"Heiße" Wochen sagte Michael Schumacher im Titelendspurt voraus. Was angesichts des Punktegleichstands zwei Rennen vor Saisonende wie eine passende Beschreibung des Titelkampfes klingt, ist noch viel mehr. Es erscheint wie eine Kampfansage an Fernando Alonso, der in der Sieger-Pressekonferenz in Shanghai direkt neben Schumacher saß, als dieser "komplett aus dem Häuschen" die phänomenale Aufholjagd seines Teams würdigte.

In Alonso dürfte es zu diesem Zeitpunkt bereits gegärt haben - 25 Punkte verloren er und sein Team in den Rennen zwischen Kanada und Shanghai. "Jetzt beginnt die WM bei Null, mehr kann man doch nicht wollen", freute sich Schumacher, dessen Nebenmann garantiert andere Dinge wollte. "Wir haben in der zweiten Hälfte der Saison eindeutig die bessere Arbeit abgeliefert und daher verdient den Ausgleich im WM-Stand geschafft. Wer hätte sich das vor drei Monaten wohl vorstellen können? Wenn man aber gesehen hat, welchen Ehrgeiz und Kampfgeist die Jungs in diese Aufholjagd gesteckt haben, dann darf man sich nicht wundern. Dies ist einfach eine ganz besondere Truppe. Es wird sicher ein toller Fight - ich liebe so etwas."

Fernando wohl weniger, vor allem, wenn er das Gefühl hat, dass er nicht nur gegen Schumacher, Massa, Ferrari, Bridgestone und Teile der FIA ankämpfen muss, sondern auch gegen sein eigenes Team. Zwar sei die Moral auch nach der Niederlage von China noch in Ordnung, aber er müsse schon gegen "viele Faktoren" kämpfen. Damit meinte er vor allem, dass seiner Meinung nach das Team den Konstrukteurstitel zugunsten des Fahrertitels favorisiere. "Daran gibt es keinen Zweifel", meinte Alonso am Sonntagabend in Shanghai. "Sie wollten heute den zweiten und dritten Platz, die 14 Punkte für die WM, und sonst nichts."

Motivation für das eigene Team sieht anders aus. Oder ist das gelb-blaue Tuch zwei Rennen vor dem Wechsel zu McLaren Mercedes endgültig durchtrennt? Gerüchte über Unstimmigkeiten zwischen Alonso und dem Team gibt es bereits seit einiger Zeit. Vor allem Pat Symonds soll nicht zu seinen größten Fans zählen. Jener Symonds klagte auch, dass Alonso bei seiner Entscheidung die Vorderreifen zu wechseln verspekuliert hätte. Der Spanier wähnt jedenfalls eine Verschwörung gegen ihn: "Es sind auch die, die sehr happy sind, wenn ich die Nummer 1 nicht zu einem anderen Team mitnehmen würde."

In den Reihen der Franzosen spielte man die Attacken des Weltmeisters herunter. "Ich weiß nicht, was Alonso meint. Ich schiebe es jetzt einfach einmal auf die Frustration, weil ihm ein schöner Sieg in Shanghai entglitten ist", teilte ein Renault-Sprecher mit, der natürlich betonte, dass das Team 100 Prozent hinter Alonso stehe. Ob dem wirklich noch so ist, wird sich in Suzuka zeigen - vielleicht war die Kritik ja der richtige Weg um das Team noch einmal zu motivieren; vielleicht war es aber auch nur der letzte Tropfen, um das Fass wirklich zum Überlaufen zu bringen. Dann hätte er erst Recht eine Front mehr, an der er kämpfen müsste. Zumindest den Fans, so glaubt er, dürfte die Situation gefallen: "Alle haben sich ein spannendes WM-Finale gewünscht - das bekommen sie gerade serviert."

Dass es auch andere Motivationswege gibt, bewies Michael Schumacher, womit sich der Kreis zur Sieger-Pressekonferenz von Shanghai schließt. "Shanghai lässt uns gestärkt in die entscheidende Phase gehen. Es war ein willkommener Motivations-Push, auch wenn wir den nicht wirklich brauchen. Wir sind alle heiß auf die Titel", sprudelte er nur so vor Lob für seine Truppe. "Wir wissen alle genau, dass der Kampf extrem eng und knapp sein wird; wir wissen, was auf uns zukommt. Und ich muss sagen, ich freue mich total auf diesen Kampf."