Die Lehre vom Austragungsland

Der Nürburgring hat schon so einiges mitgemacht. 80 Jahre wurde er in diesem Jahr, einige davon trug er den Großen Preis von Luxemburg aus. Dieses Jahr hätte es mal wieder der Deutschland GP sein können, doch Namensrechtsstreitigkeiten beließen es beim Europa GP. Ferrari scherte sich nicht darum: an ihrem Kommandostand prangte neben der deutschen Flagge die Aufschrift: Deutschland GP. Aber nicht nur das: darunter war eine Streckenskizze des Hockenheimring zu sehen. Normalerweise sollte Ferrari auch noch eine Europa-Version aus dem Vorjahr übrig haben - oder wurde die etwa von Spionen entwendet und meistbietend verscherbelt?

Nein, kein Bild vom letzten Jahr: Ferrari wäre wohl lieber in Hockenheim gefahren..., Foto: Sutton
Nein, kein Bild vom letzten Jahr: Ferrari wäre wohl lieber in Hockenheim gefahren..., Foto: Sutton

Die Lehre vom unlauteren Vorteil

Angesichts der Spionageaffäre wird dieser Tage hinter jedem falsch beschrifteten Kommandostand Verrat und Betrug gewittert. "BMW Sauber war in diesem Jahr bereits am Nürburgring", brachte Bridgestone-Technikchef Kees van de Grint die Verschwörungstheoretiker zum Aufhorchen. Doch es gab schnell Entwarnung: "Aber alle Daten, die Nick Heidfeld bei seinen Runden auf der Nordschleife gesammelt hat, sind für das kommende Rennen nicht sehr nützlich. Es würde mich etwas besorgen, wenn Heidfeld acht Minuten brauchen würde, um im Rennen eine Runde zu beenden."

Die Lehre vom Spionieren

Auch in der Eifel war die Spionageaffäre also noch Allgegenwärtig. Rein hypothetisch gefragt: Was würde Fernando Alonso gerne einmal von einem Ferrari sehen? Ein Blick ins Cockpit, in den Motorraum, in den Tank? "Gar nichts", erwiderte der Weltmeister brav. "Selbst wenn ich alles sehen würde, würde ich nichts davon verstehen."

Die Lehren von Meister Yoda

Nick Heidfeld hatte von Freitag auf Samstag eine kurze Nacht. Zwar verpasste er die Geburt seines Sohnes Joda, dank moderner Kommunikationsmittel hatte er immerhin kurz darauf das erste Bild auf dem Handy. Die alte Leier vom proportional zur Anzahl der Kinder schwindenden Speed lässt Quick Nick nicht gelten. "Es macht dich nicht langsamer, außer du hast das Baby an Bord." Nach dem Qualifying ging es erstmals nach Hause zur Familie, Angst vor einer zu späten Rückkehr hatte das Team nicht. "Dafür werden wir schon sorgen", sagte Mario Theissen. Schließlich ist Nick seit Indianapolis vorgewarnt: da hätte er den Vorstart beinahe verschlafen; Ralf Schumacher hätte sicher nichts dagegen gehabt, wenn Nick zu spät gekommen wäre...

Die Lehre vom Kopfhörer

Briefing à la Williams: Diszipliniert, protokolliert und ohne Propaganda., Foto: Williams
Briefing à la Williams: Diszipliniert, protokolliert und ohne Propaganda., Foto: Williams

Alex Wurz hat schon alles gesehen; in den Jahren als McLaren-Tester wurde für ihn sogar der Begriff des Edelreservisten erschaffen. Doch auch ein erfahrener Renn- und Testpilot kann noch dazu lernen und überrascht werden. "Als ich zu Williams gekommen bin, habe ich mich zunächst auch erschreckt, dass wir alle mit Kopfhörern in der Besprechung sitzen", sagte Wurz auf Nachfrage unserer Kollegen von Motorline. Der Kopfschmuck dient aber nicht nur der Spionageabwehr. "Erstens spricht immer nur einer und es ist ganz militärisch und damit auch diszipliniert." Also ganz nach dem Ruf von Sir Franks und Patrick Heads Truppe. "Es gibt keine Diskussionen am Funk, es gibt immer nur einer seinen Kommentar ab." Zweitens wird alles aufgezeichnet und ist jederzeit abrufbar. "Und Du hast halt kein akustisches Problem mehr, wenn irgendwelche Jetfighter über dem LKW herfliegen oder wenn draußen irgendwelche Propagandaparaden abgehalten werden - das ist dir alles egal, weil du durch den Funk alles ganz genau hörst."

Die Lehre vom Weltmeister

Michael Schumacher hat nun seine eigene Kurve am Nürburgring. Während sich Bernie Ecclestone mehr für Schumachers fahrbaren Untersatz interessierte und den Ferrari einer genauen Inspektion unterzog (wollte er ihn kaufen oder auf Urheberrechtsverletzungen überprüfen?), enthüllte der Champion mit etwas Mühe im Kampf gegen den Wind die Ehrentafel in seinem S. Lewis Hamilton hat noch keine eigene Kurve, was ihn momentan auch nicht besonders reizt, aber wenn, dann würde ihm eine "Eau Lewis" schon ganz gut gefallen. Dafür müsste er aber erst einmal sechs, sieben oder acht WM-Titel anhäufen. Für den Anfang würde es auch erst einmal einer tun, womit sein Teamkollege kein Problem hätte. "Es sind 22 Fahrer, einer wird Weltmeister", sagt Fernando Alonso. "Jeder hat das Zeug dazu. Wenn ich es nicht schaffe, dann ändert sich für mich nicht viel, egal ob Kimi, Felipe oder Lewis gewinnt. Das einzige was sich ändert: momentan sind bei Interviews die ersten 4 Fragen über mich, die nächsten 10 über ihn; dann wären alle 14 über ihn."

Die Lehre von der Oma

Kimis Oma war da., Foto: Sutton
Kimis Oma war da., Foto: Sutton

Zum zweiten Mal in ihrem Leben war Kimi Räikkönens Oma Sirkka Pietilä bei einem F1-Rennen live vor Ort. Zumindest am Samstag durfte sie sich mit ihrem Enkel über die Pole Position freuen. In der Pole-PK fragte ein italienischer Kollege: "Kimi, konntest Du schon mit Deiner Großmutter über die Pole sprechen?" Seine Antwort fiel wie immer kurz und trocken, aber absolut treffend aus: "Ich sitze hier, was also glaubst Du?" Die nächste Frage richtete der Kollege an Kimis Teamkollegen. "Die letzte Frage ist für Felipe..." - "Geht es um meine Großmutter?", unterbrach Massa. "Ich habe sie direkt angerufen, als ich aus dem Auto ausgestiegen bin."

Die Lehre vom Wettergott

Das Rennen war spannend, chaotisch, voller unerwarteter Wendungen. Doch schon vor dem Start zeichnete sich ein Krimi ab - ein echter Wetterthriller. Die Prognosen des Wettercomputers überschlugen sich. "Regen in 10 Minuten." - "Regen um 14:15 Uhr." - "Regen in 3 Minuten." Das Warten auf die nächste Hochrechnung war spannender als so mancher Frankreich GP. Aber dem nicht genug: Die Vorhersagen trafen tatsächlich zu. Das Interessante daran war, dass man, im Gegensatz zur DTM, selbst im größten Chaos immer genau wusste, wer gerade Erster war...

Die Lehre vom Schweigen

Normalerweise ist eine Lehre vom Schweigen prädestiniert für Kimi Räikkönen, kein anderer kann das so gut, in solcher Vollendung und so perfekt wie der Finne. Doch am Sonntag übte sich die ansonsten nur so vor Witzchen sprudelnde Red Bull Presseabteilung im Schweigen - zumindest beim kleinen Toro Rosso Team. "Nothing to say today", hieß es auf dem weißen Blatt Press Release-Papier. So ganz konnte das nicht stimmen, denn Franz Tost und Scott Speed sollen sich nach dem Rennen nicht nur jede Menge zu sagen gehabt haben...

Die Lehre vom Winken

Nichts zu sagen - wirklich?, Foto: Toro Rosso
Nichts zu sagen - wirklich?, Foto: Toro Rosso

Bernie Ecclestone wünscht sich aktivere Fahrer, fannähere Fahrer, greifbare Fahrer. Vor Jahren forderte er die Piloten dazu auf, bei der Fahrerparade zu winken. Manche kommen dieser Aufforderung auch in anderen Situationen nach. Fernando Alonso winkt gerne bei voller Fahrt anderen Fahrerkollegen oder seinem Kommandostand. Markus Winkelhock hob die Freundlichkeit bei seinem F1-Debüt auf ein neues Level: er winkte hinter dem Safety Car seinem Freund Bernd Mayländer. "Ja, das habe ich gesehen", verriet uns Mayländer. "Das war klasse, diesen Sonntag werde ich immer sehr positiv in Erinnerung behalten."

Die Lehre vom Glücksspiel

Glücksspiel kann süchtig machen, verheißt die Werbewarnung. Heikki Kovalainen und Renault konnten der Versuchung dennoch nicht widerstehen. "That's one hell of a gamble", funkte Kovalainens Renningenieur ins Cockpit. Und Recht hatte er: der Wechsel auf Intermediates bei trockener Fahrbahn war alles andere als ein super cleverer Schachzug. Statt einen sicheren 5. Platz in ein Podium zu verwandeln, tauschte Kovalainen P5 für einen enttäuschenden 8. Platz ein. Es war eben ein höllisches Glücksspiel - und dabei kann man alles verlieren.