Adrian, du warst letztes Jahr Testfahrer bei Midland/Spyker, jetzt hast du deine ersten Wochen als Stammfahrer hinter dir...
Adrian Sutil: Es ist schon eine neue Situation. Als Einsatzfahrer hat man viele Verpflichtungen und ist viel unterwegs, was aber auch sehr schön ist. Es waren super Monate nach der Bekanntgabe durch das Team. Es hat sich vieles geändert, aber eher im Positiven.

Die Formel 1 ist technisch sehr komplex. Wie sehr hast du dich schon eingefunden?
Adrian Sutil: Die Technik ist eine eigene Welt, aber ich kenne Teile davon schon aus dem letzten Jahr. Das trifft aber nicht nur auf der technischen Seite zu, ich kenne auch noch nicht sehr viele Strecken. Außerdem ist man als Freitagstester mehr auf die Reifen spezialisiert, als Stammfahrer muss man mehr mit dem Team zusammenarbeiten und das Auto abstimmen. Das wird für mich neu, aber auch sehr interessant.

Genauso interessant war sicherlich deine erste Ausfahrt im neuen Auto in Silverstone...
Adrian Sutil: Ja, es war der zweite Testtag und es herrschten schwere Bedingungen. Ich sollte nur einen ersten Eindruck vom Auto bekommen, das sich sehr gut angefühlt hat.

Du hast von den Verpflichtungen eines F1-Piloten gesprochen. Dazu gehören auch viele Interviews und PR-Termine wie dieser hier. Empfindest du diese als störend oder freut dich das Interesse an deiner Person?
Adrian Sutil: Es ist gut und interessant. Jeder Fahrer braucht Presse, je mehr desto besser. Natürlich macht es Arbeit, aber das gehört dazu; damit muss man zurecht kommen. Ich bin immer offen für alle Leute.

Adrian hat den Sprung zum Stammfahrer geschafft., Foto: Spyker
Adrian hat den Sprung zum Stammfahrer geschafft., Foto: Spyker

In den letzten Interviews wurdest du immer wieder auf deine musikalische Ader angesprochen. Freust du dich, dass alle dich darüber befragen oder geht es dir eher auf die Nerven, immer wieder diese Fragen beantworten zu müssen?
Adrian Sutil: Wenn einmal nicht der übliche Kfz-Mechaniker-Hintergrund vorhanden ist, macht das einen Fahrer ja auch interessant. Deswegen bin ich stolz, dass ich eine andere Vergangenheit habe. Also darf man mich darüber auch gerne ausfragen.

Die ständig gleichen Fragen dazu stören dich derzeit also nicht?
Adrian Sutil: Nein, es wird sich garantiert bald wieder legen. Wenn die Saison losgeht, werden die Motorsportfragen sicher überwiegen.

Du musstest in letzter Zeit sehr viele Interviews und Pressegespräche wahrnehmen. Gab es irgendetwas, dass du gerne erzählt hättest, aber niemand gefragt hat?
Adrian Sutil: Ich habe alles erzählt; ich weiß nicht mehr, was ich sagen soll... [lacht]

Eine Thematik musstest du auch schon häufig beantworten: die Frage zu den Freitagstestern. Natürlich wollen alle Einsatzfahrer so viel wie möglich fahren, andererseits hast du letztes Jahr am eigenen Leib erlebt, wie gut es ist, jungen Fahrern eine Chance zu geben. Wie stehst du unter dem veränderten Freitagsreglement dazu?
Adrian Sutil: Es ist eine super Chance für junge Fahrer, zu zeigen, was sie können. Wir haben weniger Budget als die großen Teams und erhalten auf diese Weise gleich doppelt Unterstützung: durch einen jungen Fahrer und auf der finanziellen Seite. Selbstverständlich würde ich gerne den ganzen Tag fahren. Aber: Am Anfang ist die Strecke in den ersten anderthalb Stunden eh noch schmutzig, also geht da nicht ganz so viel verloren. In der zweiten Session werden dann immer beide Stammfahrer im Auto sitzen. Also kann ich damit leben.

Es könnte demnach wohl eher bei dir unbekannten Strecken ein Problem werden?
Adrian Sutil: Das war anfangs auch meine Befürchtung, aber wir haben ja auch am Samstag noch ein Freies Training. Das sollte reichen.

Auch mit anderthalb Stunden Training ist Adrian zufrieden., Foto: Sutton
Auch mit anderthalb Stunden Training ist Adrian zufrieden., Foto: Sutton

Zudem wird am Freitag länger gefahren: Beide Trainings wurden um eine halbe Stunde verlängert. Somit hast du allein im zweiten Training schon fast so viel Zeit, wie früher in beiden Freitags-Trainings.
Adrian Sutil: Genau. Außerdem sollte ein guter Fahrer sofort mit jeder Strecke zurechtkommen. Er muss nicht erst vier Stunden herumfahren, um die richtige Linie zu finden. Ich komme damit jedenfalls sehr gut klar.

Mit unbegrenzter Motorleistung und genügend Reifen sollte es auch in anderthalb Stunden möglich sein, mehr zu fahren, als im letzten Jahr während des Rundengeizes in zwei Stunden.
Adrian Sutil: Klar. Da bleibt dann auch noch genügend Zeit, einmal etwas auszutauschen.

Zurück zum Thema Testfahrer. Spyker hatte schon letztes Jahr viele Tester, die alle als Kandidaten für das zweite Cockpit gehandelt wurden. Gab es da eine Art Konkurrenzkampf zwischen euch?
Adrian Sutil: Nein, von den Testfahrern standen glaube ich eh nicht so viele auf der Liste. Allerdings kenne ich die Überlegungen des Teams nicht, aber Tiago Monteiro war als letztjähriger Stammfahrer sicher einer der größten Konkurrenten. Aber ich bin froh, dass ich davon nichts mitbekommen habe, solche Verhandlungen hätten mich nur unnötig nervös gemacht. Allerdings finde ich es gut, dass das Team auch dieses Jahr wieder auf junge Fahrer setzt. Das gibt es in der F1 nicht sehr oft - die großen Teams machen es meistens nicht. Nur BMW Sauber hat sich getraut und wurde dafür belohnt. Vielleicht tut sich zukünftig auch bei den anderen Teams etwas in dieser Richtung.

Zur Formel 1 gehören leider auch Gerüchte. Zuletzt gab es Spekulationen, dass Giedo van der Garde dich vielleicht im Laufe des Jahres mit einem dicken Geldkoffer ablösen könnte. Schließlich hat das Team bestätigt, dass Christijan und du nicht für eure Cockpits bezahlen müsst. Kannst du mit diesem Gerücht aufräumen?
Adrian Sutil: Ich habe einen längerfristigen Vertrag und mehr braucht man dazu nicht sagen. Dieses Gerücht habe ich bisher noch nie gehört. Aber selbst wenn ein Fahrer ein paar Millionen mitbringen würde, würde ich mir keine Sorgen machen. Das Team hat mich wegen meiner Leistungen verpflichtet, ansonsten hätten sie auch Herrn Monteiro behalten können. Aber sie wollten mich haben, weil ich sie überzeugt habe.

Noch mehr Spekulationen gibt es um die angeblichen Kundenautos von Super Aguri und Toro Rosso. Wie sehr beschäftigt dich diese Diskussion als Fahrer? Lachst du darüber oder hast du eher ein mulmiges Gefühl, wenn du nicht weißt, ob die Autos der härtesten Konkurrenten vielleicht doch "illegal" sein könnten?
Adrian Sutil: Die Situation mit den Kundenchassis ist schon schade. Bis jetzt ist es noch nicht durch und ich hoffe auch, dass es nicht durchkommt. In der Formel 1 geht es darum, ein eigenes Autos zu bauen und dann das Beste daraus zu machen. Wenn dann jemand das Chassis des besten Teams kauft und nur deswegen um den Sieg mitfährt, ist das lächerlich. Für uns wäre es dann noch schwieriger, in die Punkte zu fahren, wenn unsere Konkurrenten aus dem letzten Jahr sich super Autos kaufen und ganz easy vorne rumfahren. Das wäre schon eine Schweinerei. Hoffentlich kommt es nicht dazu.

Adrian kann den Saisonstart kaum noch erwarten., Foto: Hartley/Sutton
Adrian kann den Saisonstart kaum noch erwarten., Foto: Hartley/Sutton

Die Saison verspricht aber dennoch richtig spannend zu werden.
Adrian Sutil: Auf jeden Fall. Es wird ein sehr interessantes Jahr. Es gibt viele Kämpfe, Teamduelle, neue Fahrer, es wird sehr interessant. Die Zeiten sind sehr eng zusammen, noch enger als letztes Jahr, was sicher mit den Einheitsreifen zu tun hat. Es wird also nicht nur für mich spannend, weil es meine erste Saison ist, sondern auch für die Zuschauer.

Gibt es etwas, worauf du dich am meisten freust?
Adrian Sutil: Ich freue mich unglaublich auf den ersten Grand Prix. Das wird ein einzigartiger Moment. Es wird sicher unglaublich, zum ersten Mal bei einem Rennen im Auto zu sitzen. Aber auch die Rennen in Monaco, Deutschland und Japan werden für mich etwas Besonderes sein. Gerade mit Japan verbinde ich nach meinem F3-Jahr viele Erinnerungen. Es gibt so viele Dinge, auf die ich mich freue - wahrscheinlich freue ich mich nach jedem Grand Prix schon wieder auf den nächsten.

Melbourne wird dann quasi dein zweites Debüt. Schon nach deinem ersten Freitagseinsatz am Nürburgring warst du ja begeistert.
Adrian Sutil: Ja, Testfahrten sind immer noch einmal etwas anderes als ein richtiges Rennwochenende. Am Rennwochenende gibt es noch so viel außen herum, die ganze Stimmung, die einem nahe geht - das ist schon sehr toll.