Die Kündigung von Technikdirektor Mike Gascoyne, kurze Zeit später die Warnung von Teampräsident John Howett, Toyota könnte sich auch aus der Formel 1 zurückziehen, sollte sich die Sportbehörde FIA nicht zu den Herstellern bekennen. Manche sehen das in Köln-Marsdorf niedergelassene Team in schweren Problemen. Zugleich jedoch scheinen sich auf sportlicher Ebene endlich erste Erfolge abzuzeichnen. Schon in Melbourne hat man offenbar nicht mehr so stark darunter gelitten, die Reifen nicht auf die nötige Betriebstemperatur zu bekommen - immerhin standen Ralf Schumacher und Jarno Trulli auf den Startplätzen 6 und 9, immerhin konnte Ralf erstmals in dieser Saison als Dritter das Podium besteigen.

Und schließlich konnte Toyota bei den in dieser Woche abgehaltenen Tests in Le Castellet abermals Fortschritte verbuchen, wie zu deren Bestätigung markierte Ricardo Zonta am letzten Testtag die Bestzeit vor Renault-Stammfahrer Giancarlo Fisichella und McLaren-Tester Pedro de la Rosa. Zonta sprach im Anschluss vom "besten Test in dieser Saison"...

Fröhliches Gascoyne-Bashing

Unterdessen wird im deutschen Medienwald kräftig auf das Haupt des scheidenden Mike Gascoyne geschlagen. Die Bild-Zeitung freut sich: "Jetzt ist der Chef-Versager weg – und die Bahn frei für Ralf-Siege." Im selben Artikel wird Ralf Schumacher zitiert: "So sehr ich mich über Melbourne freue – so weit sind wir von Renault und McLaren noch entfernt." Woran natürlich Gascoyne schuld ist. Der Brite arbeitete vor seinem Toyota-Engagement bei Weltmeister Renault - Flavio Briatore wird zitiert: "Als Gascoyne weg war, sind wir besser geworden."

Kein Gascoyne-Fan - Flavio Briatore., Foto: Sutton
Kein Gascoyne-Fan - Flavio Briatore., Foto: Sutton

Ist also Mike Gascoyne, dessen Jahresgage zwischen 6 und 9 Millionen Euro kolportiert wird, die Wurzel allen Übels? Der Kölner Express zitiert einen anonymen Toyota-Mechaniker: "Der geht uns auf den Wecker. Sobald Gascoyne ein zweites Bier getrunken hat, erzählt er uns, dass sein Ex-Team Renault heute nur seinetwegen so gut sei. Und dass er bald keinen Bock mehr habe und uns unseren Job alleine machen lassen wolle." Ein natürlich auch anonymer "Formel 1-Insider" soll der Zeitung geflüstert haben: "Wir haben noch in Malaysia zusammen gesessen. Mike hatte keinen Bock mehr und wollte nur noch weg. Der hat seinen Rausschmiss provoziert und die Teamführung mit völlig überzogenen Forderungen brüskiert. Mike will nur noch seine Ruhe haben."

Richtungsstreit?

Wie immer: Wenn genaue Informationen fehlen, entstehen mehr oder weniger glaubwürdige Legenden. Die einzige offizielle Information zum Weggang des britischen Designers spricht von einer "Wegkreuzung" und "unterschiedlichen Meinungen hinsichtlich der künftigen Richtung unserer technischen Operationen". Möglicherweise hat man das Konzept von Mike Gascoyne hinterfragt, denn dieser hat in punkto Fahrzeugentwicklung doch eigene Wege beschritten: Ganz früher Einsatz des neuen TF106 mit einem neuen Aero-Paket kurz vor dem ersten Rennen, dafür Einsatz einer B-Version in Monaco. "Keizen" nannte Toyota stolz diese Entwicklung.

Mike Gascoyne war bis zuletzt von seiner Arbeit überzeugt. In einem Interview mit Autosport erklärte der Brite: "Ich habe immer gesagt, dass wir ein konkurrenzfähiges Auto haben. Und dass wir, sobald wir die Reifenprobleme gelöst haben, das auch sehen werden." Was wirklich der Auslöser für die Trennung zwischen dem Briten und den in Köln stationierten Japanern war, bleibt derzeit zumindest noch ein Rätsel. Eines darf man nicht vergessen: Sollte Toyota nun plötzlich oder in den nächsten Wochen einen Aufschwung erleben, ist das nicht das Ergebnis Gascoyne's Kündigung, sondern das Ergebnis seiner Arbeit.