Um 19.02 Uhr verließ Michael Schumacher die Stätte seines letzten Auftritts als aktiver Formel-1-Pilot: Umringt von der üblichen Horde von Kamera-Teams und Fotografen, im gleißenden Scheinwerfer-Licht der TV-Scheinwerfer, die die schon hereingebrochene Dunkelheit durchschnitten. Kurioserweise "begleitet" von einem großen Renault-Schirm - und auch noch von dem leicht schadenfroh klingenden Ausruf eines brasilianischen "Fans", der ihm "Alonso ist der Champion" hinterher brüllte. Was Schumi, auf dem Weg zur großen Abschiedsfeier mit Familie und Freunden im Hotel Hyatt, freilich kaum mitbekommen haben dürfte - und wenn, dann dürfte es ihn wohl eher amüsiert als gestört haben. Ehefrau Corinna war schon fast eine Stunde vorher gegangen, voller Vorfreude auf die abendliche Party: "Heute zum Abschluss geben wir sicher noch mal richtig Gas." Auf der großen Saisonabschluss-Party der Formel 1, von Red Bull im Fußballstadion von Morumbi organisiert, tauchten Schumi und seine Freunde allerdings dann doch nicht mehr, wie zuvor angeblich geplant, auf…

Offenbar wollte man den Abschied doch eher nicht in aller Öffentlichkeit ausklingen lassen. Wozu auch, im Rampenlicht stand Schumacher ja zuvor im Rennen, für das er sich wieder von allen Seiten höchste Komplimente abholen durfte. Selbst Renault-Teamchef Flavio Briatore gestand: "Das war schon Klasse, was Michael da heute abgezogen hat. Auch wenn ich vom Rennen selbst gar nicht so viel mitbekommen habe. Ich habe immer nur auf den Zeitenmonitor, auf die Positionen unserer Fahrer, gestarrt - das war das einzige, was mir wirklich wichtig war." Niki Lauda wirkte freilich gar nicht überrascht: "Das war einfach ein Rennen im echten Schumacher-Stil, so wie eben speziell er es kann und ja auch schon öfter gezeigt hat." Dass Schumi jetzt gleich nach dem Abschied in ein Loch fallen, seine Entscheidung zum Rücktritt gleich bedauern würde, hält Lauda für ziemlichen Quatsch: "Diese ganze Sentimentalität, die die Medien da gerne reininterpretieren wollen, gibt es nicht. Zumindest jetzt noch nicht - wenn, dann merkt er so was im März nächsten Jahres, wenn die neue Saison anfängt."

Gas auf beiden Seiten

Gas gaben gleichzeitig Ferrari und Renault im Fahrerlager: Großer und lauter Jubel überall, bei Ferrari vor allem um Sieger Felipe Massa. Der Heimtriumph des Brasilianers versammelte so viele Fans, Familienmitglieder und Freunde rund um und in der Ferrari-Garage, dass sie mit ihrer überschwänglichen Begeisterung einige von der wehmütigen Stimmung angesichts des Schumacher-Abschieds übertönten. Als sich - schon fast bei Dunkelheit - das ganze Team einschließlich der Fahrer noch einmal in der Boxengasse zum obligatorischen Abschiedsfoto versammelte, brandete auch auf der gegenüberliegenden Tribüne noch einmal großer Jubel auf. Hunderte Fans hatten geduldig gewartet, um noch einmal einen Blick auf Schumi und Massa zu erhaschen. Bei Renault hatte man das Weltmeister-Fotoshooting schon hinter sich, zusammen mit der Reifentruppe von Michelin, die sich zum Abschied aus der Formel 1 noch einmal einen neuen Satz Weltmeister-T-Shirts gegönnt hatte. Fernando Alsonso war direkt nach dem üblichen Schaulaufen durch Pressekonferenz und TV-Interviews auf schnellstem Wege in die Renault-Garage geeilt, um alle Ingenieure und Mechaniker zu umarmen, sich noch einmal für die fünf gemeinsamen Jahre und die gemeinsamen Erfolge zu bedanken - was er direkt nach der Zieldurchfahrt ja schon einmal über Funk getan hatte. Und irgendwann schraubten dann - scheinbar - Renault-Mechaniker am Ferrari und umgekehrt - große Verbrüderung und Hemdentausch war angesagt.

Am Abend feierte der neue Weltmeister dann mit seinem Team in der Stadt, im "Cafe de la Musique", noch einmal offiziell - seine gefühlvolle Abschiedsrede rührte angeblich einige Teammitglieder fast zu Tränen. Vergessen die zeitweisen Querelen, die allerdings sowieso eher immer mit der Teamführung als mit den einzelnen Mitarbeitern bestanden. Zum Abschied hatten sich noch einmal alle lieb, Alonso bekam als Abschiedsgeschenk unter anderem eine große Foto-Collage, die das Team für ihn zusammengestellt hatte. Bis zum Ende der Fete in den späteren frühen Morgenstunden blieb er allerdings nicht: Er verabschiedete sich gegen ein Uhr - sein Privatflieger wartete zur Rückkehr nach Europa.