Auf den ersten Blick scheint Kimi Räikkönen wie verhext zu sein. Jahre lang fuhr er bei McLaren Mercedes dem Titel hinterher. Entweder sein Auto war schnell, aber unzuverlässig oder es war nicht schnell genug (und vielleicht trotzdem noch unzuverlässig). In diesem Jahr sollte alles anders werden. Mit Ferrari wollte er endlich nach dem WM-Titel greifen, nein, ihn ergreifen. In Melbourne lief alles nach Plan - ein überlegener Sieg, obwohl Kimi mit dem Auto nicht hundertprozentig klar kam und sein Funk spukte. Aber dann... technische Probleme und Fehler wie sein Leitplankenkuss im Monaco-Qualifying kosteten ihn wertvolle WM-Punkte. Fernando Alonso sieht Kimi sogar schon am Rande eines Titel-Aus.

Der Finne bleibt derweil cool - was angesichts seines Naturells natürlich keine große Überraschung ist. Es sei noch zu früh, um über den Rest der Saison zu sprechen, betont er. "In einigen Rennen können wir uns die Situation anschauen." Jetzt aber noch nicht. "Wir können Rennen gewinnen und auch die WM, also bin ich mit meinem Wechsel zufrieden", wiegelt er die Unkenrufe der Presse ab. Sein Wechsel von McLaren zu Ferrari war also kein Fehler, kein Flug vom britischen Regen in die italienische Traufe.

Das möchte er in Kanada mit Fakten untermauern, am besten gleich 10 Fakten in Form von WM-Punkten. "Wir sollten hier eine gute Chance haben", sagt er. "Wir haben ein gutes Paket, aber es ist schwierig, etwas vor dem Wochenende zu sagen. Morgen sehen wir, wie das Auto funktioniert, ob alles passt. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir ein starkes Wochenende haben werden." Die üblichen Phrasen also. Aber Kimi kann sie belegen, mit Bestzeiten vom Le Castellet-Test, wo die Teams zwei Tage lang auf den Kanada GP hinarbeiteten. "Wir hatten einen guten Test", betont er. "Das Auto war dort sehr stark, aber es ist eine andere Strecke, eine andere Zeit, ein anderes Land, es kann hier ganz anders laufen. Warten wir morgen ab."

Sein Ex-Team erwartet er in Montreal nicht mehr so überlegen wie in Monaco, das Kräfteverhältnis sollte also wieder zur Normalität zurückkehren. Das bedeutet: McLaren und Ferrari kämpfen um den Sieg. "BMW ist auch stark, aber nicht so stark wie Ferrari und McLaren", analysiert Räikkönen. "Bei einigen Rennen werden wir aber auf sie aufpassen müssen." Nicht aufpassen möchte Kimi am Sonntag auf Streckenschäden. "Im letzten Jahr brach die Strecke während des Rennens auf", erinnert er sich, "hoffentlich haben sie das behoben, so dass wir ein normales Rennen fahren können."

Das wird auch nötig sein, denn noch ist Kimi trotz aller Lobeshymnen auf die tolle Zusammenarbeit mit seinem neuen Team nicht da angekommen, wo er sein möchte. "In Monaco war es besser, ich war glücklicher mit dem Auto, aber wir haben noch nicht die Ergebnisse geholt, die wir uns erhofft haben", sagt er. "Das lag auch an meinem Fehler." Diesen darf er in Montreal nicht wiederholen, auch wenn die Mauern auch hier nah an der Strecke stehen - ganz besonders die berüchtigte Wall of Champions...