Motorsport bedeutet nicht nur glamouröse Rennen im Fürstentum, Siegesfeiern im Kreis der Reichen und Schönen und Champagnerduschen auf dem Podium. Um eines Tages vielleicht dorthin zu gelangen, heißt es hart zu arbeiten und viel zu schwitzen.

Marco Holzer nimmt das wörtlich: Während viele seiner Konkurrenten noch im Bett schlummern, joggt er bereits um 6:00 Uhr morgens durch seine bayerische Heimat. Training statt Träumen: Wer im Motorsport nach ganz oben möchte, muss Opfer bringen.

Marcos erste Ausfahrt in einem F1-Boliden., Foto: Sutton
Marcos erste Ausfahrt in einem F1-Boliden., Foto: Sutton

Die ersten Erfolge geben dem Kfz-Mechatroniker-Lehrling recht: Im letzten Jahr gewann er überraschend das erste Formel BMW Weltfinale in Bahrain - gegen Konkurrenten aus allen vier Formel BMW Serien (Deutschland, Asien, Großbritannien und USA) aus aller Herren Länder.

Der Lohn für die harte Arbeit und den unangefochtenen Sieg in der Wüste von Bahrain war ein Formel 1-Test mit dem BMW Sauber Team. Oder wie Mario Theissen es nennt: ein Schnuppertag. "Er soll erst einmal das Auto kennen lernen und die Umstellung von 140 auf 900 PS meistern", sagte Theissen damals. "Demnach ist es kein richtiger Test, sondern vielmehr eine Horizonterweiterung."

Bei dieser Horizonterweiterung trat Marco am vergangenen Donnerstag in die Fußstapfen von Nico Rosberg, Ho Pin Tung und Sebastian Vettel, die nach ihren Formel BMW-Erfolgen allesamt in einem BMW-Williams Boliden erstmals F1-Luft schnuppern durften. "Marco hat bei seinem Debüt im Formel-1-Fahrzeug einen soliden Eindruck hinterlassen. Der Schnuppertest hat ihm aufgezeigt, wohin sein Weg führen kann", sagte Theissen. "Marco hat einen Eindruck von den Grenzen der Technik und der Fahrphysik bekommen sowie die enormen Kräfte, die in der Formel 1 auf den Fahrer wirken, kennen gelernt."

Seine ersten Motorsport-Gehversuche startete Marco im zarten Alter von 4 Jahren bei Indoor-Kartevents. Seit 1997 bestreitet der mittlerweile 18-Jährige Rennen. Das Talent scheint ihm in die Wiege gelegt worden zu sein. Nach seinem Vater Ronald, der als Rallye-Meister von sich reden machte, seinem Onkel Günther, der ebenfalls als Rallye-Pilot aktiv war, und seinem Cousin Thomas, der 2002 in der Formel BMW antrat, ist er bereits der vierte Holzer im professionellen Motorsport.

Das fordert nicht nur beim Fitnesstraining seinen Preis: Auch die Pressearbeit nimmt mit zunehmendem Erfolg zu. Marco stört sich an den vielen Interview-Wünschen und PR-Terminen seit seinem Sieg beim Weltfinale nicht. "Es hat viel Spaß gemacht und war sehr schön", sagt er über seine Auftritte in TV- und Radiointerviews. "Aber es war natürlich auch anstrengend."

Marco bei seinem Doppelsieg am Hockenheimring., Foto: BMW
Marco bei seinem Doppelsieg am Hockenheimring., Foto: BMW

Ebenso schön wie anstrengend waren die Feierlichkeiten nach dem Sieg von Bahrain. Nach einem Empfang im Firmensitz der AM-Holzer Rennsport GmbH in Inningen, ging es mit einer Polizeieskorte zum Rathaus in Bobingen. Dort erwarteten ihn rund 100 Freunde, Sponsoren und Mitglieder des örtlichen Motorsportclubs ASC Bobingen, um ihren "Weltmeister" mit einem Feuerwerk in der Heimat zu begrüßen. Seit Donnerstag hat Bobingen nun auch einen Formel 1-Piloten - wenn das nicht Grund genug für ein weitres Feuerwerk ist!

So viel Rummel und Erfolg, ziehen unweigerlich viel Druck nach sich. Seine dritte Formel BMW Saison begann Marco 2006 mit der Startnummer 1. Und die verpflichtet: "Der Druck war vor dem Saisonstart schon groß", erinnerte er sich nach seinem Doppelsieg beim Auftaktrennen in Hockenheim zurück. "Wäre ich nach dem Weltfinalsieg in Hockenheim nur Zehnter geworden, hätten alle gesagt, dass mein Sieg in Bahrain nur Glück gewesen ist." Mit seinen beiden Siegen bewies Marco Holzer jedoch allen Zweiflern, dass sein Triumph in Bahrain keinesfalls nur eine Eintagsfliege gewesen ist. Am Ende belegte er den 3. Platz der Gesamtwertung in der Formel BMW Deutschland.

Nach dem F1-Schnupperausflug in Valencia werden nun wieder kleinere PS-Brötchen gebacken, allerdings geht es nicht wieder zurück in die Formel BMW. Marco tritt 2007 in der Formel 3 EuroSeries an, dem Sprungbrett in die GP2 und Formel 1. Nach dem "unglaublichen" Erlebnis von Valencia hat er trotz der wenigen Zeit zum Schlafen einen Traum: "Ich möchte irgendwann noch einmal in einem Formel 1-Auto fahren."