Michael Ammermüller hat seinen ersten echten Testtag in der Formel 1 sehr erfolgreich hinter sich gebracht: Ohne Probleme absolvierte er im Red Bull-Ferrari 103 Runden, das sind immerhin über 450 Kilometer: "Erst einmal ging es ja darum, dass ich die 300 Kilometer am Stück zusammenkriege, die ich für die Superlizenz brauche," sagte er gegenüber motorsport-magazin.com. Als das dann erledigt war und das begehrte Papier nun kein Hindernis mehr für einen Einsatz als Freitagsfahrer in Shanghai darstellen sollte, "habe ich auch noch die ein oder andere Kleinigkeit ausprobiert. Aber man muss sich natürlich auch erst mal richtig eingewöhnen, das Auto kennen lernen."

Auch die schnellste Rundenzeit lag nur um 87 Tausendstel hinter der seines wesentlich erfahreneren Teamkollegen Robert Dornboos. "Dabei war ich schon noch ein kleines bisschen vorsichtig, sicher noch nicht am äußersten Limit. Schließlich wollte ich mir ja nicht gleich beim ersten Mal einen Ausrutscher leisten. Ich glaube, dass da am Freitag schon noch ein bisschen mehr drin ist." Da wird Ammermüller zum zweiten Mal zum Einsatz kommen - morgen fahren Liuzzi und Dornboos. "Gar nicht so schlecht, der Tag Pause, da kann ich über alle Details noch mal nachdenken und mich auch ein bisschen ausruhen. Zum Schluss habe ich meine Nackenmuskeln schon ein bisschen gespürt. Dieser Test kam ja doch sehr plötzlich, ich konnte mich nicht gezielt darauf vorbereiten."

Von Straight-Line-Tests kannte der 20-Jährige das Formel-1-Gefühl ja schon, "aber auf einer richtigen Rennstrecke ist das schon noch mal etwas anderes. Da merkt man erst richtig, dass die Formel 1 doch noch um einiges schneller ist als die GP2."

Wobei sich "einige Kurven im GP2-Auto sogar deutlich schwieriger fahren. Im Formel 1 hat man viel mehr Abtrieb, dadurch wird es einfacher." Andererseits "ist es gerade in den sehr schnellen schon sehr schwierig, das Limit des Autos genau zu finden. Wenn man rein fährt, denkt man erst mal, man sei viel zu schnell - aber irgendwie passt es dann doch. Und man gewöhnt sich doch auch ziemlich schnell daran."

Was dem jungen Bayern auffiel: "Da sind doch eine ganze Menge mehr Knöpfe am Lenkrad, viel mehr Dinge, die man einstellen kann und muss. Man hat weniger Zeit zum Nachdenken - und muss trotzdem auf mehr achten." Einen der Knöpfe hat er sich schon mal ganz genau gemerkt: den Speedlimiter - um nicht auch gleich Strafe zahlen zu müssen, wie zuletzt Sebastian Vettel...

Aufwändiger und umfangreicher als bisher aus der GP2 gewohnt sind für Ammermüller auch die Briefings: "Da wird alles viel genauer analysiert, es stehen durch die umfangreiche Elektronik auch noch mehr Daten zur Verfügung. Das ist schon faszinierend, wie man da auf Dinge kommt, an die man vorher gar nicht gedacht hat." Diese analytische Arbeitsweise liegt ihm "und das macht mir auch Spaß. Ich bin schon jetzt bei allen Besprechungen dabei, obwohl ich selbst ja heute noch nicht so viel ausprobiert habe."

Aber er möchte natürlich alles mitbekommen, gerade über die Reifentests, die Robert Dornboos in Jerez absolvierte. Schließlich wäre das Daten sammeln zur richtigen Reifenauswahl seine Hauptaufgabe, sollte er ab Shanghai als dritter Mann bei Red Bull zum Einsatz kommen - ein Ziel, das nicht mehr fern ist. "Dann würde natürlich der zweite Teil des Traums wahr werden - der erste ist es heute schon geworden."