Es ist jedes Jahr das gleiche Prozedere: Kaum hat der Weihnachtsmann unsere Stuben erobert und hoffentlich ein paar hübsch verpackte Pakete zurückgelassen, richtet sich der Blick auf das große Neujahrsfeuerwerk. Für motorsport-magazin.com bedeutet das: der Geburtstag rückt näher. Am 1. Januar 2001 öffnete ein damals noch f1welt.com getauftes Formel 1-Portal seine virtuellen Pforten. Seitdem sind unzählige Terrabyte die Datenleitungen des Internets hin und her geflossen und wurde aus f1welt.com das Motorsport-Magazin motorsport-magazin.com.

Wir werfen mit Ihnen einen Blick zurück auf die besten, lustigsten oder einfach nur skurrilsten Artikel des vergangenen Jahres 2006. Den Anfang macht einer unserer Nicht-GP-sonntäglichen Wochenrückblicke "Die Woche in der F1". Zwischen dem Türkei GP und dem historischen Wochenende in Monza gab es so einiges zu berichten - allerdings nicht unbedingt aus der Formel 1...

Die Woche in der F1: Von Rauch & Zeichen

Das ist krank, werden einige Leserinnen und Leser sagen, wenn sie diese Zeilen zu Ende gelesen haben. Wahrscheinlich haben sie damit Recht.

von Stephan Heublein, Erstveröffentlichung: 3. September 2006

Wir schrieben Dienstag, den 29. August 2006, Punkt 14:30. Der Schreck fuhr uns in die Glieder: Eine E-Mail schlug in unseren Postfächern auf. Aber nicht irgendeine E-Mail. Es war eine Mail vom Ferrari Press Office. Noch schockierender war der Betreff: "Schumacher..." mehr ließ sich auf den ersten Blick nicht entziffern, da windowstypisch ein anderes Fenster den Rest der Betreffzeile verdeckte. War es etwa schon soweit? Hatte Ferrari die Entscheidung über Michael Schumachers Zukunft vorgezogen?

Kaum war der erste Schreck aus der Maushand gewichen, konnten wir Entwarnung geben. Die Aufregung war verfrüht, die komplette Betreffzeile kündigte nur an, dass Schumacher an diesem Wochenende an den Ferrari-Days am Nürburgring teilnehmen würde - verdammte Fensterwirtschaft. Da waren wir dem Ausnahmezustand noch einmal knapp entgangen. Einige andere Medien hatten zwei Tage später weniger Glück und lösten einen richtigen Fehlalarm aus, als der gesamte Mediendschungel über die "Entscheidung in Monza" berichtete, die anscheinend soeben erst publik geworden war. Wo waren diese Menschen eigentlich seit Mitte Mai, als Jean Todt diese "urplötzliche" Entscheidung ankündigte?

Auch Flavio setzt auf Kommunikation per Rauchzeichen., Foto: Sutton
Auch Flavio setzt auf Kommunikation per Rauchzeichen., Foto: Sutton

Apropos windowstypisch: Nach Michael Schumachers kleiner Fehlerparade in Istanbul wurden ihm auch von uns "schwere Ausnahmefehler" unterstellt. Früher waren schwere Fehler bei ihm die Ausnahme, in letzter Zeit wurden zumindest kleinere Fehlerchen bei ihm zur Gewohnheit. Davon nicht betroffen war in Istanbul jener Ferrari-Fahrer, der bislang den Ruf mit sich herumfuhr, dass er zu wild sei und viel zu viele Fehler begehe; die Rede ist natürlich von Schumachers Teamkollegen Felipe Massa.

Der Brasilianer wurde am letzten Wochenende nach Jenson Button der zweite neue GP-Sieger innerhalb von zwei Rennen - beachtet wurde sein Debütsieg allerdings genauso wenig wie der des Briten. Die Medien, Fans und das Fahrerlager interessierten sich in beiden Fällen nur für den Titelkampf. Button stand in Ungarn im Schatten zweier Ausgeschiedener, Massa im Schatten eines Fehlers, und das war noch nicht einmal sein eigener...

Aber womit haben wir uns in dieser Woche sonst noch herumgeschlagen? Natürlich: den Telefonen. Nein, nicht wie sie jetzt vielleicht denken; wir haben uns selbstverständlich nicht gegenseitig mit Telefonen geschlagen - wir schlagen uns in der Redaktion höchstens mit Masse-Dämpfern; die gibt es ja nach dem Verbot im Überfluss. Das Problem war: niemand ging ans Telefon, jedenfalls nicht die Leute, die wir anriefen. Des Rätsels Lösung fiel recht einfach, aber leider auch nicht ganz so praktisch aus: "Wir könnten Rauchzeichen geben, aber was, wenn sie die Konkurrenz abfängt?", diskutierten wir in Redaktionskreisen über das Funklochproblem so mancher Fahrer, die wir unbedingt erreichen wollten. "Das ist Stoff für einen Thriller. Los, fliegen wir nach Hollywood!", lautete unsere zweite Idee.

So einfach antworten Fahrer mit Rauchzeichen., Foto: Red Bull Racing
So einfach antworten Fahrer mit Rauchzeichen., Foto: Red Bull Racing

Wenn man sich so ansieht, was da an so genannten Blockbustern über den großen Teich bei uns angeschwemmt wird, könnten wir garantiert an einem Nachmittag ein Höllen-Hollywood-Skript schreiben. Man denke nur an so manche kleine Abschweifung unsererseits in das Masse-Dämpfer-Paralleluniversum. "Und wenn dann noch Rauchzeichen drin vorkommen", bilanzierte Kollege Schoklitsch, "müssten wir sowieso die Kings in L.A. sein." Recht hat er. Am Ende beließen wir unsere Pläne doch noch in der Schreibtischschublade, denn für Rauchzeichen wurde es in den Folgeminuten arg dunkel: Die Bäume vor dem Fenster des Redaktionsgebäudes rauschten im Wind und es hatte fast schon den Anschein, als ob die Rauchzeichen den Himmel komplett verdunkelt hätten. Gleich würden in der Dunkelheit Saurons böse Schergen oder noch schlimmer Max' voll bepackte Briefboten über uns hereinbrechen.

Das alles hat aus Ihrer Sicht nichts mit Formel 1 und einem seriösen Rückblick auf die letzten sieben Tage zu tun? Indeed. Dabei sagt dies sehr viel über die vergangene Woche aus: obwohl in Monza vier Tage lang munter getestet wurde, wartete alles gespannt auf Monza - das Rennwochenende. Allerdings nicht, weil dort der Titelkampf in seine viertletzte Runde gehen wird, sondern weil dort am Sonntag eine Bekanntgabe stattfinden soll, auf welche die Medien und Öffentlichkeit schon seit der letzten Vertragsverlängerung von Michael Schumacher warten. Dann werden wir auch darauf vorbereitet sein und keinen Schreck bekommen - komme was da wolle. Noch nicht einmal das Freie Training wird uns verschrecken, auch wenn nach der zurückliegenden Testsession wohl erst am Samstag und Sonntag Fahrbetrieb herrschen wird; der Freitag dürfte stattdessen einem von Saurons übelsten Dienern gehören: dem Rundengeiz. Wir werfen den Rauchgenerator für die sonntägliche Eilmeldung also am besten schon jetzt einmal an...