Drei Lager waren beim traditionellen Ferrari-Debriefing nach dem Rennen in Magny Cours angetreten. Drei Lager, die für die gleiche Seite arbeiten, von denen aber zumindest zwei auch egoistische Motive verfolgen. Denn neben Co-Teamchef Stefano Domenicali waren noch Massa-Renningenieur Rob Smedley und Räikkönen-Renningenieur Chris Dyer zugegen.

Smedley schien der Traurigste der drei Anwesenden zu sein, hatte sein Schützling das Rennen doch lange angeführt, bevor sich Kimi Räikkönen beim letzten Stopp vorbeischwindelte. "Wir waren in einer guten Position und hatten eine brauchbare Strategie. Wir waren schon im Qualifying sehr schnell", meinte Smedley. So hatte Massa ein sehr gutes Auto hingestellt bekommen, mit dem er in den Trainings und auch im Rennen sehr gut zurecht kam. Doch zum Sieg reichte es nicht. "Das Rennen als Führender zu verlieren, ist schade. Andererseits muss man das auch akzeptieren. Es ist ein Teamsport und heute sind die Dinge nicht für ihn gelaufen. Wir haben 18 Punkte für das Team geholt und darauf arbeiten wir alle hin", gab sich Smedley diplomatisch.

Chris Dyer hätte das wohl noch einfacher geschafft, doch er musste gar nicht auf seine diplomatischen Qualitäten zurückgreifen. Er wurde eher danach gefragt, welcher Sieg denn schöner war: jener in Melbourne oder der in Frankreich? "Wir hatten damals ein angenehmes Wochenende. Es war das erste Rennen des Jahres. Es gab nicht viel Druck. Seitdem konnten wir dann aber nicht mehr gewinnen und der Druck wurde sehr groß, vor allem auf Kimi. Es war hier also schöner zu gewinnen als in Melbourne", erklärte Dyer, der hofft, die gute Entwicklung nun fortsetzen zu können.

Denn seiner Meinung nach hat die Beziehung des Teams mit Kimi Räikkönen nun eine Phase erreicht, in der man sich richtig kennt. Probleme in der Vergangenheit konnte Dyer in auf dem Weg bis dorthin nicht feststellen. "Wir hatten nie Probleme mit Kimi, damit dass er ins Team passt. Die Art wie wir mit Kimi gearbeitet haben und er mit uns, damit hatten wir kein Problem und das mussten wir nicht verbessern. Es braucht einfach Zeit, ihn als Fahrer zu verstehen und für ihn braucht es Zeit, unser Auto zu verstehen und wie unser System funktioniert", berichtete Dyer. Das sei alles ein natürlicher Prozess gewesen, bei dem sich beide Seiten einfach aneinander gewöhnt hätten.

Lewis Hamiltons Rückstand ist nicht besonders aussagekräftig, Foto: Sutton
Lewis Hamiltons Rückstand ist nicht besonders aussagekräftig, Foto: Sutton

Da der nun abgeschlossen zu sein scheint, kann sich die Teamleitung auch mit anderen Dingen auseinandersetzen. Unter anderem mit der Frage, ob der Vorsprung von einer halben Minute, den man auf Lewis Hamilton hatte, denn wirklich realistisch sei. "Wir dürfen diese Informationen von Rennen zu Rennen nicht über- oder unterschätzen. Hamilton war auf einer anderen Strategie und im Verkehr ist er zurückgefallen", meinte Stefano Domenicali dazu ganz trocken. Zudem sei jedes Rennen anders. So hatte Fernando Alonso Probleme im Mittelfeld, die ihn auch mehr Zeit verlieren und nicht besonders gut aussehen ließen. "Wir dürfen also nicht zu fröhlich sein, weil wir 30 Sekunden haben, denn im anderen Rennen hatten wir das nicht. Wir dürfen uns freuen, weil wir in der Konstrukteurs-WM zehn Punkte aufgeholt haben", sagte der Teamchef.

Doch damit zufrieden geben darf man sich nicht, das weiß man gerade bei Ferrari gut genug, wo die Durststrecke bis vor wenigen Stunden noch allgegenwärtig war. Deswegen will man auch möglichst schnell weiterentwickeln. In welchen Bereichen, weiß man schon. "Die Entwicklung muss in alle Teile des Autos fließen, die sofort Leistung bringen. Aerodynamik, Motor, das mechanische Setup; all diese Dinge sind sehr wichtig. Das Problem ist, in diese Details wirklich tief hineinzugehen, damit wir auch in Silverstone Sachen bringen können, die unser Auto besser machen", erklärte Domenicali.

Zudem sieht sich der Teamchef nicht im Vorteil gegenüber McLaren, weil man nun einmal gewonnen hat. Ganz im Gegenteil sogar. "Sie haben zwei Joker, die sie ausspielen können. Sie haben mehr als 20 Punkte Vorsprung. Wir müssen angreifen und aggressiv sein. Außerdem dürfen wir keine Chance mehr auslassen. Das wissen wir, das ist Teil des Racing, das ist Teil unseres Jobs", sagte er. Doch ein Aber hatte er auch anzubieten. So habe McLaren diesmal Punkte verloren und das Ziel von Ferrari sei es, diese Lücke in Silverstone noch zu verkleinern. "Wenn die Lücke dann geschlossen ist, kann sich die Strategie bei ihnen und bei uns wieder ändern." Bleibt nur die Frage, wer von den beiden bei einem direkten Kopf an Kopf Rennen dann wirklich aggressiver zu Werke geht.