In den letzten Saisonrennen entwickelte sich Red Bull zu einem konstanten Punkteanwärter, der das Auto bis zuletzt stetig weiterentwickelte - hoffentlich nicht auf Kosten der Saison 2008. Denn zu diesem Zeitpunkt konzentrierten sich Renault und BMW Sauber bereits voll auf die neuen Autos. So konnte Red Bull immer weiter aufholen, auch wenn sie Renault und BMW Sauber nicht abfangen konnten und auch der 4. Konstrukteursrang von Williams im Schlussspurt verfehlt wurde.

In Japan hätte Mark Webber der große Coup gelingen können: der Australier und Sportdirektor Christian Horner sprachen sogar von einem möglichen Sieg im Regenchaos von Fuji - doch dann bremste Hamilton und krachte Vettel in Webbers Heck.

Zu Saisonende holte Red Bull auf die Topteams auf., Foto: Sutton
Zu Saisonende holte Red Bull auf die Topteams auf., Foto: Sutton

Die Bilanz - Fahrer: Uncle David kann es immer noch. Ein ums andere Mal hat David Coulthard gezeigt, dass er noch immer schnell Auto fahren und vor allem gut überholen kann. Mehrmals war er der Racer des Rennens, machte viele Plätze gut. Nur das Qualifying war nicht immer sein Freund - was aber auch nicht immer an ihm lag.

Wenn Robert Kubicas Horrorcrash in Montreal nicht gewesen wäre, hätte Coulthard den gefährlichsten Crash des Jahres gehabt - genau genommen hatte er ihn auch so; bei seiner Kollision mit Alex Wurz beim Auftakt in Australien. Coulthard nutzte den Williams des Österreichers als Sprungschanze, stieg auf und flog nur haarscharf am Cockpit vorbei.

Mark Webber ist wie Jarno Trulli ein Qualifyingspezialist - mit dem Unterschied, dass Webber auch im Rennen gute Ergebnisse erzielen kann. Dennoch blieben vor allem die vielen guten Qualifyingergebnisse haften: Webber stellte den RB3 von Anfang an auf Top10-Startplätze - ganze zwölf Mal in der gesamten Saison. In den letzten vier Rennen war Webber immer unter den Top7 der Startaufstellung, kam aber nur zweimal ins Ziel. Denn wie Coulthard behinderten ihn viel zu viele technische Probleme auf der Punktejagd; sonst wäre für beide noch mehr drin gewesen als die Fahrergesamtränge 10 und 12.

Buemi wurde wie zuvor Ammermüller ins kalte Wasser geworfen - bislang schwimmt er noch., Foto: Sutton
Buemi wurde wie zuvor Ammermüller ins kalte Wasser geworfen - bislang schwimmt er noch., Foto: Sutton

Den Testfahrern kam in dieser Saison wegen der Testlimitierung nur wenig Bedeutung zu. Viel zu Testen gab es für sie nicht. Trotzdem wurde bei Red Bull auf diesem Posten viel rotiert: Robert Doornbos war irgendwie da, aber meistens doch nicht, weil er in der ChampCar Serie in Amerika fuhr - und das noch nicht einmal schlecht. Michael Ammermüller war somit als GP2-Pilot der logische Ersatzmann an den Rennwochenenden, bis er sich an der Hand verletzte und seine ganze Saison damit den Bach runterging.

Lange laborierte er an der Verletzung, dann wurde er aus dem GP2-Cockpit geschmissen und fuhr nur noch in der Renault World Series, aber auch hier nicht bis zum Saisonende. Für ihn rückte Sébastien Buemi als neuer jugendlicher Heilsbringer ins Red Bull-Scheinwerferlicht. Der Schweizer fuhr F3 EuroSerie, GP2 und F1-Tests. Wegen dieser vielen Einsätze war bei den letzten Rennen plötzlich doch Michael Ammermüller wieder Ersatzfahrer - obwohl ihn Red Bull vorher uncharmant ausgebootet hatte. Kein Wunder, dass von den vielen Red Bull-Junioren momentan nur Sebastian Vettel ein Stammcockpit hat.

Red Bull

Saisonziel 2007 Die Ausbeute
WM-Punkte 5. Platz (24 WM-Punkte)
Saisonziel erreicht? Saisonbilanz 2007
Ja. Red Bull stand eine schwierige Saison ins Haus, daraus konnte man das Beste machen. Vor allem gegen Saisonende holte das Team massiv auf. Nur die Zuverlässigkeit war von Anfang bis Ende eine Beule in der Energiedose.