Seit dem letzten Sonntag ist die "elf" Michael Schumachers "wichtigste Zahl". Genauso wichtig ist für sein Team die "zehn" - denn auf so wenige Punkte ist der Vorsprung von Renault in der Konstrukteurs-WM geschmolzen. Ferrari und Schumacher liegen also in beiden Titelkämpfen in Schlagdistanz und kommen mit einem enormen Motivations- und Geschwindigkeitsüberschuss nach Ungarn.

Dort waren die Roten in der Vergangenheit oftmals überlegen - nur einmal, im Jahr 2003, gingen sie mit wehenden Fahnen unter; damals gewann übrigens ein gewisser Fernando Alonso sein erstes Formel 1-Rennen. Damit die Verunsicherung der letzten Wochen verschwindet und Renault mit einem positiven Ergebnis in die Sommerpause gehen kann, müssen sie an diesem Wochenende beweisen, dass die drei Ferrari-Siege von Indianapolis, Magny Cours und Hockenheim keine Trendwende, sondern nur ein Zwischentief waren.

Renault: Waren es die Dämpfer?

Nach der Niederlage von Hockenheim beteiligten sich viele Experten an der Ursachenforschung: Die neue Hinterradaufhängung, die Gewichtsverteilung, die Reifen und die Schwingungsdämpfer wurden als Gründe für den Formabfall angeführt - am Ende war es wohl eine Mischung aus allen Faktoren, die Alonso und Fisichella selbst im Michelin-Lager nicht konkurrenzfähig machten. In Ungarn gibt es aber keine Entschuldigungen mehr: Michelin stellt neue Reifen zur Verfügung, die neue Hinterradaufhängung wird gegen die vorherige ausgetauscht und die Schwingungsdämpfer kehren mit dem Segen der FIA - zumindest vorläufig - in die Nase des R26 zurück. Jetzt muss Renault zeigen, dass sie in Ungarn um den Sieg fahren können, ansonsten könnte nach dem Ende der Sommerpause ein Wechsel an der WM-Spitze bevorstehen.

Fährt Rot wieder vorne weg?, Foto: Sutton
Fährt Rot wieder vorne weg?, Foto: Sutton

Ferrari: Jetzt erst Recht!

Die mittelfristige Zukunft der Scuderia scheint im Moment ungewisser denn je zu sein: Mit den angeblichen Rückzügen von Jean Todt und Ross Brawn droht auch Michael Schumacher seinen Helm an den Nagel zu hängen. Entschieden ist jedoch noch nichts. Und selbst wenn, würde es jetzt sicherlich niemand sagen: Denn die Scuderia hat seit drei Rennen das Oberwasser im Duell gegen Renault und war zuletzt dreimal das schnellste Team im Feld - in Hockenheim sogar mit einer Dominanz, die an die Jahre 2002 und 2004 erinnerte. Für den Titelkampf bedeutet dies: Die Italiener wollen es jetzt wissen. Sollten die Bridgestone-Pneus in Ungarn funktionieren, wovon nach den letzten Leistungen der Reifen auszugehen ist, wird Ferrari auch in Budapest das Team sein, das es zu schlagen gilt.

McLaren: Den ersten Sieg im Visier

Ein Jahr ohne Sieg, ist für McLaren Mercedes ein verlorenes Jahr. Trotz des enttäuschenden Saisonverlaufs haben die Silbernen das Ziel ihres ersten Saisonsieges noch lange nicht aufgegeben. In Hockenheim sahen sie sich darin bestätigt: Hinter Ferrari war man die zweite Kraft - weit vor Renault. Jetzt gilt es diese Form nach Ungarn mitzunehmen und auch dort um Punkte und Podestplätze mitzufahren. Die Titelkandidaten sehen dies mit gemischten Gefühlen: Ferrari wünscht sich McLaren zwischen sich und Renault, die Franzosen würden die Chrompfeile hingegen gerne wieder hinter sich sehen. Für McLaren zählt nur der eigene Erfolg - wenn dann Fernando Alonso als frisch gebackener zweifacher Weltmeister mit der Startnummer 1 im Gepäck ins MTC kommen würde, wäre das allerdings eine schöne Zugabe...

Ist Honda erneut schneller als Renault?, Foto: Sutton
Ist Honda erneut schneller als Renault?, Foto: Sutton

Honda: Aufwärtstrend oder Strohfeuer?

Honda war die eigentliche Überraschung des Deutschland GP: Entgegen dem enttäuschenden Abschneiden der vorhergehenden Rennen, konnten die Japaner in Hockenheim endlich eine bessere Leistung zeigen und sogar um das Podium mitfahren; die Zuverlässigkeit haben sie aber immer noch nicht im Griff - dafür waren auch sie noch vor Renault! In Ungarn wird sich zeigen, ob dieser Performanceanstieg eine einmalige Sache war, oder ob Honda seinen Zielen zumindest einen kleinen Schritt näher gekommen ist. Der entscheidende Faktor werden auch hier wieder einmal die Reifen sein: Denn deren Nutzung soll man bei den Jerez-Tests vor Hockenheim besser an den RA106 angepasst haben - in der Hitze von Ungarn wäre das ein großer Vorteil...

Toyota: Schnell, aber noch nicht gut

Toyota ließ an den letzten Rennwochenenden immer wieder eine verbesserte Form durchblitzen, die neben den Verbesserungen am TF106B vor allem auf die stark verbesserten Bridgestone-Reifen zurückzuführen war. Zum ganz großen Coup hat es aus diversen Gründen aber nie gereicht: Entweder streikte die Technik oder es kamen Un- und Zwischenfälle in den Weg. Vielleicht kann Toyota in Ungarn beweisen, wozu sie an einem problemfreien Wochenende fähig sind.

Dieser Unfall kostete Jacques den Ungarn GP., Foto: Sutton
Dieser Unfall kostete Jacques den Ungarn GP., Foto: Sutton

BMW Sauber: Brutal ausgebremst

Das Verbot diverser Aerodynamikteile hat BMW Sauber mehr ausgebremst als man zunächst zugeben wollte, mittlerweile sagen aber auch die Weiß-Blauen: Die Verbote haben uns getroffen und wir müssen hart an Verbesserungen arbeiten. Vor dem Türkei GP wird es damit aber nichts. Somit könnte BMW auch in Ungarn ein eher unspektakuläres Wochenende bevorstehen. Die große Überraschung ist ohnehin die Besetzung des zweiten Cockpits: Statt des verletzten Jacques Villeneuve sitzt Testfahrer Robert Kubica im zweiten F1.06. Der Pole bestreitet in Budapest sein F1-Debüt. Jetzt kann er also zeigen, dass er nicht nur ein starker Testfahrer, sondern auch ein sehr guter Rennfahrer ist. Der Ungarn GP 2006 könnte also einen entscheidenden Einfluss auf die Fahrerbesetzung für 2007 haben. Der vermeintliche neue dritte Mann muss hingegen passen: Sebastian Vettel laboriert noch an einer Fingerschnittverletzung vom letzten Rennwochenende in der Renault World Series in Spa und musste somit seinen ersten Einsatz als Freitagsfahrer absagen - BMW Sauber verzichtet deshalb auf die Nutzung eines dritten Autos.

Red Bull: Rote Geier in der Puszta

David Coulthard bezeichnete sein Team zuletzt als Aasgeier: Ohne Ausfälle unter den Top-Teams waren keine Punkte für Red Bull Racing drin. In Hockenheim war es nun Christian Klien, der erstmals seit dem Saisonstart in Bahrain wieder in die Punkte gefahren ist und damit allen seinen Kritikern bewies: Seht her, ich kann es doch! Die Bestätigung muss er jetzt am Hungaroring bei seinem Quasi-Heimrennen nachreichen.

Mark Webber muss sich ein neues Team suchen., Foto: Sutton
Mark Webber muss sich ein neues Team suchen., Foto: Sutton

Williams: Viel Wirbel neben der Strecke

Auf der Strecke ist Williams seit viel zu vielen Rennen ohne Punkte. In Hockenheim konnte Mark Webber zwar ein starkes Rennen fahren und viel Aufsehen erregen, aber am Ende stand er wieder ohne Punkte da. Seit Mittwoch steht er sogar ohne Cockpit da: Denn eine Woche nach der Bekanntgabe des Toyota-Deals verkündete Williams seine Fahrerpaarung für 2007: Nico Rosberg und Alexander Wurz! Der Australier muss sich hingegen einen neuen Arbeitgeber suchen. Dafür wäre ein gutes Ergebnis in Ungarn eine gute Bewerbungshilfe.

Toro Rosso: Alles beim Alten

Bei der zweiten Scuderia im Feld gibt es nicht viel Neues: Auch in Ungarn wird man sich über den fehlenden Top-Speed beschweren, ohne Ausfälle keine Punkte holen und trotzdem wieder eine gute Leistung in der Nähe des Schwesterteams abliefern. Wenn das alles diesmal ohne einen Totalschaden an Scott Speeds Auto klappt, werden auch die Mechaniker zufrieden sein...

Midland: Winkelhock, die Zweite

Überraschend darf Markus Winkelhock auch eine Woche nach seinem dritten Freitagseinsatz in Hockenheim noch einmal in den dritten M16 klettern. Der Deutsche hat das Team bei seinem Heimspiel so überzeugt, dass er erneut eine Chance erhält. Die beiden Stammfahrer haben hingegen keine Chance auf WM-Punkte - stattdessen mussten sie an einem relativ enttäuschenden Wochenende in Hockenheim sogar nach hinten auf Super Aguri achten. Die Disqualifikation wegen zu flexibler Flügel soll sich nach Angaben des Teams in Ungarn nicht wiederholen.

Super Aguri: Attacke!

Noch ist der neue SA06 nicht komplett und aufgrund der wenigen Testkilometer kennt das Team den neuen Wagen natürlich noch nicht im Schlaf. Dennoch konnte man schon in Hockenheim erkennen, dass der SA06 mehr Potenzial als der SA05 besitzt - dabei basieren beide auf dem vier Jahre alten Arrows-Chassis. In Ungarn ist es nun das Ziel die erste Zielankunft mit dem neuen Boliden zu erreichen.