Er gab sich locker, stark, ein bisschen heldenhaft, wie es eben zum Image eines Formel-1-Fahrers gehört. Aber so richtig vorstellen konnte es sich im Fahrerlager von Indy von Anfang an kaum jemand, dass die FIA-Ärzte Robert Kubica an diesem Wochenende schon wieder ins Auto steigen lassen würden. Zu groß die Verantwortung der Ärzte, zu groß das Risiko für Kubica und vielleicht auch für andere...

Von Seiten des BMW Sauber-Teams hatte Kubica erst einmal volle Rückendeckung für seine schnellen Comebackpläne bekommen - sicher auch aus dem Grund, seine Moral zu stärken, absolutes Vertrauen zu beweisen. BMW-Physiotherapeut Josef Leberer, wahrscheinlich der beste in diesem Metier in der Formel 1, mit viel Einfühlungsvermögen und Erfahrung, wurde speziell dazu abgestellt, sich um Kubica zu kümmern, ihn so schnell wie möglich wieder fit zu machen. Was er innerlich davon gehalten hätte, Kubica schon jetzt wieder ins Auto zu setzen - ohne das öffentlich zu sagen - steht auf einem anderen Blatt.

Wer den Österreicher, der früher jahrelang der Betreuer von Ayrton Senna war, kennt, weiß: Er gehört eigentlich zu den "Vorsichtigen" in der Szene, sieht die Problematik, gerade bei allem, was mit "Kopf und Gehirnerschütterungen" zu tun hat, sehr genau - auch die Unterschiede zwischen psychischen und physischen Spuren, auch den nicht immer sofort messbaren. Und er denkt an mögliche Spätfolgen - vor allem, wenn noch einmal die kleinste Kleinigkeit passieren sollte. Aber auch er steht natürlich zwischen den Fronten, kann, wenn überhaupt, nur Ratschläge geben - dass jetzt andere Stopp sagten, kann ihm womöglich nur Recht sein... Und wer weiß, ob nicht auch BMW-Motorsport-Direktor Dr. Mario Theissen innerlich ganz froh über diese Entscheidung für die Vernunft ist, die andere, medizinisch kompetente Fachleute ihm abgenommen haben.

Alle wollten mit Robert sprechen., Foto: Sutton
Alle wollten mit Robert sprechen., Foto: Sutton

Ein paar Beispiele aus der Vergangenheit machen halt nachdenklich - und gerade Theissen kennt sie aus nächster Nähe: Zweimal mussten in den letzten Jahren Fahrer einsehen, dass die Realität doch noch eine andere ist als die selbst herbeigewünschte. Sowohl Ralf Schumacher 2003 als auch Nick Heidfeld 2005 - übrigens beide in einem Williams-BMW - fühlten sich in Monza nach schweren Testunfällen mit Gehirnerschütterung gut eine Woche zuvor fit genug, wieder zu fahren. Sie bekamen am Donnerstag auch die Freigabe der Ärzte - nur um dann am Freitag nach dem freien Training einsehen zu müssen, dass es doch nicht geht. Die Vibrationen im Auto, die Fliehkräfte in den Kurven - all das führte dann eben doch zu starken Kopfschmerzen, Übelkeit, so dass irgendwann doch die Vernunft siegte - und dann ab dem Samstag ein Ersatzfahrer einstieg. In Indianapolis sind vor allem in der Zielkurve, dem berühmt-berüchtigten leicht überhöhten Turn 13, die Fliehkräfte sehr hoch - über 4g.

Und selbst wenn man sich zwingt, das Rennen irgendwie durchzustehen - die Nachwirkungen können übel sein: Nelson Piquet meinte 1987 nach einem Trainingsunfall in Imola, ebenfalls mit einer Gehirnerschütterung - zwei Wochen später in Spa unbedingt fahren zu müssen, auch gegen den Rat einiger Ärzte. Schließlich kämpfte er um den WM-Titel. Er stand das Wochenende auch irgendwie durch, hatte dann aber die ganze restliche Saison über immer wieder Probleme mit starken Kopfschmerzen und unerklärlicher Müdigkeit. Auch wenn er im Moment enttäuscht ist - mittel- und langfristig kann Kubica den FIA-Ärzten wohl eher dankbar sein! Ein verpasster Grand Prix ist schließlich wenig im Vergleich zu den möglichen Folgen einer zu frühen Rückkehr ins Cockpit!