Viele Brotkrumen sind 2024 noch nicht für die zweite Hälfte der Formel 1 abgefallen. Denn genau das ist inzwischen der Fall. Nachdem sich McLaren und Aston Martin im Laufe des Vorjahres zu Top-Teams gemausert haben, wird die Luft für das "Mittelfeld" dünn. So dünn, dass Punkte bei einem normalen Rennverlauf fast unmöglich sind.

Japan ist bestes Beispiel dafür. Neun der zehn Fahrer der Top-Teams lieferten ab. Yuki Tsunodas großartiges Rennen, welches er und sein Team als das vielleicht beste in der Karriere des Japaners feiern, wurde nur deshalb mit einem einzigen Punkt belohnt, weil Aston-Martin-Pilot Lance Stroll ein Pleiten-Wochenende erlebte.

Entscheiden die Top-Teams die WM im Formel-1-Hinterfeld?

Nur zwei der fünf Teams des Hinterfeldes haben in den ersten vier Rennen der Formel-1-Saison 2024 daher gepunktet. Tsunoda liegt mit sieben Zählern weit voran, das Haas-Duo von Nico Hülkenberg und Kevin Magnussen folgt mit drei respektive einem Zähler. Williams, Sauber und Alpine konnten noch gar nicht anschreiben.

Die Gefahr ist, dass nun diesen Teams das Heft aus der Hand genommen wird. Während Tsunodas Punkt in Japan durch ein Bezwingen eines Top-Team-Piloten auf der Strecke zustande kam, kann das für die Zähler, die er und das Haas-Duo an den vorangegangenen Wochenenden eingefahren haben, nicht behauptet werden.

Yuki Tsunoda (Racing Bulls) liegt beim Heimrennen vor Lance Stroll im Aston Martin
Tsunoda konnte in Japan Lance Stroll auf der Strecke hinter sich halten, Foto: LAT Images

In Jeddah punktete Nico Hülkenberg, weil Stroll verunfallte. In Australien punktete das ganze Trio, weil beide Mercedes und ein Red Bull ausfielen. Das verdeutlicht: Weil das Hinterfeld üblicherweise so weit zurückliegt, liegt es weniger in ihren Händen, ob sie punkten. Viel mehr entscheiden das die Top-Teams durch ihre Fehler und Defekte.

Formel-1-Fahrer akzeptieren Punktesystem: P10 wie ein Sieg

Die Verfolger akzeptieren aber dieses Schicksal. "Statistisch gesehen wird es Chancen geben. Es wird Rennen mit mehr als eines dieser zehn Autos geben, das nicht ins Ziel kommt oder Probleme hat", hält Magnussen fest. "Das macht den Wettbewerb in der Konstrukteurs-WM noch härter. Du musst wirklich dieses 'B-Klasse'-Rennen gewinnen, um überhaupt eine Chance zu haben."

"Und es wird Rennen geben, wo es schwierig zu überholen ist, und vielleicht kannst du Glück mit dem Safety Car haben, also ist nicht alles vorbei", hält Magnussen fest. Diesen verschärften Wettbewerb mit null Spielraum für Fehler finden viele Fahrer sogar gut. "Wenn alle Teams punkten, bist du nicht so motiviert", glaubt Yuki Tsunoda.

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Die 'B-Klasse' fährt so ihr eigenes brutales Rennen, denn jeder muss zu 100 Prozent abliefern. Umso größer dann die Freude, urteilt Tsunoda: "Wenn wir mit P9 oder P10 punkten, ist das wie ein Sieg für uns. Ich bin happy damit, wenn wir es beibehalten." Auch Alex Albon, der bereits zweimal mit Platz elf an den Punkten vorbeischrammte - aber beide Male von direkten Konkurrenten geschlagen wurde - stimmt zu: "Ich würde unser System nicht ändern."

Wie sieht die Formel-1-WM 2024 mit anderen Punkte-Systemen aus?

Alternativen gäbe es zuhauf. Punkte für mehr als zehn Fahrer zu vergeben ist in vielen anderen Rennserien Standard. Die MotoGP belohnt die Top-15. In US-Rennserien ist es üblich, noch großzügiger zu sein. Alternativ gibt es natürlich auch alte F1-Systeme - die das genaue Gegenteil sind, mit Punkten für nur acht respektive sechs Fahrern.

AktuellMGP'Indy'2000er1990er1960er
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769262
848241
92722
101620
11518
12416
13314
14212
15110
168
176
184
192
201
Schnellste Runde1
Pole1
Führungsrunde1
Meiste Führungsrunden2

Das IndyCar-System wurde von bis zu 33 auf 20 Starter adaptiert, indem ab Platz vier in Zweierschritten verkleinert wird.

Angewandt auf die Formel 1 ändern Systeme mit mehr Punkten die Kräfteverhältnisse hintenraus teilweise doch auch nach vier Rennen schon nennenswert. Die konstanten Leistungen von Haas und Tsunoda werden stärker belohnt. Mit den noch kleineren Lücken eines US-inspirierten Systems landen die drei sogar vor Lance Stroll.

Umgekehrt würden die alten F1-Systeme das Feld vorne noch stärker ausdünnen. Für Mercedes würde die Luft da schon richtig dünn. Und im Hinterfeld würde gar niemand punkten.