Wie kann das sein? Die komplette Trendwende in der Formel 1, eine komplette Umkehrung der Kräfteverhältnisse an der Spitze innerhalb von nur drei Wochen? Die Frage stellten nicht wenige nach dem Rennen in Magny Cours. Sicher, da war das neue Aerodynamikpaket, dass Ferrari beim letzen Silverstone-Test zum ersten Mal einsetzte, nachdem der Windkanal nach mehrwöchiger unfallbedingter Pause wieder in Betrieb gehen konnte. Aber reicht das, um in so kurzer Zeit alles auf den Kopf zu stellen?

McLaren ist keine halbe Minute hinter Ferrari zurückgefallen., Foto: Sutton
McLaren ist keine halbe Minute hinter Ferrari zurückgefallen., Foto: Sutton

Wie so oft in der Formel 1 zeigt sich auch in diesem Fall, dass bei differenzierterer Betrachtung schon die Fragestellung komplizierter ist. Eine große Rolle spielen sicherlich die Streckenbedingungen. Magny Cours mit seinem vor allem nach der Neuasphaltierung extrem griffigen und ebenen Asphalt kommt den Stärken des Ferrari stärker entgegen als viele andere Kurse. Unter diesen Umständen kommt die aerodynamische Effizienz des Autos besonders gut zur Geltung, wenn man zum Beispiel mit besonders wenig Bodenfreiheit fahren kann. Auch bei McLaren-Mercedes staunte man ziemlich über die hohen Top-Speeds von Ferrari auf den Geraden, ist man doch überzeugt, von der Motorleistung her keinerlei Nachteile zu haben...

Aber ein weiterer Faktor ist nicht zu übersehen: Bei der heutigen Leistungsdichte und Komplexität der Formel 1 können minimale Probleme schon maximale Auswirkungen haben. Erwischt eines der Top-Teams ein optimales Wochenende, während das andere mit dem ein oder anderen Problemchen zu kämpfen hat, entsteht zumindest bei flüchtiger Betrachtungsweise schnell eine scheinbar extreme Dominanz, die in Wirklichkeit gar nicht vorhanden ist. Das ging zuletzt Ferrari so, angefangen vom Räikkönen-Trainingsunfall in Monaco über die leidigen Probleme, die Reifen im Qualifying auf Temperatur zu bringen, bis zu den Startschwierigkeiten von Räikkönen in Indy, die seine da schon starke Rennperformance nicht zur Geltung kommen ließen.

Endlich wieder ein Sieg für den Finnen und die Italiener., Foto: Sutton
Endlich wieder ein Sieg für den Finnen und die Italiener., Foto: Sutton

In Frankreich erwischte es nun die Silbernen, vor allem Fernando Alonso, der ja am Samstag gleich zweimal von technischen Problemen kalt erwischt wurde. Auf dem zehnten Startplatz festgenagelt, mit einer dafür nicht gerade passenden Strategie mit einem sehr kurzen ersten Stint, da kämpfte der Spanier von vornherein mit stumpfen Waffen, konnte auch mit viel Einsatz und Kampfgeist nicht mehr viel gut machen. Wozu der Spanier unter normalen Umständen fähig gewesen wäre, zeigten seine Rundenzeiten, wenn er denn doch einmal frei zum Fahren kam. Nicht nur Christian Danner hatte den Eindruck, dass der Spanier hier von den beiden McLaren-Piloten prinzipiell der Stärkere gewesen wäre... Und bei Lewis Hamilton war der gegen Kimi Räikkönen verlorene Start sicherlich für die komplette Rennstrategie alles andere als hilfreich.

Nicht, dass es für Silber bei optimalem Ablauf unbedingt zum Sieg gereicht hätte. Dafür waren die Roten hier wohl wirklich ein bisschen zu stark. Aber die Abstände wären sicherlich geringer gewesen. So wie unter anderen Umständen wohl auch zuletzt die Rückstände von Ferrari. Und niemand hätte von großen Umschwüngen, Trendwenden, Dominanzen und ähnlichem gesprochen. Sondern von dem, was das Duell zwischen McLaren-Mercedes und Ferrari wohl bis zum Saisonende sein dürfte: vom einem relativ ausgeglichenen Kampf auf höchstem Niveau, wo kleine Ursachen ganz schnell zumindest optisch größte Wirkung zeigen.