Seit letztem Jahr zeigt Aston Martin seine Ambitionen nicht nur in Sachen Bau einer komplett neuen F1-Fabrik oder aggressiver Personalrekrutierung, sondern auch auf der Rennstrecke deutlich - zumindest mit einem Auto: Nummer 14. Fernando Alonso konnte in der Saison 2023 acht Mal aufs Podium fahren. Dort stand hingegen kein einziges Mal ausgerechnet Lance Stroll, Sohn des Teambesitzers, der höchste Standards erwartet und 'Sechs-Sterne-Saisons' einfordert. Nach einer miserablen Qualifying-Leistung von Stroll, der am vergangenen Rennwochenende in Japan schon nach Q1 Feierabend hatte, da er sich mit acht Zehnteln Rückstand auf seinen Teamkollegen nur auf P16 qualifizieren konnte, stellt sich wieder einmal die Frage: Ist Lance Stroll für dieses Team eigentlich noch tragbar?

Danner: Strolls Entwicklungskurve mangelhaft

Im AvD Motorsport-Magazin stellt Christian Danner klar: "Lance Stroll ist auf jeden Fall nicht sehr gleichmäßig schnell, wenn auch hin und wieder ordentlich schnell. Aston Martin hat sich aus dem Mittelfeld heraus in die Nähe der Spitze vorgearbeitet. Wenn man einen McLaren mit einem Norris und einem Piastri angreifen möchte, dann braucht man nicht nur einen Spitzenpiloten, sondern zwei."

"Da ist die Frage natürlich schon gerechtfertigt: Kann Lance Stroll das? Denn er fährt lange genug und das Auto kennt er inzwischen auch in- und auswendig. Da fehlt irgendwo ein wenig die Entwicklung nach oben", bewertet der ehemalige Rennfahrer die Leistung des Kanadiers.

Hat das problematische Vater-Sohn-Konstrukt eine Zukunft?

Sein Platz im Team ist für 2025 und darüber hinaus aller Voraussicht nach trotzdem gesichert. Da Strolls Vater bekanntermaßen der Inhaber des Rennstalls ist und bei Aston Martin das Sagen hat, geht Danner davon aus, dass in dieser Saison im Hinblick auf seinen Formel-1-Sitz nichts passiert.

In Lawrence Strolls Doppelrolle als Vater und Geschäftsmann, der eigentlich um den finanziellen Wert von Punkten und WM-Rängen wissen müsste, sieht unser Experte eine Seite vorherrschen: "Ich glaube ganz klar, da wird der Vater überwiegen und sonst nichts. Das Geschäftliche kann er dann, wenn der Sohn nicht mehr fährt, immer noch abwickeln oder das Team wieder verkaufen. Ich glaube, dass die Kombination aus Papa und Sohn dort essenziell ist."

Einschränkend fügt der Experte hinzu: "Das Einzige, was passieren kann, ist, dass Lance, der sowieso nie den Eindruck gemacht hat, dass ihm der Rennfahrerberuf besonders viel Freude bereitet, irgendwann selbst auf die Idee kommt zu sagen, jetzt lassen wir es sein." Sollte dieser Fall eintreten, befürchtet Danner aufgrund der Familienkonstruktion allerdings schwerwiegende und vor allem unabsehbare Konsequenzen für das Team: "Denn dann kann es natürlich auch sein, dass der Papa die Lust verliert."

Die Zukunft des Rennstalls bleibt offen. Für den Moment hält F1-Experte Danner in Bezug auf Strolls Performance fest: "Er muss ein paar Briketts nachlegen, um vernünftigerweise diesen Platz behalten zu können."

Lance Stroll auch für Honda-Werksteam 2026 gut genug?

Momentan sprechen die Zahlen beim Vergleich von Alonso und Stroll eine deutliche Sprache: Die durchschnittliche Qualifying-Position in den ersten vier Saisonrennen war 6,25 bei Alonso und 11,75 bei Stroll. Letztes Jahr entschied Alonso das Qualifying-Duell gegen Stroll, dem im Schnitt eine halbe Sekunde fehlte, ganz eindeutig für sich. In der Fahrerwertung schlug sich der Performance-Unterschied im 4. WM-Platz für Alonso und 10. WM-Platz für Stroll nieder.

Im Ausblick auf 2026, wenn Aston Martin zum Honda-Werksteam wird, sieht Danner den Sitz des Kanadiers aber noch nicht in Gefahr. Zwar baue Honda derzeit mit Yuki Tsunoda beim Racing-Bulls-Team einen eigenen Mann auf. Danner zufolge müsse Honda aber zumindest vorerst Stroll in Kauf nehmen: "Ich glaube hier und heute haben sie gar keine andere Wahl. Denn man kann nicht mit einem Partner wie Aston Martin eine Zusammenarbeit beginnen und gleich vertraglich ein Mitbestimmungsrecht bei der Fahrerwahl einfordern. Ich glaube, sie müssen sich erst einmal auf die Technik konzentrieren und schauen, dass sie das gebacken kriegen."

Alles zur Rückkehr von Honda in die Formel 1 und ob aus dem britischen Rennteam in Zusammenarbeit mit dem japanischen Motorenhersteller möglicherweise ein neuer Formel-1-Gigant entsteht, könnt ihr hier nachlesen:

Danner: Bessere Punkteausbeute mit anderem Fahrer

Angesichts der aktuellen Situation auf dem Fahrermarkt, der nicht nur hochdynamisch ist, sondern auch echte Hochkaräter wie Carlos Sainz zu bieten hat, ist Aston Martins Entscheidung, ein Cockpit fest mit Lance Stroll zu besetzen, der Expertenmeinung nach "nicht schlau, wenn es rein nach dem Erfolg geht".

Mit einem Fahrer wie Carlos Sainz wäre die Ausbeute in der Konstrukteurs-WM natürlich deutlich besser, so Danner. Allerdings definiere Lawrence Stroll für sein Team eine ganz eigene Werteskala, in der WM-Punkte hintenangestellt werden und dafür der Sohn einen existenziellen Baustein bildet. "Alles, was man machen kann, ist, dem Lance das Leben leichter zu machen und das Auto fahrbarer zu machen. Hin und wieder hatte er schon seine Highlights. Er ist aber wahnsinnig unbeständig und war in Suzuka eigentlich nirgends. Aber das kann in China schon wieder anders sein", resümiert der ehemalige Rennfahrer.

Wie Christian Danner die Situation des Rekordweltmeisters Lewis Hamilton vor seinem Wechsel zu Ferrari einschätzt und was seine Meinung zur modernen Strafkultur der Formel 1 ist, erfahrt ihr ebenfalls im neuen AvD Motorsport-Magazin. Hier könnt ihr die ganze Folge ansehen:

Langsam & lustlos! Ist Hamiltons F1-Zeit abgelaufen? (27:29 Min.)