Jetzt ist das muntere Zukunftsraten endlich vorbei: Michael Schumacher beendet seine Karriere mit dem Ablaufen dieser Formel 1-Saison. Mein Bruder Nick und ich sind vor rund 20 Jahren zusammen mit Michael in Kerpen Kart gefahren. Damals hat Michael uns die richtigen Linien und ein paar andere Tricks gezeigt - natürlich konnten wir bereits Kart fahren, aber er war eben der ältere und erfahrene Kartpilot. Und was für einer: Ich habe einige gute Kartfahrer gesehen, zusammen mit meinem Teamkollegen Giorgio Pantano, immerhin ein Ex-F1-Pilot und aktueller GP2-Fahrer, bin ich bei der Kart-WM angetreten und Zweiter geworden. Aber ich habe nie jemanden so gut Kart fahren gesehen wie Michael. Er war einfach gigantisch!

Dieses Talent hat er in den letzten 15 Jahren in der Formel 1 unter Beweis gestellt, denn da war er bekanntlich auch 'ganz okay' und hat sich relativ 'wacker' geschlagen...

Angesichts seiner Liebe zum Motorsport und seiner unglaublichen Beherrschung eines Karts, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass er nach seiner aktiven F1-Laufbahn wieder Kart fährt. Schließlich haben wir alle unsere Wurzeln im Kartsport. Dass er es noch kann, hat er 2001 bei der Kart-WM in Kerpen bewiesen, als ihn nur der spätere Weltmeister Tonio Liuzzi schlagen konnte.

Sollte es ihm tatsächlich, wie viele vorhersagen, irgendwann in der Zukunft langweilig werden, könnte er auch einen Einstieg in eine andere Rennserie wie die DTM wagen. Vielleicht sehen wir ihn also in ein paar Jahren mit Alfa in der DTM. Immerhin betonte er ja, dass er in der Ferrari-Großfamilie bleiben möchte. Bei seinem Talent könnte er auch in vier oder fünf Jahren noch in die DTM einsteigen und vorne mitfahren. Für mich ist alles denkbar - nur kein F1-Comeback.

Keine zweite Ära

Wenn Michael zurücktritt, dann tritt er zurück. Es gibt für ihn keinen Grund in zwei Jahren zurückzukehren und sich das alle noch einmal anzutun. Damit würde er sich keinen Gefallen tun, dann könnte er gleich weiterfahren. Er hatte genügend Zeit, sich seine Entscheidung reiflich zu überlegen und die möglichen Comeback-Szenarien bei Ferrari, Red Bull oder gar McLaren Mercedes halte ich für Mumpitz. Wegen des Geldes wird er nicht zurückkommen und warum sollte er es sich noch einmal antun bei einem anderen Rennstall bei Null zu beginnen? Er hat schon alles erreicht: Er wird vielleicht zum achten Mal Weltmeister, hält beinahe alle Rekorde und hat schon einmal ein Team aus dem Mittelmaß zum Titel und einer ganzen Ära geführt. Wenn er nach Brasilien 2006 wirklich noch einmal in ein Rennauto steigen sollte, dann weil er Spaß haben und Rennen fahren möchte. Das geht aber auch woanders, wo ihm der Druck der Königsklasse erspart bleibt und man mehr Spaß haben kann als in der F1.

Mit demnächst vielleicht acht aktiven deutschen F1-Fahrern brauchen wir uns jedoch keine Sorgen um die schwarz-rot-goldene F1-Zukunft machen. Ohne Michael werden die Einschaltquoten im nächsten Jahr in Deutschland sicher zurückgehen, aber das beste Gegenmittel sind Erfolge; wenn nächste Saison einer oder mehrere unserer anderen Fahrer vorne mitfahren oder sogar gewinnen, werden die Fans schnell wieder einschalten. Nick, Ralf, Nico und die Nachwuchstalente wie Sebastian Vettel oder Timo Glock haben das Zeug dazu auch zukünftig deutsche Erfolge in der Formel 1 zu feiern.

Michael hat natürlich so viel geleistet und gewonnen, dass er niemals vergessen wird, aber die F1 ist ein schnelllebiges Geschäft. Vor ein paar Monaten waren Jacques Villeneuve und Juan Pablo Montoya noch feste Bestandteile der F1-Welt und unseres Denkens - jetzt scheinen sie nur noch Namen aus grauer Vorzeit zu sein, deren Umrisse sich langsam verflüchtigen. Wenn wir heute einen Blick auf die WM-Tabelle werfen und dort die Namen Villeneuve oder Montoya entdecken, denken wir nur noch überrascht: Was machen die denn da? Es ist unglaublich wie schnell ein Ex-Weltmeister mit dem klangvollen Namen Villeneuve in Vergessenheit gerät, obwohl er in diesem Jahr gute Leistungen gezeigt hat. Für uns ist es drei Rennen nach Villeneuve schon selbstverständlich, dass ein Pole namens Robert Kubica im zweiten BMW Sauber sitzt. Kubica war in Monza übrigens etwas zu bemitleiden: Es war schade, dass er sein erstes Podium ausgerechnet bei diesem Rennen feiern musste. So stand er sowohl in der Sieger-Pressekonferenz als auch danach immer im Schatten des Schumacher-Rücktritts. Seine Leistung sprach dennoch für sich.

Der zweite Schrei

Der Tiefpunkt des Monza-Wochenendes rief einen zweiten, mindestens genauso lauten Aufschrei hervor wie Michaels Rücktritt. Ich kann absolut verstehen, dass Fernando Alonso am Sonntag angefressen mit dem Daumen nach unten ins Fahrerlager kam. Irgendwann muss man den angestauten Frust rauslassen und Fernando hatte in den letzten Wochen einige Gründe sich ungerecht behandelt zu fühlen.

Die 'Übeltäter' sind für mich aber nicht Michael und Ferrari, sondern die FIA. Passend dazu prangte auf einem der Laptops in der Renault-Box ein Bildschirmschoner mit einem umgestalteten FIA-Logo bei dem das F mit "Ferrari" übersetzt wurde. Trotzdem sehe ich Ferrari in diesem Fall als unschuldig, für sie wäre eine absichtliche Beeinflussung der WM auf ihren Wunsch tödlich. Ich kann jedoch genau nachvollziehen, warum Bernie Ecclestone nach der neuerlichen Strafe für Alonso mit Max Mosley und Charlie Whiting getobt haben soll. Bernie will sein Geschäft verteidigen und solche Imageschädigenden Aktionen sind einfach nicht gut - weder für die F1 noch für die Automobilhersteller und Sponsoren. Es wurde Zeit, dass er ein Machtwort gesprochen hat. Schließlich ist es keine Werbung für die Königsklasse des Motorsports, wenn der amtierende Weltmeister sagt, dass die F1 kein Sport mehr sei und Fotos von ihm um die Welt gehen, auf denen er den Daumen nach unten hält.